„Seit mehreren Jahren ist er meine Inspiration, weil er ein großer Basketballspieler war – aber auch ein Athlet, der sich jeden Tag verbessern wollte“, schwärmt Aurèle Amenda im Interview mit dem Klubmagazin der Eintracht über sein Idol Kobe Bryant. „Das ist auch meine Mentalität, meine Einstellung. Ich stehe jeden Morgen auf, um besser zu werden. So gehe ich auch ins Training. Ich will jeden Tag mein Bestes geben und mich steigern.“
Wie dem 2020 verstorbenen Basketball-Star ist dem 21-Jährigen die Familie sehr wichtig: „Bei mir ist das genauso. Meine Eltern unterstützen mich jeden Tag, seit ich geboren wurde. Mein Umfeld ist sehr gut, da ich Freunde habe, die meine Mentalität teilen. Meine Familie und meine Brüder sind für mich immer da, das hilft mir sehr für meine Karriere.“ Dem Schweizer geht es nicht nur um die körperliche Stärke, auch mental will sich Amenda stetig weiter verbessern. „Im Fußball muss man auch im Kopf sehr stark sein, weil spielerisch sind alle gut. Situationen zu erkennen ist sehr wichtig und ich denke, da kann ich mich noch verbessern – beispielsweise darin, das Spiel zu lesen“, erklärt der Innenverteidiger. „Bei Young Boys hatte ich einen Mental-Coach. Mit ihm konnte ich mich verbessern, denn ich bin jemand, der viel mit Emotionen spielt. Auch hier in Frankfurt kann ich mit Personen sprechen, die mir weiterhelfen.“ Dafür setzt er auch auf feste Routinen an Spieltagen: „Bei mir bleibt die Musik immer gleich. So wie der Fokus, auch wenn die Stimmung mal unten ist. Denn man muss in jedem Spiel 100 Prozent geben – egal, wer der Gegner ist. Es gibt durchaus Spiele, in denen man aus bestimmten Gründen mehr motiviert ist. Aber am Schluss ist total wichtig, dass man bei jedem Spiel alles gibt. Dann wissen die Mitspieler, dass man sich auf dich verlassen kann, und nur dann hast du eine Chance, Spiele zu gewinnen.“
Power Naps und Spaßvogel
Auch abseits des Platzes verhält sich der Sommerneuzugang der SGE stets professionell und setzt auf eine hohe Schlafqualität. Dabei helfen ihm auch die Begebenheiten im ProfiCamp der SGE, das beispielsweise Betten zur Verfügung stellt. „Ich mache sehr oft Power Naps, das hilft mir sehr. Ich bin jemand, der früh aufsteht und nicht zu spät ins Bett geht. Schlaf ist sehr wichtig, er ist unsere beste Möglichkeit, sich zu erholen und zu regenerieren. Auch im ProfiCamp nutze ich die Räume für einen Power Nap.“ Trotz des Ehrgeizes darf natürlich der Spaß nicht zu kurz kommen: „Neben dem Training und dem Spiel bin ich immer ganz entspannt und einer, der viel lacht – auch mit meinen Mitspielern. Aber wie Kobe sagt: Wenn man auf dem Trainingsplatz oder dem Spielfeld steht, muss man konzentriert und fokussiert sein, um sein Bestes geben zu können.“ Neben Bryant hat Amenda aber auch viele Vorbilder aus dem Fußball. Beispielsweise blickt der 21-Jährige zu Spielern wie Sergio Ramos oder Virgil van Dijk auf. „Von diesen Innenverteidigern kann ich sehr viel lernen. Sie haben alles gewonnen und auch vom Profil her passen sie zu mir. Von Ramos habe ich viele Spiele gesehen, ich verfolge ihn genau. Von den Besten lernen, das trifft hier total zu.“ Vor allem auf sein Zweikampfverhalten legt der Innenverteidiger besonders den Fokus: „Als Verteidiger will ich natürlich meine Zweikämpfe gewinnen. In dieser Position muss man stabil sein, um als Sieger aus einem Zweikampf gehen zu können. Ich will aber auch offensiv der Mannschaft helfen bei Eckbällen oder Standardsituationen, denn auch Tore für Eintracht Frankfurt zu schießen, ist für mich ein Ziel. Grundsätzlich arbeite ich aber natürlich jeden Tag daran, gerade jetzt in der Zeit meiner Verletzung, dass ich körperlich topfit bin und es mit den Stürmern in der Bundesliga und der Europa League aufnehmen kann.“
„Schweizer mit kamerunischen Wurzeln“
Aurèle Amenda stammt aus Biel, der größten zweisprachigen Stadt in der Schweiz. „Zu Hause spreche ich mit meinen Eltern und meinen Freunden Französisch. Ich habe auch viele Freunde, die Schweizerdeutsch sprechen. Schweizerdeutsch habe ich bei Bern gelernt und kann es auch einigermaßen fließend. Meine Eltern kommen aus Kamerun. Diese Wurzeln sind ein wichtiger Teil von mir. Aber ich bin in der Schweiz geboren, habe dort die Schule besucht, mit Fußball angefangen, spiele in der Schweizer Nationalmannschaft. Ich bin also Schweizer mit kamerunischen Wurzeln.“ Auf dem Weg zum Fußballprofi musst er einige Hürden meistern, auch mithilfe seiner Familie: „Früher mussten mich meine Eltern mit dem Auto eine Stunde zum Training und teilweise noch länger zu den Spielen fahren. Meine Eltern schauen so oft es geht die Spiele an – auch hier in Frankfurt. Meine Familie unterstützt mich jeden Tag. Wir haben früher natürlich täglich gekickt. Im Verein habe ich jede Position ausprobiert, manchmal war ich auch Mittelfeldspieler, Stürmer oder Torwart. Als ich 14 oder 15 Jahre alt war, habe ich mich aufgrund meiner Größe in der Innenverteidigung festgespielt.“ Aus seiner Heimatstadt zog es den Innenverteidiger schließlich im Jahr 2014 in die Nachwuchsakademie von Young Boys Bern. „Am Anfang war die Sprache nicht einfach, weil ich nur Französisch konnte. Die Trainer und die generelle Qualität der Arbeit waren sehr gut und ich konnte dort große Fortschritte machen. Dann war ich der Erste aus dem 2003er-Jahrgang, der Profi geworden ist – das macht mich stolz. YB ist ein sehr großer Verein in der Schweiz, bei dem man sich gut entwickeln kann.“ Im Frühjahr 2023 durfte der Schweizer sein Profidebüt feiern. Trainer in Bern war damals Ex-Bundesligaprofi Raphael Wicky, der eine große Rolle in Amendas Entwicklung gespielt hat. „Ich habe sehr viel von ihm gelernt. Wir sind gemeinsam Meister geworden, das war mein erster Titel als Spieler. Er hat mir die Chance gegeben und mich oft spielen lassen, auch in der Champions League. Er ist ein sehr guter Trainer.“ Übrigens musste Amenda auch als Fußballprofi in der Schweiz seinen Militärdienst leisten. Diesen absolvierte er zwischen Oktober 2023 und März 2024. „Sehr wichtig war die Disziplin, die braucht man immer. Im Privatleben und als Profi. Seine Arbeit zu erfüllen ist ebenfalls notwendig. Aber ich mache nicht nur auf dem Platz etwas, sondern versuche zusätzlich jederzeit, mehr als die anderen zu geben.“
Internationale Erfahrung
Fußballerisch hat den 21-Jährigen zudem die „Nati“ der Schweiz geprägt. Seit der U16 hat er alle Jugendmannschaften durchlaufen. Großes Highlight war die U21-EM im Jahr 2023. „Die Qualität war hoch bei dieser Meisterschaft. Wir hatten sehr gute Spieler und eine gute Mannschaft. Es war eine sehr schöne Erfahrung, denn ich war damals erst 19 Jahre alt und damit einer der Jüngsten in der Mannschaft. Ich habe auch gegen Frankreich gespielt, als Niels Nkounkou damals dort war, und habe ihn dort kennengelernt. Im Finale ging es gegen Spanien. Sie haben ein unglaubliches Reservoir an talentierten Spielern, nicht nur in der A-Nationalmannschaft. Auf dem Papier war Spanien klar besser, aber wir hatten eine sehr gute Nationalmannschaft mit Spielern, die heute in den A-Nationalmannschaften und den Top-Klubs in Europa spielen.“ Trotz starker Leistung musste man sich schließlich in der Verlängerung geschlagen geben. „Die Niederlage war natürlich eine Enttäuschung. Ich habe ein gutes Spiel gemacht, wir haben Spanien alles abverlangt. Am Ende hat ein Tor in der 103. Minute zur 1:2-Niederlage geführt. Das war sehr bitter.“ Sowohl bei der Nati als auch schon bei YB durfte Amenda die Mannschaft als Kapitän auf den Platz führen. „Auf meiner Position ist es wichtig, zu sprechen und ein Leader zu sein. Ich mag es, die Verantwortung an mich zu nehmen und meine Mitspieler zu unterstützen. Auch hier habe ich einen großen Schritt gemacht, kann mich aber noch weiter steigern.“ Die Belohnung für den hohen Aufwand erfolgte schließlich im November 2024 als Amenda für die A-Nationalmannschaft sein Debüt feiern durfte. Am Ende sollte es aber trotzdem ein bitterer Abend werden: „Es war ein unfassbares, sehr schönes Gefühl. Ich war damals nach der Nominierung schon sehr zufrieden. Aber als ich wusste, dass ich in der Startelf spielen kann, war ich noch glücklicher. Was mich überrascht hat: Ich war nicht nervös, sondern wirklich ganz entspannt. Ich musste natürlich schon konzentriert sein, mit Spielern wie Granit Xhaka vor mir, der einer der besten Schweizer Spieler ist. Ich denke, es war gut – bis am Schluss die Verletzung kam. Der Trainer hat mir dann aber nach der Verletzung auch nochmal geschrieben, dass ich gut gespielt habe und hoffentlich bald wieder zurückkehren kann.“
Titel mit der SGE? „Das ist möglich“
2024 wagte Amenda schließlich den Schritt ins Ausland und wechselte für ca. 10 Millionen Euro zur Frankfurter Eintracht. Bei seiner Entscheidung haben nicht nur die Gespräche mit den aktuellen Verantwortlichen eine große Rolle gespielt, sondern auch die Erfahrungsberichte ehemaliger schweizer Adlerträger. „Christoph Spycher hat mir empfohlen, hierher zu kommen, weil die Fans die besten in Deutschland sind und ich das erleben müsse. Er hat auch gesagt, dass der Verein für mich passen würde, weil die Eintracht sehr gut mit jungen Spielern arbeitet, der Verein dazu besonders ehrgeizig ist und europäisch spielen möchte und dass ich mich hier prima entwickeln kann. Ich möchte mich selbst verbessern und weiterentwickeln. Ich habe auf Christophs Expertise vertraut, es war die beste Entscheidung für mich! Djibril (Sow) hat mich angerufen und mir nur Positives erzählt. Seitdem haben wir einen guten Draht.“ Auch zu Cheftrainer Dino Toppmöller hat der Verteidiger ein gutes Verhältnis. „Dino ist ein Trainer, der eng mit den Spielern ist. Als ich verletzt war, hat er sehr viel mit mir gesprochen, und das zeigt auch, dass er auf mich zählt. Er ist ein sehr guter Trainer und sein Spirit geht auf die Mannschaft über. Damit hilft er uns, dass wir Spiele gewinnen.“ Aber auch der restliche Staff mache einen starken Job: „Nach jedem Spiel analysiere ich für mich selbst die 90 Minuten, schaue sie mir nochmal an. Vorher kann ich nicht einschlafen. Man kann sich immer verbessern, auch wenn man gut spielt. Bei der Eintracht haben wir einen sehr guten Staff, der uns immer hilft. Bei uns in der Kabine haben wir einen Fernseher, im ProfiCamp ein Kino. Hier zeigt uns der Trainer Videos der Mannschaft, aber auch individuell. Er und sein Team unterstützen uns immer dabei, dass wir uns verbessern. Der Trainer hat ein sehr enges Verhältnis zu den Spielern.“ Die Zeit bei der SGE ist für Amenda bisher leider von Verletzungen geprägt. Zu Beginn der Saison zwang ihn eine Oberschenkelverletzung zum Zuschauen, am Jahresende laborierte er an einem Syndesmosebandanriss. „Früher war ich nie verletzt. Als es dann passiert ist, war ich daher selbst überrascht, bin aber immer positiv geblieben. Denn ich weiß, dass ich künftig der Mannschaft und dem Verein helfen werde. Die Zeit während einer Verletzung ist schon schwierig und gerade am Anfang war es noch schwieriger, weil ich wie die anderen einfach nur Fußball spielen wollte. Ich bin noch jung und weiß, dass meine Zeit bei Eintracht Frankfurt kommen wird.“ In Bern hat der 21-Jährige mit zwei Meisterschaften und einem Pokalsieg bereits Titel in der Vita. In Frankfurt können gerne noch einige folgen: „Meister zu werden oder einen Titel zu holen ist natürlich das beste Gefühl. Die Gewinnermentalität ist sehr wichtig, denn jeder Spieler will mal einen Titel holen und das möchte ich auch hier in Frankfurt erleben. Die vergangenen Jahre der Eintracht haben gezeigt, dass das möglich ist!“ Grundsätzlich ist Aurèle Amenda bei der Eintracht angekommen. Trotzdem gibt es natürlich Dinge aus der Schweiz, die er vermisst. „Flussschwimmen auch ein bisschen“, lacht de 21-Jähirge. „Am meisten vermisse ich meine Eltern, die immer noch dort leben, und natürlich die Freunde aus der Schweiz. Ansonsten nicht viel, weil ich mich in Frankfurt sehr wohl fühle. Ich habe mich hier sehr gut eingelebt, der Verein ist top, die Leute sind sehr offen.“
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