Das Bild in den Fußballstadien der Bundesliga gleicht sich seit fast einem Jahr: Zu Beginn der Corona-Pandemie keine Fans, dann wenigstens ein paar Anhänger, zuletzt aufgrund der stark steigenden Zahlen seit November wieder gar keine Fans mehr. Nicht nur für die Zuschauer selbst ist diese Situation schrecklich, auch die Vereine, die ein großes finanzielles Minus fahren, und die Spieler leiden unter dieser Situation.
Die Akteure, die sich viel durch die Zuschauer pushen, sind hier besonders betroffen. Einer dieser Spieler ist Martin Hinteregger, Innenverteidiger bei der Eintracht. Er selbst gibt im Interview mit der „Frankfurter Rundschau“ zu, dass er die Fans besonders vermisst: „Mich trifft es am härtesten. Nicht umsonst hatte ich die beste Phase meiner Karriere in den letzten beiden Jahren hier bei der Eintracht.“ Er sei ein Spieler, der den Druck brauche und so seine besten Leistungen zeigen könne: „Je mehr Druck, je mehr Verantwortung, desto besser bin ich.“
In den letzten Wochen zeigte der Österreicher immer mal wieder Fehler, die man so nicht von ihm kannte. Vor allem in den ersten Minuten der Spiele scheint der Linksfuß – wie die gesamte Mannschaft der Eintracht – Probleme zu haben in das Spiel zu kommen. Hier sieht er aber nicht die fehlenden Fans als Hauptgrund. „Das ist ein großes Problem, allerdings glaube ich nicht, dass das fehlende Publikum der alleinige Grund dafür ist. Wir kamen oft auch mit Fans schwer in Gang“, so der 28-Jährige. Die Mannschaft sie sich diesem Problem bewusst und habe daher in der vergangenen Woche konkret darüber gesprochen: „Wir werden in der Spielvorbereitung das ein oder andere verändern in der Hoffnung, dass es besser wird.“ Selbstkritisch zeigte sich Hinteregger aber trotzdem: „Ich glaube, ich war in jedem Spiel in den ersten 20 Minuten nicht gut. Danach wurde ich von Minute zu Minute besser, und in der zweiten Halbzeit war ich immer top. Union Berlin letzten Samstag war das beste Beispiel dafür. Ab der 20. Minute war deren Stürmer quasi nicht mehr vorhanden. Aber davor lag es stark an mir, dass er sich in Szene setzen konnte. Aber es betrifft erstaunlicherweise die ganze Mannschaft. Ich hoffe, dass die kleinen Veränderungen, die wir angestoßen haben, helfen.“ Hierbei will die Mannschaft und das Trainerteam rund um Adi Hütter einige Gewohnheiten ändern, wie der Nationalspieler Österreichs verriet: „Es geht um die Spielvorbereitung – darum, wann wir zum Aufwärmen rausgehen. Normalerweise sind wir immer die erste Mannschaft auf dem Platz. Das werden wir jetzt kompakter gestalten und später in die Kabine gehen, um die Spannung höher zu halten. Vielleicht wird es auch andere Gespräche kurz vor dem Anpfiff geben.“
Wann knipst „Hinti“ wieder?
Während Hinteregger in der Defensive oft noch im Laufe eines Spiels zur Normalform findet, ist er offensiv in dieser Spielzeit noch überhaupt kein Faktor – ganz im Gegensatz zur vergangenen Saison, in der er am Ende acht Tore erzielt hatte. Er gab zu, dass er sich zwar Gedanken, aber keine Sorgen deswegen mache. Dass er bisher noch nicht so erfolgreich gewesen sei liege auch an den Gegnern: „Natürlich sind die Gegner jetzt auch sensibilisiert und achten auf mich, meistens steht noch ein zusätzlicher Manndecker bei mir, selbst wenn sie im Raum verteidigen. Aber ich hatte trotzdem meine Möglichkeiten, jetzt geht er halt an die Latte oder drüber.“
Obwohl am Samstagmittag mit Borussia Dortmund ein echtes Topteam auf die SGE wartet, gab sich Hinteregger vor der Partie selbstbewusst – auch, weil er weiß bei welchem Verein spielt: „Dafür steht die Eintracht aber auch. Wir können die Großen schlagen, und gegen die starken Gegner ist es für uns momentan vielleicht sogar einfacher. Wir spielen jetzt gegen Dortmund, Wolfsburg und Gladbach – danach wissen wir, ob diese These stimmt. Wir wollen jetzt die Punkte sammeln, die wir gegen die Gegner liegengelassen haben, denen wir qualitativ überlegen sind.“ Dass man überhaupt in die Rolle kam, dass man gegen einige Mannschaften aus der Liga favorisiert sei, habe sich die Mannschaft und der ganze Verein aber hart erarbeitet: „Es war früher nicht automatisch so, dass die Eintracht gegen Köln oder Bremen Favorit war. Und wenn sich die Gegner freuen, dass sie gegen uns unentschieden spielen und wir darüber traurig sind, dann zeigt das die gute Entwicklung von Eintracht Frankfurt. Aber trotzdem müssen wir solche Spiele gewinnen, wenn wir weiter nach oben kommen wollen.“
Haaland? – „wäre ein geiler Fight geworden!“
Im Spiel muss sich der Österreicher nicht wie zunächst angenommen mit Toptorjäger Erling Haaland messen, der verletzt ausfällt und nicht auflaufen kann, sondern mit einem anderen, wohl schnelleren und wendigeren Spielertyp. „Das ist überhaupt nicht meins (lacht). Die kleinen, quirligen, die Haken schlagen, die mag ich gar nicht. Da muss ich mich jetzt anders darauf einstellen. Gegen Haaland, das wäre ein geiler Fight geworden“, so der Innenverteidiger.
Und während er in diesem Spiel wohl noch als zentraler oder linker Innenverteidiger auflaufen wird, könnte sich dies ab Januar verändern, wenn SGE-Kapitän David Abraham seine Karriere beendet und die Position in der rechten Innenverteidigung frei wird. Grundsätzlich sieht Hinteregger aber kein Problem, wenn er dann hier zum Einsatz kommen wird. „Ist sicher auch denkbar. Ich denke, Evan Ndicka sollte auch seine Spiele bekommen. Er ist jung und wird der Eintracht noch viel Spaß machen. Das wird mal ein ganz Großer. Das steht fest. Auf der rechten Seite haben wir einige Möglichkeiten, ich kann da sicher auch eine Alternative sein.“ Vor allem vom oben genannten Evan N’dicka hält der Österreicher extrem viel. „Mir hat es immer weh getan, wenn ich auf dem Platz stand und habe Evan auf der Bank sitzen sehen. Denn er hat einfach alles“, schwärmt der Linksfuß.
Hub, Hub, Hubschraubereinsatz
Weg vom Fußball – hin zum normalen Leben: Wie bei allen Menschen dieser Erde ist auch beim eisenharten Abwehrmann das Thema Corona in diesem Jahr allgegenwärtig. Dabei trifft ihn die Pandemie in einer Sache besonders hart: „Natürlich nervt es mich, dass ich im Moment nicht mehr in die Heimat fahren kann.“ Diese Trips seien für ihn etwas ganze Besonderes gewesen: „Ein Tag in den Bergen ist für mich wie eine Woche Urlaub, da bekomme ich den Kopf frei für neue Taten. Das geht jetzt nicht. Das ist für mich nicht optimal.“ Ansonsten habe er sich gut an die Situation gewöhnt und glaubt, dass er die freie Zeit „ganz gut nutze“, derzeit vor allem mit einem nicht ganz gewöhnlichen Thema: „Mit dem Hubschrauber beschäftige ich mich sehr, da bin ich gerade dabei, mir ein zweites Standbein aufzubauen. Zurzeit spreche ich viel mit Piloten, bin oft auf dem Flugplatz in Egelsbach, lerne für die Prüfung. Durch die Hubschrauberwelt kann ich der Fußballwelt entfliehen, weil dort Fußball nur wenig interessiert.“
„Ich habe mich nie verbiegen lassen!“
Während das für viele ungewöhnlich erscheint und Hinteregger schon immer als „der etwas andere“ Fußballprofi gilt, lässt er selbst sich hier nicht aus der Ruhe bringen: „Ich habe mich nie verbiegen lassen. Wenn ich aus dem Stadion gehe, bin ich kein Fußballprofi mehr, sondern ganz normal. Ich bin auch zu sehr in diese Ecke reingedrängt worden, da heißt es oft: „Der ist ganz anders als alle anderen.“ So ist das nicht. Aber ich suche meine eigenen Wege, ich habe meine eigenen Gedanken. Ich kann nicht politisch antworten, das hängt mir nach. Und wenn ich jemanden nicht mag, dann zeige ich ihm das auch – das gilt genauso, wenn ich jemanden mag. Ich kann mich nicht verstellen. Das ist auf der einen Seite gut, auf der anderen schlecht.“ Auch im Umgang mit den Fans bleibt er seiner eigenen Art treu, auch wenn es in vielen Medien als etwas Besonderes gilt, wenn er einen Fan mit seinem privaten Auto mit an den Bahnhof nehme: „Für mich ist das ganz normal. Mir kommt es manchmal so vor, als würden viele denken: „Das sind die großen Fußballer, haltet Abstand, habt Ehrfurcht.“ Wenn wir Selfies machen mit Fans, dann können manche kein Foto machen, weil sie so zittern. Das ist eine Entwicklung, die nicht gut ist. Für mich ist es normal, in eine Kneipe zu gehen oder einen Fan mit dem Auto mitzunehmen. Was ist denn schon dabei?“
Ein Kommentar
Naj, in den letzten Wochen ist er wenig überzeugend . Heute würde ich Hasebe für ihn bringen
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