Bald schon Kandidaten für die Premier League? Haris Seferovic (li.) und Carlos Zambrano (re.).
Bald schon Kandidaten für die Premier League? Haris Seferovic (li.) und Carlos Zambrano (re.).

Wie mächtig wird die englische Premier League in den nächsten Jahren tatsächlich noch werden? Der nationale TV-Vertrag, der in den kommenden drei Jahren insgesamt rund 6,9 Milliarden Euro bringt, war anscheinend nur der Anfang. Nach Informationen der Sport Bild ist Boss Richard Scudamore nun dabei, den nächsten Megadeal abzuschließen: Ab 2016 sollen pro Jahr noch weitere 1,5 Milliarden Euro aus dem Ausland auf die Insel fließen. Werden die schlimmsten Ängste der Bundesliga, dass alle Stars bald in der Premier League spielen, doch noch wahr?

Christian Heidel, Manager des 1. FSV Mainz 05, beruhigte noch vor einigen Tagen bei einer Veranstaltung des SPONSORs Verlag, dass man keine Angst vor den Engländern haben müsse: „Ich kann die Panikmache gegen England nicht nachvollziehen.“ Gerade die großen britischen Klubs wie Manchester City, der FC Chelsea und auch Manchester United seien auf die Gelder aus dem TV-Vertrag nicht angewiesen: „Der Scheich, dem Manchester City gehört, lacht sich doch über diese Summen kaputt. Kevin De Bruyne wäre auch ohne den neuen TV-Vertrag zu Manchester City gegangen.“ Das größte Problem bekämen – laut Heidel – vor allem die Mittelklasseklubs, wie etwa Leicester City, Stoke City oder die Queen Parks Rangers. Der Grund: „Die Engländer stecken das meiste in die Gehälter. Und da werden sie ihr blaues Wunder erleben.“

Selbst Reservespieler werden extrem teuer. Niemand außerhalb der Premier League wird sich diese Summen auf Dauer noch leisten können. Die logische Folge: Die Kader werden überfüllt, Akteure unzufrieden – und der Erfolg bleibt aus. Ob Heidel da nicht zu kurz denkt? Was passiert, wenn die englischen Teams im Laufe der nächsten Jahre auch noch ihre Scouting verbessern und doch die Jugendarbeit ausbauen? Kein Verein muss mehr auf das Geld schauen – es ist völlig egal, ob 30 Millionen Euro für einen durchschnittlichen Akteur oder dann eben über 100 Millionen Euro für einen absoluten Topstar aufgebracht werden müssen. In der Bundesliga gibt es viele Spieler, die für die Teams von der Insel in Zukunft noch interessanter werden können. Auch bei der Eintracht könnten schon bald die britischen Scouts anklopfen, wenn Carlos Zambrano seine Form hält oder Haris Seferovic einer starken Saison eine gute EM folgen lässt. Auch ein Torhüter wie Lukas Hradecky könnte bei gleichbleibender Leistung schnell in den Fokus der englischen Vereine rücken.

Ahnte schon im August, dass die Transfersummen hochschießen werden. Heribert Bruchhagen.
Ahnte schon im August, dass die Transfersummen hochschießen werden. Heribert Bruchhagen.

Aber nicht nur die Hessen werden in Zukunft Anrufe aus London, Manchester oder Liverpool erhalten. Selbst der Rekordmeister FC Bayern München muss feststellen, dass Manchester United in Sachen Thomas Müller hartnäckig bleibt und ein klares „Nein“ ignoriert. Auch sie müssen daher ihre Gehälter anheben und sich mächtig strecken, damit die Akteure im Süden der Republik bleiben. Sportmarketingexperte André Bühler prognostizierte bereits im Februar: „Der neue Vertrag bringt aber auch den gesamten europäischen Markt durcheinander. Vereine wie Borussia Dortmund oder andere Bundesligavereine können im europäischen Wettbewerb kaum noch mit den englischen Klubs konkurrieren, wenn es um teure Spieler geht.“ Auch Vorstandschef Heribert Bruchhagen ahnte im August, dass die Preise explodieren werden. Beide haben mit ihren Prognosen ins Schwarze getroffen.

Jürgen Klopp beispielsweise, seit einigen Wochen Trainer beim FC Liverpool, kennt sich in der Bundesliga bestens aus – und wird mit den frischen Millionen sicherlich schon bald versuchen, den ein oder anderen Topstar aus München, Dortmund oder Schalke an die Anfield Road zu locken. Was passiert, wenn weitere deutsche Übungsleiter auf die Insel gehen und die Strukturen weiter verbessert werden? Noch ist nur die Premier League die sogenannte Spielwiese der Scheichs! Aber schon jetzt lässt sich wohl sicher sagen, dass auch in der Bundesrepublik die Diskussionen über „50+1“ wieder losgehen werden. Zwar bedeute der neue TV-Vertrag, den DFL-Chef Christian Seifert für die Saison 2017/18 aushandelt, einen wirtschaftlichen Quantensprung. Wirtschaftsprüfer und Fußballklub-Berater Karsten Hollasch vermutet im Gespräch bei Finance-TV: „Der nächste TV-Vertrag wird der Bundesliga über 1 Milliarde Euro pro Jahr bringen.“ In England wird dieser Betrag allerdings nicht mal ein Zucken bei Richard Scudamore erwecken. Schließlich bekommt sein Produkt ab 2016 3,8 Milliarden Euro pro Jahr – also fast viermal so viel wie die Bundesliga. Es wird viel Kreativität, kaufmännisches Geschick, eine klare Struktur im Scouting und auch eine gewisse Portion Glück benötigen, um sich gegen die Geldflüsse von der Insel wehren zu können.

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