Am Mittwochabend (21 Uhr) wird Atalanta Bergamasca Calcio im Waldstadion zu Gast sein. Das Champions League-Spiel am fünften Spieltag gegen Eintracht Frankfurt dürfte besonders werden. Nicht etwa wegen einer besonderen Rivalität oder Brisanz auf Feld oder Rängen, sondern wegen einer mehr als zwei Jahrzehnte langen Fanfreundschaft der Norditaliener und der Hessen. Dabei wird es sogar das erste Aufeinandertreffen in einem Pflichtspiel sein.
Über rund 25 Jahre erstreckt sich die Freundschaft der Anhänger aus der Mainmetropole und Bergamo nun. Diese dürfte vor allem zwischen den aktiven Fan- und Ultraszenen rund um die „Ultras Frankfurt 1997“ und den Atalanta-Gruppen ausgelebt werden. Der Kontakt kam zur Jahrtausendwende über private Freundschaften zur Ultragruppierung „Verrückte Köpfe“ (Wacker Innsbruck) zustande. Damals schwappte die Ultra-Bewegung langsam, ausgehend von Italien als Vorreiterland für organisierte Fanszenen, über Österreich nach Deutschland. Die Innsbrucker hatten Freundschaften zur ehemaligen Bergamo-Gruppe „Brigate Nerrazzuro“. Durch diese gemeinsame Verbindung lernten die Frankfurter die „Nomadi“ kennen. So hatten die Italien-Freundschaften früh einen Einfluss auf die Frankfurter Fanszene. Immerhin entwickelten sich die Beziehungen nach Bergamo nur wenige Jahre nach Gründung der „UF97“ und dürften so die Fankultur im Waldstadion geprägt haben.
Einflussreiche Atalanta-Ultragruppe löste sich 2021 auf
Die Fanszene der Nerazzurri fußte in vielen Bereichen seit den 1990er-Jahren auf dem ehemaligen Anführer Claudio Galimberti, den die Bergamaschi liebevoll „il Bocia“ (der Junge) nennen. Er vereinte verschiedene Gruppierungen der Kurve Bergamos zur Ultragruppierung „Curva Nord“. Wegen verschiedenster Vergehen darf Galimberti allerdings seit jeher keine Stadien mehr besuchen und lebt seit einiger Zeit zurückgezogen im Exil. Mutmaßlich unter anderem wegen der Abwesenheit des ehemaligen Capos, lösten sich die einflussreichen italienischen Ultras im Jahr 2021 auf (in der Nordkurve gründeten sich neue Gruppen).
Das tat den freundschaftlichen Beziehungen zwischen der deutschen Bankenstadt und der nordöstlich von Mailand gelegenen 120.000-Einwohner-Stadt allerdings keinen Abbruch. Bis heute besuchen sich italienische und deutsche Anhänger, fahren gemeinsam zu Spielen und unterstützen so gegenseitig ihre Teams. Das wird besonders deutlich, wenn Atalanta B.C. gegen deutsche Teams oder die Sportgemeinde gegen italienische Kontrahenten antreten muss. Dann sind in den Auswärtsblöcken regelmäßig Banner der jeweils anderen Fangruppierung zu erkennen.
Frankfurter bewarben Covid-Spendenaktion für Bergamo
Nicht nur im sportlichen Sinne profitierten beide Lager voneinander, sondern helfen sich auch bei sozialen Projekten. So auch, als die Provinz Bergamo im Jahr 2020 besonders heftig vom Covid-Virus gebeutelt war. Die Anhänger aus Rhein-Main solidarisierten sich: An der Alten Brücke in Frankfurt hing ein Banner mit der Botschaft „Bergamo mola mia“ (Bergamo, gib nicht auf), um auf eine gleichnamige Spendenaktion aufmerksam zu machen.
Bisher kam es erst zweimal zum Kräftemessen der Teams. Zum ersten Mal 2016 anlässlich eines Freundschaftsspiels, das 2:2 endete. Das zweite Mal war es so weit, als man anlässlich des 115. Geburtstags des Lombardei-Klubs die Trofeo Bortolotti ausspielte, die die Hessen nach einem Elfmeterschießen gewinnen (5:3) konnten. Die Duelle standen schon damals bei beiden Klubs und deren Fans im Zeichen der Freundschaft und Feierstimmung. Man kann also gespannt auf die Geschehnisse rund um das Match am Mittwoch blicken.



3 Kommentare
Na hoffentlich lesen unsere Ultras (vor allem die Jung-Ultras) auch den Artikel und benehmen sich dementsprechend.
Wobei ich aktuell mehr denn je das Gefühl habe, wir (die Eintracht als Verein und wir normalen Fans) verlieren die Kurve immer mehr.
Mir wurde mal erzählt die Freundschaft sei entstanden als ein paar Frankfurter einem Atalanta Fan in einer "Auseinandersetzung" beistanden. Hat jemand auch so eine Story gehört? Das würde nicht zu dem friedlichen Bild des Artikels passen.
Ich finde Fanfreundschaften zwischen Klubs große Klasse und würde mir wünschen, dass es so etwas viel häufiger gäbe. Schön, wenn es trotz Rivalität so einen Zusammenhalt und friedliches Miteinander geben kann.
"Wegen verschiedenster Vergehen darf Galimberti allerdings seit jeher keine Stadien mehr besuchen und lebt seit einiger Zeit zurückgezogen im Exil."
Hm, ich bin nicht sicher, was ich davon halten soll. Einen Menschen, den man nicht kennt, sollte man nicht leichtfertig beurteilen und offensichtlich hat er ja einiges bewirkt, indem er viele Menschen zusammenbrachte. Allerdings muss man schon auch einiges anstellen, um ein dauerhaftes Stadionverbot zu erhalten. *grübel*
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