Die Damen der Frankfurter Eintracht stehen unmittelbar vor dem Saisonauftakt in der Frauen-Bundesliga. Am heutigen Freitagabend empfängt die SGE die SGS Essen. Cheftrainer Niko Arnautis musste im Sommer einen ziemlich großen Umbruch bewältigen. Zahlreiche Leistungsträgerinnen haben den Verein verlassen, viele gestandene Spielerinnen und Talente sind dazu gekommen. Im Interview mit der „FAZ“ spricht er über die Transferpolitik bei der Eintracht, seine Verbundenheit zur Stadt und die Bedeutung Frankfurter Werte.
„Jede Vorbereitung hat ihre eigenen Herausforderungen. Da denke ich auch an den Herbst 2017 zurück, damals noch beim 1. FFC Frankfurt, etwa an die Zeit, als ich das Team erst am dritten Spieltag übernommen hatte“, erinnert sich Niko Arnautis. „Damals war ich froh, im nächsten Sommer dann auch eine richtige Vorbereitung zu haben, in der wir eine neue Mannschaft geformt und zusammengebracht haben.“ Unter anderem kamen Spielerinnen wie Géraldine Reuteler oder Laura Freigang. „Das war auch eine anspruchsvolle Phase. Wir hatten zuletzt bei der Eintracht über die Jahre viel Kontinuität im Kader, aber trotzdem auch immer wieder vier, fünf, sechs Abgänge pro Saison. Deshalb würde ich nicht sagen, dass diese Vorbereitung die schwerste war. Sie war und ist besonders und macht ehrlicherweise richtig Freude, weil ich sie als intensiv und erfüllend wahrnehme.“ Insgesamt haben zehn Spielerinnen den Verein verlassen, dafür stehen elf neue Adlerträgerinnen im Kader. Für den 45-Jährigen hat der Umbruch verschiedene Gründe: „Irgendwann kommt immer ein Zeitpunkt, an dem in einer Mannschaft an einer größeren Fluktuation kein Weg vorbeiführt. Wir haben in den vergangenen Jahren bereits damit gerechnet, dass es so weit sein könnte. Natürlich spielen in den Einzelfällen dann auch individuelle Motive eine Rolle, aber für uns als Klub war sehr früh klar, dass wir diese Situation im Gesamten annehmen und für uns und unsere Entwicklung nutzen wollen. Wir haben jetzt erneut Spielerinnen gefunden, die gut zu uns passen und mit denen wir eine starke Mannschaft haben werden.“ Die SGE hat dabei auf eine Mischung aus erfahrenen Profis und jungen Talenten, die Potential mitbringen, gesetzt. „Damit schaffen wir ein neues Fundament, ähnlich wie es vor einigen Jahren gelungen ist. Nur steigen wir diesmal auf einem deutlich höheren Niveau ein.“
Frankfurt im Blut
Mit beispielsweise Tanja Pawollek, Sara Doorsoun, Lara Prašnikar und Barbara Dunst haben einige wichtige und langjährige Akteurinnen den Verein verlassen. Trotz des Aderlasses blickt Arnautis mit Selbstvertrauen in die Zukunft. „In erster Linie haben wir auf die sportlichen und menschlichen Qualitäten bei der Kaderzusammenstellung geachtet. Es ging darum, Spielerinnen zu finden, die in jungen Jahren entweder das nötige Können bereits demonstriert haben oder in ihrer Entwicklung schon einen Schritt weiter sind und Qualität und Erfahrung mitbringen, um uns direkt weiterzuhelfen. Die Situation wurde durch die Europameisterschaft erschwert, weil wir nicht sechs Wochen gemeinsam trainieren konnten und die Rückkehr der Nationalspielerinnen aufgrund der Turnierverläufe unterschiedlich stattfand.“ Daher sei es jetzt Aufgabe des gesamten Kaders und Staff die Neuankömmlinge zu integrieren. „Dafür haben wir ein familiäres Umfeld mit einer sehr offenen Grundeinstellung. Deshalb funktioniert das bislang auch so gut – das Team ist motiviert, wir haben ein tolles Klima und spüren Vorfreude auf die Saison.“ Der Fußball-Lehrer ist in Frankfurt geboren und lebt nach wie vor mit seiner Familie in der Region. Die Werte des Vereins liegen ihm im Blut: „Es geht aber eben auch darum, diese Werte den Spielerinnen zu vermitteln, die diesen Klub und diese Region neu erleben. Dazu haben wir in den vergangenen Wochen Gespräche geführt und für uns gemeinsam definiert, was in diesem Verein wichtig ist, aber auch wie wir das konkret füllen wollen. Wir wollen mit allen Fasern Eintracht Frankfurt verkörpern. Das heißt: Es geht um Intensität, eine gewisse Aggressivität und jede Menge Energie. Unser Fußball soll geprägt sein von Zielstrebigkeit und Power. Für unser Auftreten auf und neben dem Platz gibt es klare Vorgaben: Wir halten uns an Absprachen, zeigen Respekt und unsere Zusammenarbeit basiert auf einem Konzept der Offenheit.“
Als Zeichen für seine Verbundenheit mit der SGE hat Arnautis im Juli seinen Vertrag bis 2028 verlängert: „Ich fühle mich hier wohl, die Aufgabe macht mir Spaß und ich habe nach wie vor eine riesige Motivation, mit der Mannschaft erfolgreichen Fußball zu spielen. Wir haben bis heute vieles richtig gemacht. Für mich war es wichtig, zu zeigen, dass ich voll hinter der Vision, die der Klub verfolgt, stehe und dass ich darauf brenne, die kommenden Jahre mitzugestalten. Es war für mich auch ein Zeichen an die Spielerinnen, die so gespürt haben, dass wir mit einer längerfristigen Perspektive an die Themen herangehen.“ Kontinuität ist für ihn ein wichtiges Stichwort: „Auch wenn es das Beispiel eines Spielers ist, ist es doch sehr eindrucksvoll für mich: Charly Körbel hat 602 Bundesligaspiele für die Eintracht gemacht und damit mehr als jeder andere gezeigt, dass gerade gegenseitige Wertschätzung Erfolge möglich macht. Es gibt im Fußball keine Patentrezepte: Es kommt in jedem Einzelfall auf die Chemie an, die Motivation und die Weiterentwicklung aller Beteiligten. In den zurückliegenden Jahren hatten wir kaum eine Saison, in der wir nicht vorangekommen sind. Das sollte eigentlich für sich sprechen. Das heißt aber keinesfalls, dass ich mich nicht auch selbst hinterfrage und mich stetig weiterentwickeln will.“
„Transfers sind immer ein Gemeinschaftsprojekt“
Katharina Kiel, Sportdirektorin der Frauen, hat von der Mannschaft die nötige neue Siegermentalität gefordert. „Das lernt man nicht über Nacht“, erklärt der 45-Jährige. „Es gibt keinen Zaubertrick oder eine Art Gewürz-Streuer, mit dem man die notwendigen Grundlagen über dem Team austeilen könnte, aber wir können Wahrscheinlichkeiten erhöhen, indem wir auch Spielerinnen geholt haben, die wissen, wie man Spiele und Titel gewinnt und das auch auf das Team übertragen können.“ Die Transfers bei der SGE seien immer ein Gemeinschaftsprojekt aus Kiel, Krösche, Scoutingabteilung und Trainerteam „Jede Person bewertet eine Spielerin anders, aber verschiedene Meinungen sind wichtig, um ein umfassendes Bild zu bekommen. Am Ende sitzen Katharina und ich zusammen, bewerten die individuelle Leistung, sortieren nach Prioritäten, und klären dann, wie die Umsetzung aussehen kann. Dabei spielen auch Budgetfragen eine große Rolle. Bei uns hat es noch nie eine Entscheidung gegeben, die wir nicht einhellig gemeinsam getroffen haben.“ Das größte Pfund des Vereins sei das familiäre Umfeld, in dem Spielerinnen in Ruhe ihre Entwicklung nehmen können. Aber auch die sportliche Situation bei der Eintracht ist verlockend: „Ob eine erfahrenere Doorsoun oder die seinerzeit wesentlich jüngeren Géraldine Reuteler und Laura Freigang, um nur ein paar Beispiele zu nennen – alle, die zu uns kamen, sind als Fußballspielerinnen besser geworden und als Persönlichkeiten gewachsen. Das wird überall mit großer Wertschätzung verfolgt. Dazu kommen eine attraktive Spielweise und die regelmäßige Teilnahme an europäischen Wettbewerben.“ Königstransfer in diesem Sommer ist wohl die australische Nationalspielerin Hayley Raso, die von den Tottenham Hotspur an den Main wechselte. „Bei uns wird sich nie alles um eine einzelne Spielerin drehen. Das wird auch den anderen Neuzugängen in dem konkreten Fall nicht gerecht. Aber Hayley bringt zweifelsfrei Qualitäten mit, die uns sofort weiterhelfen können und die wir so bislang auch nicht im Team hatten. Sie ist eine Spielerin, die in den vergangenen Jahren Topniveau in Europa verkörpert hat und auch in Australien ein echter Star ist. Aber auch sie wird von uns die nötige Zeit bekommen, um hier anzukommen, sich zu adaptieren und in ihre Bestform zu kommen.“
Nach außen hin wirkt der Deutsch-Grieche stets wie ein sehr diplomatischer Trainer, der sich meist schützend vor seine Mannschaft stellt. Intern sieht das hingegen auch mal anders aus.„Wenn die Mannschaft es braucht, werde ich auch emotional – sei es bei Ansprachen oder wenn es sonst irgendwie nötig ist, einen Weckruf zu setzen. Aber mein Job ist nicht, ständig laut zu sein, sondern zu spüren, was die Mannschaft in welchem Moment braucht: Manchmal ist es Ruhe, manchmal ein energischer Impuls. Wichtig ist, dass die Spielerinnen spüren, dass ich an sie glaube und sie unterstütze. Ich habe mit der Zeit gelernt, die Emotionen passend zu dosieren.“ Niko Arnautis hat mit seiner Mannschaft und in den kommenden Monaten und Jahren noch einiges vor. Der erste Schritt soll beim heutigen Saisonauftakt getan werden:„Ich will immer das Maximale erreichen. Wir stehen mitten in einer Phase des Aufbruchs und müssen schauen, was wir noch machen müssen. Aber das Ziel ist klar: Wir wollen erfolgreich sein und attraktiven Fußball zeigen. Wir waren schon oft oben nah dran. Ich bin überzeugt, dass wir bis 2028 etwas Außergewöhnliches schaffen werden. Dafür werde ich alles geben.“






Ein Kommentar
Keine Ahnung wer da nicht dem Mumm hatte nachzufragen, aber die Aussage:
"Das war auch eine anspruchsvolle Phase. Wir hatten zuletzt bei der Eintracht über die Jahre viel Kontinuität im Kader, aber trotzdem auch immer wieder vier, fünf, sechs Abgänge pro Saison. "
Aber jetzt nachdem Frau Kiel und die Vereinsführung der SGE beschlossen haben, der Frauenfußball in Frankfurt muss sich decken, warum lässt man eine Spielerin wie Reuteler jetzt ins letzte Vertragsjahr gehen, warum? Warum hat man 8 Leistungsträgerinnen gehen lassen und das zum Teil wegen weniger Tauschend Euro im Monat, wo sie selbst bei Möchtegernspitzenteam aus Hoffenheim, Freiburg oder Leverkusen ungefragt das 3-fache-Monatsgehalt gezahlt bekommen. Wer von uns würde sich nicht die Frage stellen, wie er in bestenfalls 10 Jahren seinen Lebensunterhalt verdienen wird...
Das ist doch Phrasendrescherei, lebt ihr unseren Traum noch?
Kiel, Arnautis &Co.
#Deutschermeisterwirdnurdiesge
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