rotschwarz gestreift kolumne henni nachtsheimAls ich am Samstagabend, ein paar Stunden nach dem letzten Spiel gegen Leverkusen mit meinem Kumpel Volker zusammen saß, stand vor uns auf dem Tisch ein geripptes Glas mit dem Eintracht-Wappen drauf und mit Äppler drin. Für ein paar Minuten starrten wir es beide einfach nur an. Dann fragte mich Volker: „Und? Ist das jetzt halbvoll oder halbleer?“

„Eher halbvoll“, antwortete ich. Er grinste: „Hab ich mir gedacht, dass Du das sagst!“

Um das hier mal gleich klarzustellen: bei aller Verbundenheit zu Eintracht Frankfurt ist es bei weitem nicht so, dass ich hier kiffermäßig immer alles super finde.

Klar hab ich Spiele wie die in Freiburg, Hannover, Stuttgart, Köln oder Mainz auch gesehen, und man muss kein ausgebildeter Experte sein, um festzustellen, dass sich die Eintracht diese Saison auswärts mehr denn je als gutherziger Samariter präsentiert hat, der den Gegnern vollkommen unnachvollziehbar großzügigste Gastgeschenke gemacht hat.

Und klar weiß ich auch, dass aufgrund dieser Spiele die Teilnahme an der Europa-League liegen gelassen worden ist. Da ich die Vorsaison mit Bordeaux usw. noch genau so im Kopf habe wie alle anderen Eintracht-Fans auch, haben mich diese Spiele, gekoppelt mit der vergebenen Chance auf Europa, genervt wie die Sau!

Ich weiß allerdings auch noch, wie verunsichert ich vor der Saison war, als klar wurde, dass Jung, Rode, Schwegler und Joselu gehen, weil sie finanziell nicht zu halten waren, und dass ich gebibbert habe, ob Bruno Hübner überhaupt annähernd adäquaten Ersatz für sie finden kann. Gerade nach der WM, wo der Markt so überhitzt war, dass der Wert eines Spielers schon um mehrfache Millionen gestiegen war, wenn er sich in Brasilien auf der Ersatzbank auch nur mal am Arsch gekratzt hat.

Das war eine denkbar ungünstige Zeit für einen Wandel, und ich habe nicht wenige Freunde um mich rum gehabt, die den Abstieg schon fast zwangsläufig haben kommen sehen.

Dann hat Hübner aber mit den Mitteln, die ihm zur Verfügung standen, die Lücken zumindest so stopfen können, dass der neue Trainer Spieler bekommen hat, mit denen er vernünftig arbeiten konnte. Und so zumindest eine Mannschaft gestrickt hat, die zu keiner Phase der Saison da stand, wo viele von uns sie pessimistischer Weise vorher haben stehen sehen.

Dass das am Ende noch nicht für eine faustdicke Überraschung gereicht hat, ist aufgrund der Möglichkeiten schade, aber in meinen Augen auch nicht wirklich dramatisch. Es gibt Schlangen, bei denen dauert der Häutungs-Prozesse besonders lange bis man sie in ihrer wahren Pracht sehen kann, und mein Fußball-Bauchgefühl sagt mir, dass das in unserem Fall auch zutreffen wird. Ich glaube, wir werden nach der Sommerpause eine bessere Saison erleben als diese, und ich traue den Beteiligten tatsächlich zu, aus gemachten Fehlern zu lernen.

Wie kommunikativ Schaaf gegenüber der Mannschaft ist, weiß ich zugegebenermaßen nicht, ich fahre nicht zum Stadion raus, um beim Training zuzuschauen und ich kenne auch die Spieler nicht persönlich. Aber die auf ihn veranstaltete Medienhetze mancher Frankfurter Sportjournalisten empfand ich als komplett unangemessen. Ich habe lange überlegt, ob ich dieses Forum hier erneut nutzen soll, um meinem Unmut darüber ordentlich Luft zu machen…hab aber beschlossen, das zu lassen. Ich möchte lediglich anmerken, dass ich es gut und vor allem hilfreich fände, wenn alle Beteiligten jetzt einfach mal die Reset-Taste drücken und ihren Umgang zumindest mal überdenken würden. Oder um es anders auszudrücken: wenn ein paar Herren der schreibenden Zunft ihren inneren journalistischen Pitbull gegen einen Jack Russel austauschen würden. Wachsam und unbestechlich aber nicht verletzend, das wäre zumindest mal ein Ansatz. (Sollten sich Pitbull-Besitzer an dieser Stelle auf den Schlips getreten fühlen, sollen sie einfach eine andere Rasse ihrer Wahl einsetzen!)

Ich glaube jedenfalls fest, dass ein stabileres und faireres Gesamtklima dem ganzen Verein mehr helfen wird, als diese ständig propagierte Lust an der Unzufriedenheit!

Und wenn gar nichts läuft, können ja alle immer noch ihre Waffen aus der Vorsaison aus dem Schrank holen.

Gut, das wäre also mein Senf zum Saisonabschluss.

Wobei ich das Wichtigste nicht vergessen möchte:

Lieber Alex Meier, solltest Du das hier lesen…

HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH ZUR TORJÄGER-KANONE!

Das in dieser Saison zu schaffen war ehrlich außergewöhnlich!

Und denjenigen, die finden, dass „Fußball-Gott“ übertriebener Personenkult ist, sei gesagt:

Ja, aber wenn`s nun mal stimmt kann man da nix machen!


“rotschwarz gestreift”, das ist die Kolumne von Henni Nachtsheim bei SGE4EVER.de. Geschrieben im typischen Stil eines Blogs: Locker, flockig, unverblümt, frei raus und ehrlich. Henni ist zudem seit einigen Wochen für hr-online aktiv, für die er wöchentlich in „Hennis Eintracht EKG“ aktuell die Eintracht analysiert und Fragen der Fans beantwortet. Vor dem letzten Saisonspiel gab es untenstehende 6. Folge. Stellt daher eure Fragen an Henni einfach unter diesen Artikel als Kommentar und vielleicht folgt seine Antwort schon im nächsten EKG… 🙂

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