Rasmus Kristensen ist einer der Gesichter der vergangenen erfolgreichen Bundesliga-Saison. Er ist sowohl auf als auch neben dem Platz ein absoluter Leader, der mit seiner Erfahrung die Fans elektrisiert, die jungen Mitspieler pusht und in jedem Spiel sein letztes Hemd für die Mannschaft auf dem Platz lässt. Eine Eigenschaft, die er bereits im Kindesalter beigebracht bekam. Seine Eltern und allgemein seine Familie haben ihm dabei entscheidend geprägt. „Ich habe damals von Anfang an gelernt, immer 100 Prozent zu geben: in der Schule, beim Fußball und zeitweise auch beim Handball. Ich wurde zu harter Arbeit und Bescheidenheit erzogen“, erzählte Kristensen im Interview mit der Sportzeitschrift „Kicker“. Dabei waren seine Eltern selber keine Sportler. „Aber mein Onkel und auch mein Cousin Leon Jessen waren Profifußballer. Wir sprachen in der Familie immer viel über Fußball. Ich war der größte Fan meines Cousins, wollte auch so ein Leben haben. Als er beim FC Midtjylland spielte, sah ich jedes Spiel. Später wechselte er nach Kaiserslautern und Ingolstadt.“ Die Wahl fiel aber letztendlich auf den Fußball. „In Dänemark ist es normal, dass man im Sommer Fußball spielt und im Winter Handball. Im Fußball war ich aber einen Tick besser. In Dänemark beginnt das leistungsbezogene Training im Fußball eher als im Handball. Deshalb kamen auch die Angebote aus dem Fußball früher. Ich trainierte so viel, dass ich nicht mehr Handball spielen konnte. Mit zwölf Jahren wechselte ich zum FC Midtjylland, spielte zunächst bei einem Kooperationsverein, mit 15 Jahren unterschrieb ich meinen ersten Vertrag“, erklärte der Däne.
Fußballprofi „mein größter Traum“
Fußballprofi zu werden, war das einzige Ziel und gleichzeitig „mein größter Traum“. Zur Erfüllung dieses Traums musste Kristensen neben dem Fußball trotzdem die Schule besuchen. „Ich musste auch bis zum 18. Lebensjahr in die Schule. Wenn man beim FC Midtjylland spielen will, muss man auch in die Schule gehen. Das ist die Regel. Manchmal war das schon etwas stressig. An drei Tagen in der Woche gab es zwei Trainingseinheiten. Ich habe morgens trainiert, blieb dann etwas länger in der Schule als die anderen Kinder und ging nach der Schule zum zweiten Training. Wir wohnten alle zusammen in der Akademie, direkt bei den Trainingsplätzen. Das war schon überragend“, erinnert sich der 28-Jährige. Die Position des Rechtverteidigers, die der Profi heute mit Bravour bekleidet, war nicht unbedingt seine Wunschposition. „Ich habe in der Akademie überall gespielt, außer im Tor. Ich fühlte mich auf allen Positionen wohl, am wenigsten damals noch als rechter Außenverteidiger. Das machte mir nicht so viel Spaß wie im Mittelfeld oder noch weiter vorne. Aber so ist das Leben manchmal. In der ersten Mannschaft von Midtjylland bekam ich dann meine Chance als Rechtsverteidiger.“ Und wie es dazu kam? „Das war Zufall“, sagt Kristensen. „Im März 2016 spielten wir an einem Montagabend in Nordsjaelland. Da der Stamm-Rechtsverteidiger und auch einige andere Spieler verletzt waren, saß ich auf der Bank. Nach einer halben Stunde flog unser Rechtsverteidiger mit Rot vom Platz, ich kam rein. Das war mein Profi-Debüt. Durch die Sperre blieb ich im Team und habe es ordentlich gemacht. Als ich im nächsten Spiel zu Hause gegen Hobro von Anfang an auflief, war das ein ganz besonderes Spiel. Meine ganze Familie und meine Freunde waren da.“
Erste Auslandsstation
2018 folgte mit Ajax Amsterdam der erste Wechsel ins Ausland. Ein Schritt, den Kristensen alles andere als bereut. „Das war eine der besten Entscheidungen in meiner Karriere. Ich habe dort alles Wichtige noch mal intensiver gelernt: technische Dinge, den ersten Ballkontakt, die Orientierung, das Positionsspiel“, betont der dänische Nationalspieler und rekapituliert die Zeit im Venedig des Nordens. „Natürlich war ich nicht immer zufrieden, aber eigentlich habe ich in dieser damals herausragenden Mannschaft viele Spiele gemacht. Unser Trainer Erik ten Hag war überragend, aber auch die Mannschaft. 2019 schieden wir im Champions-League-Halbfinale gegen Tottenham erst in letzter Sekunde aus. Aber wir haben den nationalen Pokal und die Meisterschaft gewonnen. Beim Feiern waren 250.000 Menschen auf den Straßen. Das war eine geile Zeit, die ich nie vergessen werde. Ich bin stolz, dass ich dort gespielt habe. Fans, Stimmung, Geschichte: Ajax ist ein toller Verein.“
„The Special One“ ruft an
2019 zog Kristensen weiter und schloss sich RB Salzburg an. Ausschlaggebend war vor allem die Teilnahme an der Königsklasse. „Mein Spielstil passte auch etwas besser zu Salzburg, mit dem hohen Pressing und der Power. Außerdem spielte auch Salzburg in der Champions League. Ich wusste also, dass ich mindestens sechs Spiele in der Gruppenphase bekomme.“ Drei Jahre später setzte Kristensen seine Europa-Reise fort, der damalige Premier League-Club, Leeds United, freute sich über die Dienste des Leaders. Den Abstieg konnte Kristensen aber nicht verhindern, und so ging es weiter nach Italien zur AS Rom, der damalige Trainer war kein Geringerer als „The Special One“, Jose Mourinho. „Als Jose Mourinho, der zu dieser Zeit die Roma trainierte, bei mir anrief, musste ich nicht lange überlegen“, nannte er den Hauptgrund für den Wechsel in die Ewige Stadt. „Ich habe von ihm gelernt, wie man Spiele gewinnt, kontrolliert und fokussiert bleibt. Er hat diese Aura, diesen Respekt, weil er einer der besten Trainer in der Geschichte des Fußballs ist. Ich schätze Mourinho wirklich sehr und habe viel von ihm gelernt.“
Endstation Frankfurt: „Mein neues Zuhause“
Die Reise endete letztlich vorerst bei der Frankfurter Eintracht, bei der sich Kristensen pudelwohl fühlt. „Im Fußball muss man immer bereit für Veränderungen sein. Doch jetzt habe ich das Gefühl, dass ich in Frankfurt mein neues Zuhause gefunden habe. Ich bin froh, viel gesehen und erlebt zu haben. Noch mehr freue ich mich aber, dass ich hier meine Basis gefunden habe.“ Dabei ist der Defensivmann gar nicht so lange in der Mainmetropole – ein Jahr, um genau zu sein. Doch der Rechtsaußen weiß jetzt schon, was er an der SGE hat. „Ich habe hier nur gute Menschen kennengelernt, die mir von Anfang an geholfen haben. Als meine Frau im letzten Sommer schwanger war und mein Sohn etwas früher als geplant zur Welt kam, musste ich so schnell wie möglich aus unserem Trainingslager in den USA zurückfliegen. Die Mitarbeiter ließen alles stehen und liegen, um mir dabei zu helfen, so schnell wie möglich von New York nach Hause zu kommen. So konnte ich bei der Geburt dabei sein. Das werde ich nie vergessen. Die Menschen hier sind einfach überragend.“ Nach vielen Stationen scheint Kristensen mit dem Champions League-Teilnehmer genau den richtigen Verein gefunden zu haben. Mit dem Schwärmen hört der Defensivakteur nicht auf. Bei der Frage nach der schönsten Zeit als Profi gibt es für Kristensen nur eine einzige Antwort. „In meinem ersten Jahr als Profi und in der vergangenen Saison bei der Eintracht. Nicht nur als Fußballer, auch als Mensch hatte ich hier das bisher beste Jahr meines Lebens. Ich bin zum ersten Mal Vater geworden, habe mich verlobt und meinen Platz in diesem wunderschönen Verein gefunden. Nach der Leihe wollte ich unbedingt hierbleiben, auch das klappte. Ich habe meiner Meinung nach gut gespielt, als Dritter qualifizieren wir uns erstmals über die Liga für die Champions League, und auch in der Nationalmannschaft wurde ich als Startelf-Spieler eingesetzt. Sportlich war das mein bislang stärkstes Jahr.“
Schlaflose Nächte nach EL-Aus
Kristensen geht als sogenannter „Aggressive Leader“ mit gutem Beispiel voran und ist der Lautsprecher in der Mannschaft. Dabei scheut er sich auch nicht davor, resolut in Zweikämpfe zu gehen. Kristensen erklärt: „Ich weiß nicht warum, aber ich war schon immer so. Diese Emotionen, dieser Wille, die Lust aufs Gewinnen – das steckt einfach in meiner Natur.“ Und wie emotional Kristensen wirklich sein kann, zeigt sich in Niederlagen, die besonders wehtun wie das Ausscheiden gegen Tottenham im Europa League-Viertelfinale. „Ich habe danach drei, vier Tage nicht geschlafen. Jedes Mal, wenn ich die Augen schloss, sah ich diese zwei Szenen, in denen ich das Tor machen kann. Ich hatte wirklich das Gefühl, dass es meine Schuld war, dass wir nicht weitergekommen sind. Wir hätten das Erreichen der nächsten Runde verdient gehabt, und die Chancen dazu hatten wir.“ Kristensen wäre aber nicht Kristensen, wenn er diese negative Energie nicht ins Positive umwandelt: „Deshalb war ich nach dem Ausscheiden noch mal extra motiviert, die Champions League zu erreichen. Zum Glück konnte ich in den letzten drei Spielen etwas zurückgeben.“ Der Routinier ist nicht nur hinten ein sicherer Rückhalt, sondern setzt auch des Öfteren in der Offensive seine Akzente. In den letzten drei Ligapartien gelang dem bulligen Mentalitätsmonster jeweils ein Tor, darunter der Treffer gegen den SC Freiburg zum zwischenzeitlichen 2:1, der von besonderer Wichtigkeit war. „Vielleicht war das eine Phase, in der alles reinging. Das kennen doch viele Fußballer: Manchmal funktioniert praktisch alles, manchmal nichts. Aber es war schon brutal, dass ich in den letzten drei Spielen – jedes war wie ein Finale – getroffen habe. Dass der Schuss in Freiburg genau reinpasste, war vielleicht der schönste Moment in meiner Karriere. Diese Euphorie war sensationell“, so Kristensen. In einer Saison bei RB Salzburg habe der Däne sogar zehn Treffer erzielt. Neben seinen Offensivqualitäten fällt besonders auf, dass der Rechtsverteidiger kaum bis gar nicht verletzt ist. „Ich versuche täglich, alles zu optimieren. Neben den vielen Experten hier im Klub habe ich auch noch ein eigenes Team aus meiner Heimat mit Fitnesstrainer und einem Physiotherapeuten. Ich brauche viel Kraft in jedem Spiel, sonst bin ich kein besonderer Spieler, der den Unterschied machen kann. Deshalb ist es meine wichtigste Aufgabe, dass mein Körper bereit ist. Das habe ich in den letzten zwei, drei Jahren verstanden. Deswegen arbeite ich viel im Kraftraum. Es hat mir aber auch geholfen, dass ich jetzt ein Kind habe“, erläutert er.
„Will mit Eintracht Titel gewinnen“
Für Kristensen dreht sich nicht alles um den Fußball. Abseits des Platzes steht seine Familie an erster Stelle. „Wenn ich nach Hause komme, denke ich nicht so viel an Fußball. Das ist eine mentale Pause, die regenerativ wirkt. Ich komme komplett raus aus der Fußball-Welt. Fußball ist meinem Sohn egal, er will einfach nur mit mir spielen. In dem Moment schalte auch ich ab. Diese Mischung ist das Beste, was mir passieren konnte. Bei der Arbeit bin ich zu 120 Prozent auf Fußball fokussiert, doch zu Hause bin ich einfach ein Familienmensch.“ Aber nochmal zurück zum Sportlichen: Kristensen verfolgt bei der Eintracht klare Ziele. „Mit Eintracht Frankfurt eine Trophäe zu gewinnen“, betont der 28-Jährige. Für dieses Ziel sieht er die Mannschaft gut aufgestellt. „Wir haben eine junge Mannschaft mit sehr viel Qualität. Die Mischung aus Erfahrung und Jugend ist gut. Mit Jonny Burkardt haben wir einen super Transfer gemacht. Wir haben viele Qualitätsspieler.“ Ein erneutes Abschneiden unter der Top 4 hält Kristensen auch in der kommenden Saison für möglich. „Wenn wir unsere Qualitäten zeigen, alles abrufen und gleichzeitig die Konkurrenz schwächelt, haben wir eine Chance. Das wird sehr schwierig, wir müssen in erster Linie unsere beste Leistung bringen.“ Wie die Zukunft nach seiner Profikarriere aussehen könnte, möchte Kristensen nicht final festlegen. „Ich weiß noch nicht, was ich später mal machen werde, aber Trainer will ich nach jetzigem Stand auf gar keinen Fall werden. Das ist nichts für mich. Ich möchte dann nicht mehr so viel reisen und am Wochenende für meine Familie frei haben.“
12 Kommentare
Geiler Typ, unser Wikinger!
@1
Ich ergänze: UNFASSBAR geiler Typ! Nicht nur auf, sondern auch neben dem Platz. Den müssen wir unbedingt dauerhaft bei uns behalten. Ein Typ von unschätzbarem Wert. Mehr ist dazu nicht zu sagen! 😀
Mentalitätsmonster! Wahnsinnig gut das wir Ihn haben! Und mit Theate das Gleiche auf links. Ein Traum !
Bitte korrigieren:
"Den Abstieg konnte Kristensen aber nicht weiterhin, und so ging es weiter nach Italien zur AS Rom, der damalige Trainer war kein Geringerer als „The Special One“, Jose Mourinho. "
Sollte wohl "nicht VERHINDERN" heissen !?
Hallo Barth,
danke für den Hinweis. Ist korrigiert :)
Ich denke, den Kommentaren hier muss man nichts mehr hinzufügen. Rasmus ist ein richtig geiler Typ! Wir können wirklich froh uns stolz sein, ihn bei uns zu haben!
Ein Mega Junge, ein toller Mensch mit Super Charakter. Ein Leader wie auch Theate und Koch, die wir gebraucht haben. Sehr wichtige Zahnräder in der Mannschaft. Das sind für mich die Top Einkäufe schlechthin!
War mir gar nicht mehr bewusst, welche hochwertigen Stationen er vorher schon durch hatte. Richtig cooler Typ. Voll fokussiert, so kennen wir ihn. Einstellung erinnert mich an Hasebe, weil er sich zusätzlich zum Training noch eigene Gedanken macht, wie er darüber hinaus noch mehr beitragen kann.
Für mich gehört Rasmus schon ein Weilchen zu den All Time Kult-Adlern.
Wenn ich nicht irre, ist ein Zugang für die Defensive nunmehr vollständig vom Tisch.
Auréle ist nahezu wieder in Bestform - und irgendwie sieht einiges danach aus, als könnte der demnächst durch die Decke gehen.
Allenfalls ein sehr attraktives Angebot würde Tuta wohl nochmal zum Nachdenken bewegen. Ansonsten dürfte er vermutlich auf nen ablösefreien Wechsel aus sein. Sehe ich nicht so dramatisch. Bleibt er, betrachte ich diese Abwehrriege, trotz der Jungbuben, einstweilen als die vielleicht stärkste und schnellste(!) der Eintracht seit... ja, seit wann eigentlich?
Hinsichtlich der Abwehr hat MK sein Versprechen, mehr Kontinuität zu wagen voll eingelöst.
Sooo wichtig für das Absolvieren mindestens der CL-Vorrunde.
Straßburg hat sich gerade den Stürmer Panichelli für EUR 16,5 Mio. gekauft.
Bedeutet für mich: die werden jemanden verkaufen...
Emanuel Emegha, 22, NL, 27 Spiele, 14 Tore, MW 24 Mio.
Wäre unser Profil
der Torjubel nach dem 2:1 gegen Freiburg wurde in einem epischen Bild festgehalten.
Hier sieht man alles, was man über ihn wissen muss, ohne ein Wort zu sagen.
https://www.sge4ever.de/rasmus-kristensen-ich-wollte-mit-dem-fussball-aufhoeren/
Ich möchte Rasmus nach jedem Satz umarmen. Das ist so ein geiler Typ.
Diese Demut von einem, der immer alles gibt, sollten sich einige mal zu Herzen nehmen:
„Wenn wir unsere Qualitäten zeigen, alles abrufen und gleichzeitig die Konkurrenz schwächelt, haben wir eine Chance. Das wird sehr schwierig, wir müssen in erster Linie unsere beste Leistung bringen.“
Kristensen sagt, wie auch alle Verantwortlichen des Vereins, dass die Top-4 nur erreicht werden können, wenn sie selbst glänzen und die Konkurrenz schwächelt. Alles über Platz 6 ist bereits eine super Saison und Platz 6 wäre bereits sehr solide. Conference League wäre auch nicht schlimm, weil davon auszugehen ist, dass man weit kommt. Manche tun ja schon so, als müsste man jetzt den Bayern Konkurrenz machen...
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