Axel Hellmann blickt zuversichtlich nach vorne.
Axel Hellmann blickt zuversichtlich nach vorne.

Es ist zuletzt etwas ruhiger geworden rund um Axel Hellmann. Das Vorstandsmitglied konnte sich etwas zurücknehmen, weil es sportlich bei Eintracht Frankfurt aktuell gut läuft und Fredi Bobic für die sportlichen Belange zuständig ist. „Es ist sehr angenehm“, gibt Hellmann im Gespräch mit der „Frankfurter Rundschau“ zu, nachdem die Spielzeit 2015/16 so turbulent verlief. Der 45-Jährige beschreibt den Ablauf der vergangenen Saison rückblickend als „Extremsituation.“ Alles konzentrierte sich auf einen Namen – Armin Veh: „Aus der Trainerfrage ist ja quasi ein Glaubenskonflikt gemacht worden.“ Rotwein-Fraktion, Seilschaften, kein Leistungsprinzip – die Themen, um die es ging, hatten selten einen taktischen oder sportlichen Hintergrund. Hellmann gibt zu: „Die Trainerfrage war eine Frontlinie, die den Verein und seine Anhänger zeitweise gespalten hat.“

Damit allerdings genug der Rückschau. Der Blick bei Eintracht Frankfurt richtet sich klar nach vorne. Eine prekäre Lage wie letztes Jahr, als etwa Bayer-Sportdirektor Rudi Völler nach der 0:3-Niederlage am 30. Spieltag einen „wehmütigen Rest-in-Peace-Blick“ in Richtung Verantwortliche richtete, soll es so schnell nicht mehr geben. Dennoch gibt Hellmann zu bedenken, dass erst ein Drittel der Saison absolviert wurde und noch viel passieren kann. Allerdings weht seit diesem Sommer ein frischer Wind durch die zuvor so mächtig angestaubten Räume der Hessen. Bobic und Trainer Niko Kovac legten intern und auch öffentlich den Finger die Wunde und krempelten, so weit es die finanziellen Möglichkeiten zuließen, den Verein um. Hellmann zeigt sich erfreut darüber, dass die neue sportliche Führung die Chance genutzt hat, „völlig unbelastet die Frage zu stellen, wo die Schwächen im System lagen und liegen.“

Erstmals herrscht wieder das Gefühl vor, dass die Eintracht im sportlichen Bereich ein einhelliges Bild „in Bezug auf Einsatzbereitschaft und Willen, welche Grundlagen man legen muss, um Erfolg zu haben“ abgibt. Der Jurist musste lernen, „was eine gute, engagierte Arbeit ist, nämlich: nie zufrieden zu sein.“ Mit Kovac haben die Frankfurter inzwischen einen Trainer, der diese Tugenden tagtäglich vorlebt und von seinen Spielern ein ähnliches Verhalten abverlangt. Der Kroate schaut auf dem Trainingsplatz genau hin und blickt auch über den Tellerrand hinaus. Es war ein kleines Beben, als der Coach in der Pressekonferenz vor dem Spiel beim Hamburger SV lospolterte und die infrastrukturellen Bedingungen am Waldstadion bemängelte. „Wir platzen aus allen Nähten“ war der wohl prägnanteste Satz bei dieser Abrechnung.

Hellmann erklärt, wie wichtig ein Neubau der Geschäftsstelle am Tennisplatz neben dem Stadion wäre: „Hier ist der Ort, an dem sich der gesamte Profifußball in den kommenden 50 Jahren bei der Eintracht abspielen wird. Als Spielstätte, als Trainingszentrum für die Profis, vielleicht auch für bestimmte Jugendmannschaft und für die Geschäftsstelle.“ Im Kampf um neue Spieler sei es wichtig, neben den Aspekten Tradition, Perspektive und Fans auch eine gute Infrastruktur zu bieten. Hellmann rechnet hierbei mit einem Kostenvolumen von 25 bis 30 Millionen Euro – immerhin plant die Eintracht in Zukunft mit rund 100 Mitarbeiten im sportlichen und 200 Mitarbeitern im administrativen Bereich. Für diese Größenordnung an Angestellten, so viel ist sicher, gibt es derzeit keinen Platz in den Räumen des Waldstadions. Er zeigt sich erleichtert darüber, dass sich die Jahre der wirtschaftlichen Vernunft auszahlen und als schuldenfreier Klub jetzt in die Zukunft investiert werden könnte: „Wir sind gesund, weshalb wir Fremdkapital in Höhe von 25 Millionen Euro schultern können.“

Es sind nicht die einzigen Veränderungen, die auf der Tagesordnung stehen. Ein Ausbau des Stadions auf 60.000 Plätze wird weiterhin angedacht. Vor allem die Bereiche Business-Seats und der Stehplatzbereich könnten deutlich vergrößert werden. „Wir sind ein Volksverein. Fußball muss für alle da sein, es muss die Möglichkeit geben, für Schüler, Studenten, Rentner und auch sozial Schwächere Fußball live zu erleben. Dieses Angebot müssen wir bei Eintracht Frankfurt immer aufrechterhalten und wollen es gerne noch ausbauen“, erklärt Hellmann seine Intention. Er will damit eine noch tiefere Verankerung in der Region vorantreiben, die Eintracht müsse als „Volksverein“ immer der Klub Nummer eins in der gesamten Region bleiben: „Die Menschen in der Region sollen stolz auf ihre Eintracht bleiben.“

Könnten sie das weiterhin bleiben, wenn die 50+1-Regel gekippt und somit ein Investor kommen würde? Das Vorstandsmitglied warnt davor, in einem potenten Geldgeber das Allheilmittel zu sehen und sich in eine Abhängigkeit zu begeben. Es könnten gar Modelle entwickelt werden, in denen Einzelpersonen ganze Vereine in den Abgrund reißen, weil sie Einfluss auf das operative Geschäft nehmen. Die Eintracht selbst hat in diesem Bereich bereits schlechte Erfahrung sammeln dürfen, als im Mai 2000 der angloamerikanische Investor „Octagon“ 49 Prozent des Vereins für rund 50 Millionen Euro aufkaufte und in einer „Hau-Ruck-Aktion“ lieber gestern als heute Titel nach Frankfurt geholt hätte – „dabei wussten die gar nicht, wie Fußball bis in die letzten Enden des Nachwuchsfußballs und der Fankultur funktioniert. Wir haben bei Eintracht Frankfurt zehn, zwölf Jahre gebraucht, um die Folgen dieser Paralleluniversen in der Eintracht-Welt zu überwinden.“

Die Frankfurter wollen sich lieber mit einem klaren Konzept nach oben kämpfen und die Theorie von Ex-Boss Heribert Bruchhagen, dass die Tabelle der Liga zementiert sei, widerlegen: „Das System ist auch durchlässig. Es gibt immer Wege nach oben.“ Dafür darf sich der Verein jedoch nicht mehr in die Abhängigkeit einzelner Spieler begeben und die Zeitpunkte, jemanden zu verkaufen, verpassen. Die Verantwortlichen müssen dafür einen klaren Plan entwickeln und eine Antwort parat haben, was passiert, wenn etwa ein fünfzehn-Millionen-Euro-Angebot für Lukas Hradecky einflattert. „Da brauchst du sofort ein, zwei Ideen, was danach kommen kann. Denn Eintracht Frankfurt ist kein Klub, der eine fünfzehn-Millionen-Offerte einfach ablehnen kann. Hierüber haben wir im Vorstand absolute Einigkeit.“

Es ist bis 2020 die einzige realistische Möglichkeit, um kurzfristig an „frisches Geld“ zu kommen. Der Stadion- und Betreibervertrag schränkt den Klub bis dahin weiter ein, dazu sind die Wachstumsmöglichkeiten im werblichen Bereich fast ausgeschöpft. Immerhin gäbe es noch die Möglichkeit mit einer starken Saison in der TV-Geld-Tabelle aufzusteigen und somit von dem ab kommender Saison geltenden Vertrag zu partizipieren. Hellmann wird deshalb mit dem „Team Marktwert“ einen erneuten Vorstoß wagen, um die Position der Traditionsverein über Aspekte, die den rein sportlichen Bereich angehen, zu stärken: „Das Spiel Darmstadt gegen Leipzig haben sich 5.000 Menschen angeschaut, Mainz gegen Ingolstadt 10.000. Wenn wir gegen Köln am Samstagabend spielen, wollen das 800.000 oder mehr sehen.“ Er fordert deshalb: „Wenn also Pay-TV der große wirtschaftliche Treiber der Bundesliga ist, muss es am Ende bei den Vereinen einen stärkeren Rückfluss geben, die mit ihren Fanmassen das Pay-TV-System speisen und den Marktwert der Liga nach oben schrauben.“

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9 Kommentare

  1. Erstens: Klasse Artikel (wie immer)
    Zweitens: 60.000 Plätze im Waldstadion…. das klingt doch mal geil !!!!
    Drittens: Die arme Tennis Abteilung die hier von der Fussball Abteilung einfach verdrängt wird… aber die Fussball Abteilung ist eben die größte und es wäre echt klasse wenn alles auf einem Gelände sein könnte.
    Viertens: Ich freu mich schon auf Samstag Abend! Traditions Fussball Spiel bei (endlich wieder) ausverkauften Haus und das noch bei Flutlicht wie geil ist das denn!!! Hoffentlich merken dann auch die letzten beim DFB was ein unterschied das ist wenn solche Vereine gegeneinander spielen und das Stadion voll ist im Vergleich zum Ingolstadt „Geisterspiel“ oder dem Spiel gegen Bayern wo selbst die Auswärtsfans lange keine Stimmung gemacht haben!

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  2. Bis auf die steile These, das Thema A. Veh habe selten einen taktischen oder sportlichen Hintergrund gehabt, kann ich mich endlich mal mit Hellmannschen Aussagen anfreunden. Der frische Wind im Verein hat also auch ihn erreicht. Weiter so!

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  3. Vernünftige Sichtweise des Herrn Hellmann, durchaus mit Weitblick.
    Ein Wegfall der 50+1 Regelung würde zwar mehr Geld in die Liga pumpen, aber davon könnten theoretisch alle Clubs profitieren. Also, ähnlicher Wettbewerb mit ausuferndem Finanzvolumen.
    Gut, dass Herr Hellmann nochmals auf den damaligen strategischen Partner Octagon (ab 2000) hingewiesen hat.
    Die Millionen versanken im Nichts, der erkaufte sportliche Erfolg fand nicht statt und die Folgewirkungen des Deals gingen an die Wurzeln der Eintracht.
    Auch der Satz „das System ist durchlässig“ ist doch eine bessere Botschaft, als dieses oft gebrauchte
    ( wohl auch mitunter eigenen Stillstand entschuldigende) und (ab)benutzte „die Liga ist zementiert“.
    Wie hätte es dann z.B. BMG aus der Position eines Abstiegskandidaten in die Spitze der Liga bringen können?
    Auf die weitere Entwicklung unserer Eintracht dürfen wir durchaus mit einem kleinen Schuss Optimismus gespannt sein.

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  4. Ja, kann und soll auch so weitergehen. Finde es wirklich gut was mit der Mannschaft und um den Verein passiert und alles weiter entwickelt werden soll. Aber trotzdem sollte die Frage erlaubt sein, warum diese öffentlichen Gedanken nicht schon vor 2 Jahren mal geäußert worden sind…aber blicken wir weiter zuversichtlich und hoffnungsvoll in die Zukunft.
    Und eines noch zu den Zitat: „Wir sind ein Volksverein. Fußball muss für alle da sein, es muss die Möglichkeit geben, für Schüler, Studenten, Rentner und auch sozial Schwächere Fußball live zu erleben.“
    Genau diese Personen sollten auch die Möglichkeit haben, sich jedes Jahr ein Trikot kaufen zu können. Da gibt es auch viele, die sich 85€ nicht leisten können…nur mal so nebenbei…

    Freue mich auf morgen, wenn die Hütte wieder brennt und es eine geile Stimmung geben wird und wir den nächsten 3’er holen 🙂

    FORZA SGE…DIE SGE IST WEIDER DAAA…

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  5. @SGEbub89: Wenn mich meine Erinnerung nicht trübt, haben die FCB Fans die ersten 60-65 Minuten die Füße stillgehalten um Anteil an der DFB-Strafe gegen die SGE zu nehmen, die haben danach erst losgelegt *hustqualmrauchkörper*

    Zum Artikel: Das klingt doch mal zumindest nach einem brauchbaren, auf mittel- und langfristig abzielenden Erfolg angelegtem Konzept. Jetzt muss es nur konsequent umgesetzt werden, bei allen Hürden die da noch kommen werden.

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  6. @Flihnt ja genau die Bayern Fans haben 65Min extra keine Stimmung gemacht, fand ich auch ne gute Aktion. Aber jedenfalls hatten wir die letzten 3 Heimspiele keine 100% Atmosphäre bzw die letzten beiden sogar nur 20% atmosphäre wenn überhaupt.

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  7. Durch den Neubau am Stadion bringen wir uns natürlich wieder in eine schlechtere Verhandlungsposition. Wir müssen mit dem Stadion einen langfristigen Vertrag unterschreiben +25 Jahre, um Sicherheit für den Bau zu haben, ansonsten bauen wir eben selbst?! Ich verstehe es bis heute nicht, warum die Eintracht zwei Gelände hat – Stadion und Riederwald – würde eins von beiden platt machen und verkaufen. Ich bin mir sicher, dass der Wert vom Riederwald nicht gerade wenig ist – Bornheim könnte man dort schön verlängern.

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  8. Zu @8 King
    Sehe ich genauso.

    Jetzt sollten auch den Worten Taten folgen.
    Was macht eigentlich die Verlängerung des Kovac Vertrages lieber Vorstand / Aufsichtsrat?

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