FPS-Premiumpartner Paul zusammen mit Sohn Justin vor dem Frankfurter Haus in Neu-Isenburg.
FPS-Premiumpartner Paul zusammen mit Sohn Justin vor dem Frankfurter Haus in Neu-Isenburg.

Zum Start ins neue Jahr haben wir mit unserem FPS-Premiumpartner und großem Eintracht-Fan Paul Taaffe einen kleinen Rückblick auf die vergangenen 12 Eintracht-Monate gemacht und wagen gleichzeitig einen Ausblick auf 2016.

SGE4EVER.de: Wer oder was war in der Hinrunde für dich die größte Enttäuschung oder gar größten Enttäuschungen bei der Eintracht?
Paul: Hauptsächlich die Mannschaft und wie sie teilweise aufgetreten ist. Die kämpferische Leistung hat häufig gefehlt. Dazu kommt noch, dass das System Veh nicht immer funktioniert. In dem System zeigen wir immer wieder, dass wir den schnellen Fußball nicht so spielen, wie man es tun könnte oder gar müsste. Außerdem spielen wir viele unnötige Fehlpässe, was zu oft zu Kontertoren führt. Ich begreife nicht, dass wir solche individuellen Fehler, wie letztens bei Medojevic oder Hasebe, nicht abstellen können. Und dann kommt bei Hasebe erschwerend hinzu, dass er viel beim Schiedsrichter meckert. Da muss ein Trainer sagen, dass man so etwas besser lassen sollte.

Was Veh angeht, war ich am Anfang der Saison aufgeschlossen. Ich habe nicht gleich gesagt „Um Gottes Willen!“. Denn wir waren mit ihm sehr erfolgreich. Aber ich zweifele an seiner taktischen Agilität. Ein kurzer Vergleich zu Thomas Schaaf: Schaaf war immer mit vollem Einsatz dabei. Es ist klar, dass Veh und Schaaf unterschiedliche Typen sind. Aber ich habe immer den Eindruck, dass Schaaf ständig am Schauen war, was er während eines Spieles verändern muss oder kann. Ich fand. Er war viel engagierter dabei. Das fehlt mir bei Veh und stört mich. Er sitzt auf der Bank und wirkt lethargisch. Diese Körpersprache und Ausstrahlung kann nicht gut sein für seine Spieler. Er muss auch in der Lage sein, einem Spieler ein paar unschöne Worte zu sagen. Aber er lässt das Spiel einfach laufen. Beim Spiel gegen Darmstadt ist er nur die letzten zehn Minuten aufgestanden und hat so getan, als ob die Welt gleich untergeht. Da frage ich mich, warum er da nicht vorher reagiert. Ich habe im Vorfeld gesagt, ich beurteile Veh nach seinen Ergebnissen und muss nun leider sagen, dass mein Resümee leider negativ ausfällt. Ich glaube auch, dass wir viel zu viel Durchschnitt in der Mannschaft haben. Die Geschwindigkeit in der Liga ist noch schneller geworden. Der Weg zum Tor ist deutlich kürzer geworden in diesem Jahr. Und wir waren ohnehin schon langsam. Und jetzt sind wir, verglichen mit anderen Mannschaften, viel zu langsam.
Eine weitere Enttäuschung ist für mich definitiv auch Stefan Reinartz. Ich dachte, das wäre ein Leader, den wir eigentlich unbedingt gebraucht hätten. Wir haben seit Ewigkeiten keine Typen mehr, wie es Alex Schur, Manni Binz, Charly Körbel oder auch Primin Schwegler waren. Man hat die Wichtigkeit des Duos Schwegler und Rode bei der Eintracht unterschätzt. Mit dem Weggang der beiden hat man sich ein Eigentor geschossen. Diesen Schuh muss sich der Vorstand anziehen. Dass Rode ohne Ablöse ging, ist ein Unding
.“

Was waren trotz der vielen negativen Dinge die Lichtblicke der Vorrunde?
Bei aller Kritik: Lukas Hradecky ist für mich im Tor eine absolute Erfrischung. Der ist top. Ich finde ihn besser als Kevin Trapp. Seine Reflexe sind genauso gut. Er geht raus, wie ein Eishockey-Torwart. Das kann er wirklich brillant. Seine Abstöße kommen viel besser an, als bei Trapp. Ich bin froh, dass wir ihn haben. Er ist auch ein lustiger Typ und ein potentieller Kandidat für das Amt des Kapitäns.
Der zweite Lichtblick ist für mich Marc Stendera. Seitdem er keine Pizza mehr isst, kann er auch zwei Halbzeiten laufen. Er ist ein klasse Spieler, der im gesamten Kader die beste Entwicklung gemacht macht.
Für mich ist auch Haris Seferovic ein Gewinner. Die Art und Weise, wie er einen Ball annimmt und abschirmt und wie er mit Außen- und Innenrist schießen kann, ist stark. Da steckt noch eine Menge Potential in dem Typ. Seferovic ist ein top Junge, der sich mit Frankfurt identifiziert. Ich würde ihn gerne noch länger bei uns spielen sehen.
Last but not least sehe ich hier noch David Abraham in der Innenverteidigung, den man durchaus auch als Lichtblick bezeichnen kann. Er hat gegen Bremen sein bis dato bestes Saisonspiel abgeliefert. Er ist technisch weitaus besser als Zambrano. Allerdings steht er ab und an zu weit vom Gegner weg, was Zambrano nicht tut. Aber ich könnte damit leben, wenn man Zambrano für gutes Geld abgibt, denn ich kann mir in der Innenverteidigung Abraham als Leader vorstellen, neben Marco Russ – der immer alles gibt, aber leider technisch begrenzt und sehr langsam geworden ist. Aber man kann auch Reinartz als Innenverteidiger mal ausprobieren.

Was war für dich das Spiel der Hinrunde bei der Eintracht?
Das liegt, glaube ich, auf der Hand: Wir waren alle erstaunt, dass wir Köln mit 6:2 auseinander nehmen. Ich glaube, es hat uns in dem Moment gar nicht interessiert, wie schlecht die Kölner drauf waren an diesem Tag. Das war zweifellos das Highlight des Jahres. Das hat einfach Spaß gemacht. Die Art und Weise, wie dort mit schnellen Pässen agiert wurde, war schon toll.

Auf der anderen Seite gab es in der Hinserie ein paar krachende Niederlagen. Welche hat dich besonders enttäuscht?
Mein schlimmsten Erlebnis in der Saison war die 0:1-Niederlage im Pokal in Aue. Im Pokal kann man gutes Geld verdienen, es sind fast 5.000 Fans mit nach Aue gefahren und die Leistung war eine Schande! Das war ganz, ganz schlecht. Da sind wir wieder beim Teamcharakter. Man hat erst in der zweiten Halbzeit angefangen, zu rennen. Das verstehe ich nicht. Und es war wieder der Jüngste, Marc Stendera, der mit dem Rennen angefangen hat. Er war der einzige an diesem Abend in der Mannschaft, der gekämpft hat. Wir lieben ja alle die Diva vom Main. Aber das darf nicht sein, dass die nicht kämpfen. Wenn man an die Zeiten zurückdenkt, wo Friedhelm Funkel noch Trainer war, gab es nicht ein Spiel, nachdem ich gesagt habe, die Jungs haben nicht richtig gekämpft. Und das ist etwas, was ich Armin Veh auch anlaste. Dass er nicht in der Lage ist, die Spieler zumindest vom Einsatz her optimal einzusetzen.

Dann verlassen wir doch damit das Jahr 2015 und wagen schon einmal einen Blick in die Zukunft. Schauen wir doch mal nach Hannover. Was sagst du dazu, dass Hannover Thomas Schaaf als Trainer geholt hat und was hast du zu seinen Eintrachtzeiten von ihm gehalten?
Das ist gut für Hannover, aber schlecht für Frankfurt. Ich finde, Schaaf hat immer alles gegeben. Wir haben viele Tore geschossen unter ihm, aber leider auch viele kassiert. Ich kenne die Einzelheiten bei seiner Entlassung aber nicht so genau. Es gab sicherlich eine Rebellion bei den Spielern gegen ihn und dadurch wurde Schaaf dann aussortiert. Wie viel Schuld er daran hat, weiß ich nicht. Es war aber definitiv nicht die feine Art, wie er abserviert wurde. Da sind aber einfach Dinge passiert, durch die er resigniert hat. Das war unschön. Zumal war sich der Vorstand wohl nicht einig. Bruchhagen wollte ihn behalten, Steubing angeblich nicht. Er war mir vom Einsatz her und mit der Identifikation mit seiner Aufgabe sympathisch. Hannover wird mit Shcaaf als Trainer ein deutlicher schwierigerer Gegner als das noch in der Hinrunde unter Michael Frontzeck war.

"In cervisia veritas." Paul, Justin und SGE4EVER.de-Redakteur Christopher beim lockeren Plausch vor dem letzten Heimspiel der Saison im Frankfurter Haus.
„In cervisia veritas.“ Paul, Justin und SGE4EVER.de-Redakteur Christopher beim lockeren Plausch vor dem letzten Heimspiel der Saison im Frankfurter Haus.

Es sind ja viele Teams mittlerweile mitten im Abstiegskampf. Was denkst du, welche drei Mannschaften werden die Plätz 16 bis 18 am Ende der Saison belegen?
Es ist verdammt schwierig, sich da festzulegen. Man hat Darmstadt, die sich jetzt schwer tun dafür aber bedingungslos kämpfen. Ich wünsche Darmstadt nicht den Abstieg. Ich schätze die Arbeit von Dirk Schuster dort sehr. Bremen wird es auch schwer haben. Mannschaften wie Hoffenheim und Stuttgart konnten sich in den letzten Spielen ein bisschen stabilisieren und wichtigen Boden gutmachen. Augsburg hat ebenfalls einen Aufwärtstrend in den letzten Wochen gehabt. Vielleicht könnte Ingolstadt noch ein Kandidat sein. Hannover wird es schwer haben, da sie eine Mannschaft haben, die spielerisch nicht stark ist. Sicherlich hängen wir da auch mit drin. Aber da bin ich zu subjektiv, um uns da jetzt schon als Absteiger zu klassifizieren. Wenn ich mich festlegen müsste, belegen Darmstadt, Bremen und Hannover die letzten drei Plätze an Saisonende.

Aber deine subjektive Meinung zur Eintracht interessiert uns dennoch. Wo landet die Eintracht nach dem 34. Spieltag?
Da muss ich ein wenig ausholen. Wir wollen uns jetzt in der Winterpause gezielt verstärken. Das mit Marco Fabián kann gut funktionieren, ist gleichzeitig aber auch ein hohes Risiko. Dann habe ich die Aussage von Bruno Hübner gelesen, dass Chandler jetzt die Nummer eins auf der rechten Verteidigungsseite. Wenn dies so sein sollte, dann muss ich meine Aussage von eben korrigieren. Dann sind wir nämlich doch ein Abstiegskandidat. Denn Chandler ist für mich besonders in der Defensive nicht bundesligatauglich. Da stimmen 99,9 Prozent meiner Eintrachtfan-Kollegen zu. Wenn Hübner meint, dass wir mit ihm in der Liga bleiben, dann sehe ich schwarz. Ich sehe unsere Schwäche nicht in der Innenverteidigung. Unser Problem ist im Mittelfeld. Das Umschaltspiel funktioniert viel zu selten. Der einzige, der das kann, ist Marc Stendera. Der Reinartz bekommt das gar nicht mehr hin, obwohl er das in den ersten Spielen gut gemacht hat. Ich bete, dass wir nicht auf einem Abstiegsplatz landen. Mehr kann ich nicht sagen. Das wäre der fünfte Abstieg für die Eintracht und ein noch bitterer als 2011.

Zum Abschluss würde uns doch noch interessieren: Was war dein besonderes Erlebnis in 2015 – ganz unabhängig von irgendwelchen Ergebnissen?
Ich fand es wahnsinnig emotional und muss zugeben, dass ich geweint habe, wie ein kleines Kind, als Alex Meier die Torschützenkanone überreicht bekommen hat. Das war für mich vergleichbar mit den Gefühlen, die ich nach den Spielen damals gegen Kaiserslautern oder Reutlingen hatte. Das war sein Lohn für jahrelange gute Arbeit. Dieser Moment im Stadion war zweifelsfrei mein Highlight in 2015.

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2 Kommentare

  1. Wow, interessantes Interview und tolle Analyse der ich komplett zustimme. Ein echter Fußballfachmann!

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  2. @Martj2k: In der Tat – es macht viel Spaß mit Paul über die Eintracht und die Bundesliga zu fachsimpeln :-). Ich kann mich nur immer wieder stark dafür machen, sich für den FPS-Fantalk zu bewerben und mitzudiskutieren.

    LG
    Chris

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