SteubingDer neu konstituierte Aufsichtsrat der Eintracht Ffankfurt Fußball AG hat sich am Montag einen neuen Vorsitzenden gegeben: Wolfgang Steubing. Überraschend kam diese Wahl nicht. Nach dem mehr oder weniger freiwilligen Rückzug von Wilhelm Bender als Chef des Kontrollgremiums war sehr schnell klar, dass kein anderer als der 65-jährige gebürtige Frankfurter für diese Position infrage kommen würde. Wer ist dieser Finanz- und Aktienexperte, der sich in Frankfurt und bei der SGE seit Jahren einen Namen als Mäzen und Förderer gemacht hat und der auf der Pressekonferenz nach seiner Wahl mit den Worten „Nochmal Euro League zu spielen. Das ist ein Wunschtraum von mir“ jedem Eintracht-Fan aus der Seele sprach?

Die Leistungen von Sponsoren manifestieren sich in der Regel in der Namensgebung für öffentlich zugängliche Räume – sei es die Wolfgang-Steubing-Halle am Riederberg oder der Wolfgang-Steubing-Saal im Senckenberg-Museum. Wer bei dem Mäzen ein übersteigertes Geltungsbedürfnis eines Menschen vermuten sollte, der zu viel Geld hat, erntet von Weggefährten augenblicklich Widerspruch: „Wolfgang ist viel mehr als ein bedeutender Spender. Er setzt genauso Herz und Verstand in seine vielen Aufgaben für die Gesellschaft ein, bringt eigene Ideen ein. Und zwar am liebsten im Stillen. Denn eigentlich ist er in seinem Naturell ein scheuer, fast zurückhaltender Mensch.“ So äußerte sich der frühere Frankfurter Bürgermeister Achim Vandreike, der bis heute ebenfalls dem Aufsichtsrat angehörte, gegenüber „frankfurt-live“.

steubingSeltsamerweise ist über die Person Steubing gar nicht so viel bekannt. Er engagiert sich stark für die von ihm unterstützten Projekten, mit Informationen über seine Person geht der großzügige Förderer hingegen äußerst sparsam um. Ein Eintrag bei Wikipedia? Ein Portrait auf der Homepage der Steubing AG? Zweimal Fehlanzeige! Mühsam muss man sich Einzelheiten seiner Biografie zusammensuchen: Geboren wurde Wolfgang Steubing am 24. Oktober 1949 in Bockenheim als Sohn eines Dorfpolizisten, er wuchs in Praunheim auf und absolvierte eine Lehre bei der Commerzbank. In der Börsen-Abteilung übernahm er schnell Verantwortung und machte Karriere. 1987 wagte er den Sprung in die Selbstständigkeit und gründete die „Wolfgang Steubing GmbH Börsenmakler GmbH“, die 1999 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde. Heute beschäftigt sie rund 65 Mitarbeiter und gehört zu den finanzstärksten Wertpapierhandelsbanken in Deutschland. Bereits im Jahre 2008 zog sich der Gründer in den Aufsichtsrat seines Unternehmens zurück.

In einem Interview für „frankfurt-live“, das Steubing mit Horst Reber führte, wird deutlich, dass er sich nicht nur den Entwicklungen auf dem Wertpapiermarkt verpflichtet fühlt: „Hinter den Fenstern dieser Häuserschluchten in Praunheim, Preungesheim, Bockenheim oder Bornheim denken Mütter und Väter jeden Tag nicht gerade an steigende oder fallende Börsenkurse. Dort zählt eigentlich nur der Arbeitsplatz und der nächste Tag. Oder die Antwort wie es weiter geht bei steigenden Strompreisen und Nebenhaltungskosten. Das ist mehrheitlich für die Mehrzahl der Bürger das reale Leben. Und das habe ich noch nie vergessen oder anders gesehen.“ Diese soziale Verantwortung nimmt Steubing eher zurückhaltend und aus dem Hintergrund agierend wahr. Es ist bekannt, dass er sich für das Naturkundemuseum, die Bayreuther Festspiele und die Frankfurt School of Finance & Management sowie für zahlreiche soziale Projekte engagierte.

Neben französischem Rotwein und gutem Essen gehört seine Leidenschaft dem Fußball. Die FR berichtet in ihrer heutigen Ausgabe, wie der kleine Wolfgang im Alter von fünf oder sechs Jahren mit seinem Papa nach dessen Dienst im Frankfurter Hof einkehrte, einem Gasthof, der von den Eltern von Alfred Pfaff betrieben wurde. Pfaff, in den 1950er-Jahren die prägende Spielerpersönlichkeit bei Eintracht Frankfurt, nahm den jungen Wolfgang gerne einmal mit zum Training an den Riederwald und fuhr den jungen Fan danach wieder nach Hause. „Heute würde man das wohl Vip-Shuttle nennen,“ sagt Steubing lachend. „Mein Weg zur Eintracht war also schnell vorgezeichnet.“ Bereits von 1990 bis 1992 gehörte er dem Verwaltungsrat der Eintracht an, die ihn im Jahre 2012 erneut in dieses Gremium berief. Im Jahre 2012 zog Steubing in den Aufsichtsrat der Fußball AG ein und besetzte die frei gewordene Stelle von Axel Hellmann, der in den Vorstand gewechselt war. Die Steubing AG ist mit 3,6 % an der Eintracht Fußball AG beteiligt.

06.12.2010, Mitgliederversammlung Eintracht Frankfurt e.V.Nicht unerwähnt bleiben soll, dass Steubing von 1984 bis 1994 als Vorsitzender die SG Rot-Weiß Frankfurt zur Hessenmeisterschaft und fast in die 2. Bundesliga geführt hätte. Mittlerweile konzentriert sich der „Börsenguru“ aber auf seinen Lieblingsverein, die Eintracht, der er in der Vergangenheit immer mal wieder aus finanzieller Not helfen musste. „Ich bin der Eintracht seit 55 Jahren zugehörig und habe viele Höhen und Tiefen mitgemacht,“ sagte Steubing im „hr-heimspiel“. Seine Leidenschaft für die SGE und die Nachwuchsförderung kam insbesondere bei seiner großzügigen Unterstützung des Eintracht-Leistungszentrums zum Ausdruck. Die Drei-Feld-Sporthalle als Trainings- und Wettkampfstätte  mehrerer Ballsportarten trägt nicht ohne Grund den Namen ihres Förderers.

Wolfgang Steubing kann als Vorsitzender des Aufsichtsrates eine besondere Trumpfkarte ausspielen: Er hat die Unterstützung aller wesentlichen Akteure, die der Aktionäre, der Banken und des Vereins. Er hat großartige Verbindungen zur Geschäftswelt und pflegt freundschaftliche Beziehungen zu Persönlichkeiten wie Peter Fischer und Armin Veh. Die FR bezeichnet ihn als Integrationsfigur und als „Brückenbauer“, die FAZ als den Kandidaten, „mit dem alle können“  und als „Stimme der Vernunft und des Ausgleichs“.

Manch ein Beobachter und Medienvertreter rechnet damit, dass nach der Neubesetzung des Aufsichtsrates die bisherige konservative Ausgabenpolitik der Eintracht der Vergangenheit angehören wird. Wer allerdings glaubt, dass unter Steubing das finanzpolitische Chaos früherer Zeiten wieder Einzug hält, dürfte sich täuschen. „Das ist mit mir nicht zu machen, das wird es nicht geben. Ich will nachts weiterhin gut schlafen können,“ wird er in der FR zitiert. Trotzdem möchte der neue Aufsichtsrat andere Wege beschreiten und sich für neue Finanzierungsmodelle öffnen – erinnert sei an die viel diskutierte Genussscheinvariante.

Zunächst einmal gilt es den durch ungeschickte Informations- und Kommunikationspolitik entstandenen Imageschaden zu beheben. Der Aufsichtsrat und einzelne seiner Mitglieder mussten zuletzt viel Kritik einstecken und stehen bei Fans und Öffentlichkeit unter Beobachtung. Neben der Suche nach einem Nachfolger für den Vorstandsvorsitzenden Heribert Bruchhagen und der Erschließung neuer Finanzierungsquellen wird dies die Hauptaufgabe für den neuen Aufsichtsrat sein. Wolfgang Steubing gibt dabei das Leitmotiv vor: „Ich möchte Kontinuität und Solidität mit einem anderen Denken.“

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6 Kommentare

  1. Ich bin jetzt kein ausgesprochener Fachmann in Sachen Genussscheinen, aber ich glaube nicht, dass das was gibt, da man ja die Eintracht nicht zum Spekulantenspielball werden lassen will. M. E. muss man gestatten, dass jeder diese Scheine erwerben kann und diese börsentäglich wieder verkauft werden können. Das nur die „Freunde der Eintracht“ kaufen können halte ich für unrealistisch. Und das mit der Steuerfreiheit? Hmmmh in Deutschland never ever. Aber vielleicht fragt man einfach mal beim FC in Köln nach die haben ja genügend Erfahrung mit Genusscheinen. Allerdings geben die wahnsinnige Zinsen (4 %???), also total am Markt vorbei. Aber wie gesagt ich habe kaum Ahnung davon und bin mal gespannt was da nächstes Jahr passiert, aber große Hoffnung verknüpfe ich nicht damit.

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  2. Wünsche Herrn Steubing und dem gesamten Eintracht-Aufsichtsrat ein glückliches Eintracht-Händchen.

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  3. Lt. Bild Aussage von Steubing zu Schaaf:
    Für den alten, Thomas Schaaf, findet er nach dessen freiwilligem Rücktritt, kritische Worte: „Es ist nicht angenehm, wenn ein Trainer sagt, er will nicht mehr. Aber Schaaf hat erklärt, es gibt unüberbrückbare Differenzen mit der Mannschaft. Das war eine sehr unschöne Situation für den Verein.“

    Hätte man da nicht schweigen können? Jetzt wird Schaaf womöglich kontern und schon haben wir wieder Unruhe. Außerdem wird beim nächsten Trainer direkt unterstellt, wenn es mal nicht läuft, die Mannschaft spielt gegen den Trainer. HB und alle anderen haben nichts dazu gesagt, was ich auch für klüger empfand.

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  4. @Grantler:
    Kann ich nur zustimmen! Nochmal schön Öl ins Feuer geschüttet.

    Auf der anderen Seite wollte er sich das nicht gefallen lassen, dass am AR so viel Kritik geübt wurde. Hat das wohl an TS fest gemacht.

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  5. Das Positive, Herr Steubing ist ein echter Adler. Vor unzähligen Jahren sagte er in einem Interview: „Eintracht ist meine Familie“, dies hat er auch glaubhaft gelebt. Damit aber genug der Romantik, jetzt bitte nicht mehr gegenüber vorherigen Verantwortlichen nachkarten, nicht jeden Tag eine neue Personalperspektive in die Öffentlichkeit bringen und erst nach Vollzug den neuen Trainer nennen. Hoffentlich bald, bevor der Markt (Trainer und Spieler) verlaufen ist. Viel Glück, Herr Steubing.

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  6. Über das Modell mit den Genusscheinen habe ich auch nur rudimentäre Kenntnisse.
    Zwei wichtige Punkte weiß ich aber darüber:
    Vorteil ist eben, dass es dadurch kein Stimmrecht für den Käufer gibt.
    Der Zinssatz ist variabel und orientiert sich am Erfolg der AG.

    Allein diese zwei Punkte sind schon eminent wichtig und ich denke, dass das ein guter Weg für die Eintracht ist, ohne sich verkaufen zu müssen, an frisches Fremdkapital zu kommen. Die Konditionen sind erfolgsabhängig, daher ist das Risiko kalkulierbar.

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