Auch im letzten Spiel gegen den SC Freiburg noch einmal erfolgreich: Top-Vorlagengeber Filip Kostic und Top-Torschütze André Silva. (Bild: imago images / Jan Huebner)

Die Saison 2020/2021 war für die Eintracht eine Saison der Rekorde und doch ist die Stimmung aktuell noch etwas gedrückt. Es wird ein wenig Abstand brauchen, um zu realisieren, dass die Mannschaft der SGE eine unglaubliche Saison gespielt hat, auf die man extrem stolz sein kann. Dabei geht es nicht nur um die nackten Zahlen und Fakten, die allein schon statistisch eine klare Sprache sprechen, sondern vor allem auch um die Art und Weise, wie die Hessen in vielen Spielen auftraten und mit welcher spielerischen Klasse sich die Adlerträger zeitweise präsentiert haben. Es ist gewiss Jahrzehnte her, dass eine Frankfurter Mannschaft mit so viel Spielwitz und überragend herausgespielten Toren zu überzeugen wusste.

Graues Mittelmaß im Dezember

Der Saisonstart der Eintracht war zunächst verheißungsvoll. Auftaktsiege gegen Hertha BSC Berlin und die TSG 1899 Hoffenheim. Alles sah zunächst danach aus, dass die SGE ihre erste Saison seit zwei Jahren ohne Doppelbelastung nutzen würde, um sich voll und ganz auf die Bundesliga zu konzentrieren und oben anzugreifen. Es folgte allerdings eine triste und enttäuschende Serie von neun Spielen ohne Sieg. Zwei Niederlagen und sieben Unentschieden ließen die Frankfurter in der Tabelle im grauen Mittelmaß versinken und das obwohl man doch unbedingt in diesem Jahr oben angreifen wollte. Das Spiel der Hessen war in dieser Phase leicht ausrechenbar und in der Offensive fand man nur selten Mittel, um tiefstehende Gegner vor Probleme zu stellen und war zudem auch in der Defensive durch individuelle Fehler immer wieder für Gegentore gut. Kurz vor Weihnachten stand somit auch Trainer Adi Hütter in der Kritik, denn er hielt immer wieder stur an seinem Spielsystem fest und fand kein Mittel, um die sieglose Serie zu brechen. Es fehlten jedoch nicht nur die Ergebnisse, denn die Spiele der SGE waren zu dieser Phase für jeden Zuschauer durchaus schwere Kost.

Trendwende mit dem Sieg gegen den FC Augsburg

Im letzten Spiel des Jahres gelang es der Eintracht mit einem erkämpften Sieg gegen den FC Augsburg endlich die sieglose Serie zu brechen. Auch wenn dieses Spiel mehr Kampf als spielerische Leichtigkeit bot, sollte es der Startschuss für eine unglaubliche Serie werden. In der kurzen Winterpause holte man zudem Ex-Adler Luka Jovic zurück und gab den glücklosen Bas Dost ab. Hütter konnte nun zudem endlich auf Amin Younes zurückgreifen, der immer wieder durch kleinere Verletzungen zurückgeworfen wurde. Younes wurde der entscheidende Unterschiedsspieler, der das lange gesuchte Puzzleteil in der Offensive darstellte und so für eine lange nicht da gewesene spielerische Leichtigkeit sorgte. Mit der Einführung der Doppelzehn mit Daichi Kamada und Amin Younes hinter dem einzigen Stürmer André Silva fand die Eintracht plötzlich in die Saison. Es folgte eine unglaubliche tabellarische Aufholjagd und man blieb bis Ende Februar ungeschlagen. Die Kombination Younes und Kamada machte die Frankfurter nicht mehr so leicht ausrechenbar und plötzlich konnte man mit One-Touch-Fußball auch durch die Mitte gefährliche Offensivaktionen kreieren. Kamada und Filip Kostic glänzten als Vorlagengeber und Silva entwickelte sich mehr und mehr zum Starstürmer. Nicht zufällig stehen Kostic (17 Torvorlagen) und Kamada (15 Torvorlagen) in der Rangliste der Torvorlagen in der Bundesliga auf dem zweiten und dritten Platz hinter Bayern-Spieler Thomas Müller (21 Torvorlagen). Mit 17 Torvorlagen ist Kostic zudem in der internen Tabelle der Eintracht mit Uwe Beins Rekord aus der Saison 1992/1993 gleichgezogen. Vollstrecker Silva konnte den Torrekord von Bernd Hölzenbein mit 28 Saisontoren sogar brechen.

Ein Makel, der bleibt

Mit Siegen gegen Bayern München, Borussia Dortmund und den VfL Wolfsburg stand die SGE plötzlich auf dem vierten Platz und hatte sieben Punkte Vorsprung auf die Verfolger. Ein Vorsprung, der in der Form der Mannschaft doch kaum mehr zu verspielen sei, dachte man. Doch dann sollte leider alles anders kommen. Während man den bevorstehenden Abgang von Sportvorstand Fredi Bobic noch gut wegstecken konnte, platzte ausgerechnet vor dem Spiel gegen Borussia Mönchengladbach die große Bombe.  Adi Hütter, der noch einige Wochen zuvor bei Sky90 „Ich bleibe“ sagte, verkündete seinen Wechsel zu Mönchengladbach. Das Vertrauensverhältnis war fortan zerstört, auch wenn alle Beteiligten das Gegenteil beteuerten. Wenig überraschend verloren die Frankfurter im folgenden Spiel beim künftigen Arbeitgeber Hütters mit 0:4. Eine Leistung, die in den Wochen zuvor undenkbar gewesen wäre. Die Mannschaft schien von der Rolle zu sein, auch wenn niemand hören wollte, dass dies eben die normalen Mechanismen sind, die zuvor auch schon bei Marco Rose und Gladbach gegriffen haben. Auch ein Sieg gegen den FC Augsburg konnte diesen Trend nicht mehr umkehren. In der wichtigsten Saisonphase verspielte man mit Niederlagen in Leverkusen, auf Schalke und mit einem Remis gegen den 1.FSV Mainz 05 die sicher geglaubte Champions-League-Teilnahme. Die Eintracht wird am Ende Fünfter mit 60 Punkten – mehr Punkte, als man jemals zuvor geholt hat und schließt die Saison ohne eine einzige Heimniederlage ab. Trotz aller Verdienste von Hütter und der insgesamt überragenden Saison mit so vielen Highlights, ist das Verpassen einer historischen Chance ein Makel, der bleiben wird.

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7 Kommentare

  1. Wobei man aufpassen muss, wenn man von der besten Saison aller Zeiten spricht. Wir haben diese Saison nix geholt, in vielen Saisons davor aber von der Meisterschaft über mehrere DFB und UEFA Pokale oder Final-Teilnahmen bis zu einigen Saisons, wo wir am Ende 3. oder 4. waren. Und „so viele Punkte wie noch nie“ ist halt immer relativ zur Liga; die Endplatzierung zählt für mich. Und davon ab: hat mal jemand die großen Saisons vor der Einführung der 3 Punkte Regel korrigiert berechnet? Hätten wir vielleicht auch mal 60 Punkte bekommen?

    Dennoch, ich stimme voll zu: summa summarum eine tolle Saison gewesen, leider mit schweren atmosphärischen Störungen auf der Zielgeraden.

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  2. Das war die beste Bundesligasaison seit Jahrzehnten. 60 Punkte, einfach genial. Über 34. Spieltagen gesehen, steht man da, wo man steht.
    Hätte, hätte, hätte gibt es im Sport nicht. 1/1000 hinter dem Dritten, gibt es auch nur Platz 4…..
    Schenke ich Hellmann das Vertrauen mit seinen kürzlichen Aussagen, gab es nur Störfeuer von den Medien….
    Die Wahrheit kennen die Verantwortlichen und das ist auch gut so. Jetzt im August eine schöne Gruppe und auf ein Neues 🙂

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  3. Es gibt auch seeeehr viele Teams die uns um so eine Entwicklung/Saison beneiden . Bremen , Gladbach , Köln , Schalke , Hamburg und Berlin . Sehr sehr viele Millionen Fans die liebend gerne mit uns tauschen würden . Die ,,großen,, Vereine der Bundesliga Geschichte haben es momentan nicht leicht in diesem Wirtschaftsunternehmen Bundesliga .

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  4. Ich weiß gar nicht, warum man den HSV überhaupt als irgend ein Beispiel nennen sollte. Desaströser Verein von Selbstoptimierern

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  5. Irgendwie ärgert mich am meisten an dem Makel, dass es der BVB nach der respektlosen Herabwürdigung der EL durch Emre Can nach unserem Sieg dort doch noch und fast schon ungefährdet in die CL geschafft hat.
    Die ungefährdete direkte Qualifikation für die EL-Gruppenphase (auch wenn’s ab dieser Saison gar nicht mehr anders geht) ist ein nächster und guter Entwicklungsschritt für unsere Eintracht.
    Ob es möglich gewesen wäre, dass Spieler, die uns verlassen werden, sonst aufgrund der Teilnahme an der CL gehalten würden, ist hypothetisch oder gar spekulativ.
    Wenn die Eintracht es schafft, das aus den Fehlern des Makels Gelernte in Maßnahmen bzw. Prinzipien umzusetzen, würde dieser abgemildert. Das würde mich freuen.

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