Trainer Niko Kovac stimmt sein Team auf die Partie gegen Hertha BSC ein.
Trainer Niko Kovac stimmt sein Team auf die Partie gegen Hertha BSC ein.

Wenn der neutraler Beobachter den Blick auf die Tabelle richtet, erkennt er ein Duell auf Augenhöhe. Der Tabellenfünfte, Eintracht Frankfurt, reist mit einem Punkt Vorsprung im Gepäck zum Sechsten, Hertha BSC. Während der Hauptstadtklub jedoch offen darüber spricht, einen Europapokalplatz erreichen zu wollen, dämpft Trainer Niko Kovac regelmäßig die Erwartungen, die die starke Hinserie mit 29 Punkten hervorgerufen hat. „Wir sind von der Entwicklung her ein Jahr hinten drin. Wir hatten im Sommer einen sehr starken Umbruch und mussten im Mai noch Relegation spielen. Ich will meine Spieler nicht in eine Ecke drängen, der sie noch nicht gewachsen ist“, erklärte der 45-Jährige, um dann kurz lächelnd anzufügen: „Sollten wir es dennoch packen, werde ich mich natürlich freuen.“

Den Hessen würde es gut tun, nach zwei Niederlagen in Folge wieder zu punkten. Mit den Berlinern wartet ein unangenehmer, geschlossen agierender Gegner. Im Zentrum laufstark, die Abwehr sehr robust und vorne die zwei erfahrenen Angreifer Salomon Kalou und Vedad Ibisevic. Pal Dardai, der in seiner Zeit als Profi noch mit Kovac zusammen im defensiv Mittelfeld spielte, hat in den letzten zweieinhalb Jahren, die er nun Chefcoach ist, ein Team ganz nach seinen Maßstäben geformt. „Wir wissen um die Stärken von Hertha BSC. Sie haben eine richtig gute Entwicklung genommen und sind die stärkste Heimmannschaft der Bundesliga“, benannte der Eintracht-Coach um die Gefahr, die der Kontrahent ausstrahlt. Dennoch erwartete er von seinem Team die richtige Einstellung: „Wir fahren nicht mit erhobenen Händen nach Berlin und geben zuvor schon auf. Wir werden und wollen uns auch wehren und es dem Gegner so schwer wie möglich machen.“

Kovac muss dabei auf hochkarätiges Personal verzichten. Omar Mascarell (zehnte Gelbe Karte), David Abraham (zwei Spiele Rot-Sperre) und Jesús Vallejo (Muskelfaserriss) werden nicht zur Verfügung stehen. Die zentrale Frage, die sich stellt: Wo spielt Makoto Hasebe? „Als Persönlichkeit und Mensch ist er großartig. Er hat einen Charakter, den sich jeder Trainer wünscht. Er kann mehrere Positionen bekleiden“, ließ sich der Coach jedoch nicht festnageln.  Kann er sich erlauben, Max Besuschkow oder Mijat Gacinovic alleine auf der Sechs spielen zu lassen und Hasebe als letzten Mann hinter die Abwehr zu ziehen? Oder braucht er die Erfahrung, Ballsicherheit und Robustheit des Japaners gegen das starke Mittelfeldzentrum der Herthaner?

Kovac will sich nicht zu viele Gedanken über die einzelnen Positionen und Namen machen. Wichtiger ist ihm ein kompakter Auftritt, in dem bereits die Angreifer effektiv stören und den Gegner zu Fehlern zwingen. Nur dann „können auch die Verteidiger gut aussehen.“ Das Team müsse so schnell wie möglich an das Limit gehen oder dieses bestensfalls überschreiten. In den vergangenen beiden Partien gegen Bayer 04 Leverkusen (0:3) und den FC Ingolstadt (0:2) ließen die Hessen genau diesen Einsatz und Willen vermissen. Die Folge: Hinten war die Mannschaft anfällig und vorne uneffizient.

Kovac geht jedoch nicht davon aus, dass das Selbstvertrauen darunter gelitten hat. „Niederlagen gehören dazu – zur Eintracht vielleicht sogar mehr als zu jedem anderen Klub. Ich sehe aber keinen Knacks, kein Zweifeln und kein Abfallen des Selbstvertrauens“, führte er aus. Das Team habe in dieser Saison bereits genug gute Siele gezeigt: „Wir müssen jetzt wieder das abrufen, was uns so stark gemacht hat.“ Besser verteidigen, stabiler stehen, weniger Möglichkeiten des Gegners zu lassen, mehr rennen – und wenn möglich den ersten Treffer der Partie erzielen: „Hertha hat nach eigener Führung noch kein Spiel in dieser Saison verloren.“

So geschehen auch im Hinspiel. 0:1, 2:1, 2:3, 3:3 – es war eine verrückte Partie im Waldstadion und ein Ergebnis, welches niemand zuvor erwartet hätte. Die bis dahin so defensivstarken Frankfurter und Berliner ließen hinten phasenweise alle gewohnte Sicherheit vermissen und zeigten sich vorne enorm effektiv im Abschluss. Ein ähnlich offener Auftritt ist beim Topspiel der Woche wohl eher nicht zu erwarten. Beide Teams erleben aktuell eine kleine „Leistungsdelle“, selbst wenn die Hertha gegen den FC Bayern München erst mit dem Abpfiff den 1:1-Ausgleichstreffer kassierte.

Obwohl in Berlin gute Arbeit geleistet wird, nimmt sich Kovac den Verein nicht als Vorbild für die Eintracht. „Jeder Klub hat seine eigene Idee und Philosophie. Wir hatten vor der Saison mehr Nachteile, weil wir weniger Geld zur Verfügung hatten“, so der Coach, der sogleich das nächste Ziel der Eintracht benannte: „Geld schießt Tore und wir arbeiten daran, mehr Geld zu bekommen.“ Dabei helfen könnte die Partie im DFB-Pokal-Viertelfinale am Dienstag gegen Arminia Bielefeld. „Wir werden alles versuchen, um diese historische Chance zu nutzen und ins Halbfinale zu kommen“, blickte der Kroate über die Bundesligabegegnung hinaus. Der gesamte Verein wünsche sich, das Finale zu erreichen. „Ich freue mich auf das Pokalspiel, aber der Blick richtet sich jetzt erstmal auf das Herthaspiel“, richtete Kovac sofort wieder den Fokus auf Samstag.

Marco Russ wird die Reise in die Hauptstadt allerdings noch nicht antreten. Der Abwehrmann brauche weiterhin Zeit und sei noch keine Alternative für den Kader. „Er ist seit Januar erst wieder dabei“, mahnte der Trainer und verwies auf ehemalige Spieler, die „fünf bis sechs Monate nach einer Krebserkrankung“ gebraucht hatten, bis sie wieder auf dem Feld standen. Die Vertragsverlängerung sei ein wichtiges Zeichen und ein Vertrauensbeweis des Vereins gewesen. An einen kurzfristigen Einsatz ist dennoch nicht zu denken: „Nur weil Leute ausfallen, werde ich Marco Russ nicht opfern und ihn reinbringen. Man muss da ganz vorsichtig sein.“

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5 Kommentare

  1. Klare Aussage zu Marco, die ich aber auch verstehe, obwohl ich ihm die Chance eingeräumt habe.
    Ich denke aber NK macht auch in dieser Frage alles richtig und kann es vor allem am Besten beurteilen.
    Anderseits glaube ich weiterhin positiv an ein Patent, dass sich Kovac einfallen lassen wird, um in Berlin zumindest ein echter Gegner sein zu können. Ich freu mich morgen auf die Fahrt und wäre begeistert, am Sonntag mit immerhin einem Punkt die Heimfahrt anzutreten.
    Sollte es halt nicht klappen, werden wir trotzdem am Dienstag den Kopf nicht hängen lassen und gegen Freiburg möglicherweise auch in der BuLi wieder personell besser da stehen. Zum Glück ist Abraham gegen die Arminia nicht gesperrt. Auf gehts!

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  2. Ich glaube auch das Kovac, trotz der schmerzhaften Ausfälle, eine schlagkräftige Truppe auf den Platz bringt, die sich wehrt und ggf. sogar was reißen kann. Ich habe komischerweise ein sehr gutes Gefühl für Morgen, na mal sehen was passiert und welche Mannschaft Kovac in Schlacht schickt. An ein Debakel glaube ich jedenfalls nicht.
    Forza SGE, auf geht´s.

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  3. Normalerweise bin ich immer sehr optimistisch. Aber diesmal tippe ich auf eine schwere Niederlage. 3:0 wird Berlin gewinnen. Da sind doch schon recht viele Lücken in unserem Kader. Wenn es weniger als 3 Gegentore werden freue ich mich. Dafür wird es dann aber am Dienstag ein Spektakel geben, wenn wir in die nächste Runde des Pokals einziehen.

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