Stolze Vorstandsmitglieder: Markus Krösche und Axel Hellmann beim Autokorso durch Frankfurt. (Foto: IMAGO / Jan Huebner)

Ganz Frankfurt ist nach dem Sieg in der Europa League noch immer im Freudentaumel. Vielen Fans und vielen Menschen aus der Region ist noch immer nicht richtig klar, was eigentlich los ist und viele können noch nicht begreifen, was das eigentlich bedeutet, dass die Eintracht tatsächlich den Europapokal gewonnen hat.

Auch Axel Hellmann gab im „hr-Heimspiel“ zu, dass es bei ihm „noch nicht ganz angekommen“ sei: „Ich mache gerne Termine wie diesen hier, denn dann fängt man an zu realisieren, dass das alles wahr ist. Ich habe ein Sammelsurium von Bildern im Kopf. Die gehen vom Finale hin zum Korso und zu vielen privaten Gesprächen. Das muss man jetzt alles sortieren und da ist noch eine Menge zu tun.“

Dabei bleiben dem Vorstandssprecher aber natürlich nicht nur die Feierlichkeiten im Kopf, sondern er verriet, dass er sich über ein paar spezielle Glückwünsche ganz besonders gefreut habe: „Es gab viele Momente, die bleiben. Aber was mich total gefreut hat, ist, dass sich unsere ehemaligen Gegner bei uns gemeldet haben. Abgesehen von West Ham, wo die Stimmung eher kühl und distanziert war, glaube ich, dass wir überall ein enges Verhältnis hatten und man sich gefreut hat, dass wir in der Stadt waren. Da merkt man, dass man einen guten Spirit hat und dass man nicht nur Gegner war, sondern dass einen mehr verbindet.“ Bei den ganzen Glückwünschen hinke er aber noch etwas hinterher: „Ich habe über 600 bis 700 Nachrichten bekommen, bei der Beantwortung bin ich noch etwas rückständig – hier schon einmal Entschuldigung an alle, das dauert noch etwas.“

„La Bestia Blanca – das finde ich total gut!“

Während ihres „Beutezugs“ durch Europa hat die SGE so manchen nahmhaften Klub hinter sich gelassen – und einen neuen Spitznamen bekommen: „La Bestia Blanca“ übersetzt: Die weiße Bestie! Hellmann betonte, dass ihm dieser Spitzname gefalle und er ihn „total gut“ finde. „Weil es die Stimmungslage in Barcelona und West Ham dargestellt hat, auch wenn die Bestia in London etwas kleiner war, aber dafür genauso bissig. Ich könnte mir vorstellen, dass das in Spanien für lange, lange Zeit unser Ruf ist“, erklärte er seine Begeisterung.

Vor allem die Szenen in Barcelona, als über 30.000 Fans im Stadion waren und noch mehr die Straßen säumten, bleiben in Erinnerung. Der 50-Jährige erinnerte sich hier ganz besonders an einen Moment: „Als wir mit dem Bus ins Stadion gefahren sind in Barcelona und an den Straßen nur Eintracht-Fans standen, die diesen Bus reingepusht haben. Da wusste man, dass das kein Auswärtsspiel wird. Da war natürlich jeder direkt on fire. Da dachte ich mir schon, dass das keine zehn-, fünfzehn-, oder zwanzigtausend sind, sondern dass das deutlich höher geht.“ Auch die Spieler hätten das realisiert. Den Tag über wurden schon Videos von den Fans verschickt und dann beim Aufwärmen hätten die Akteure die Energie der Fans gespürt – auch die Barcelona-Spieler: „Dann kam Ter Stegen raus und ist ins Pfeiffkonzert gelaufen. Das hat etwas mit den Spielern gemacht, denn die wussten, das wird kein Heimspiel.“ Er sehe in den Fans einen riesigen Grund für den Run durch Europa. „Ich denke, dass zumindest dieses Spiel in Barcelona ohne Fans so nicht geklappt hätte. Vielleicht hätte es in West Ham eine Chance gegeben, aber auch da war es wichtig, dass die Fans so nah am Spielfeld saßen und man sie gespürt hat. Ich sage ja immer, dass es dieses energetische Band geben muss. Das gelingt uns wie keinem anderen Klub, aus dieser Begeisterung und der Sehnsucht nach etwas Besonderem eine hohe sportliche Leistung abzuliefern.“

Demütige Freude in Frankfurt

Zuletzt war die SGE nicht nur in Frankfurt in aller Munde, sondern in ganz Fußball-Deutschland. Auch Uli Hoeneß erklärte, dass die SGE ein „kleines Vorbild für alle sei.“ Ein Kompliment, über das man sich in Frankfurt besonders freue: „Die David gegen Goliath-Rolle steht uns gut zu Gesicht. Uli Hoeness hat eine Art sich sehr bildhaft auszudrücken. Manchmal vergaloppiert man sich, aber ich mag das, denn das ist der Ausdruck einer Realität, die er richtig benannt hat.“ Nachdem sich Hoeneß in der Vergangenheit oft kritisch geäußert hat, zeige das den neuen Wert der SGE: „2003 oder 2004 war das eine andere Welt – und aus dieser Welt kommen wir. Und wir sollten uns auch in Zeiten der Triumphe darüber im Klaren sein, dass wir früher anders daherkamen und dass es im Fußball eine erstaunliche Entwicklung ist, wenn du dauerhaft zu einem Klub geworden bist, der in sechs Jahren fünfmal in Halbfinals verschiedener K.O.-Spielen stand. Ich bin da total demütig. Und wenn wir uns das erhalten, dann haben wir auch Chancen, dass uns die Champions League nicht davonläuft.“

In seiner Rede im Römer erklärte Hellmann, dass „die Fußballromantik“ zurück sei. Dies sei ihm eine Herzensangelegenheit: „Ich habe damit zweierlei gemeint. Zum Einen, dass man mit finanziellem Aufwand, den man betreibt, niemals Erfolg widerspiegeln kann, sondern dass man das über Mentalität, über Teamspirit und über die Zusammengehörigkeit im ganzen Verein so herstellen kann, dass man Grenzen verschieben kann. Das zweite ist, dass die großen Traditionsvereine mit voller Wucht zurückkommen. Nicht nur über Platzstürme, sondern auch über die Begeisterung der Basis, die neu erwacht. Ich finde das total wichtig. Denn ich habe immer daran geglaubt, dass die Vereine, die diese Basis nicht haben, nicht überlegen sind. Dass sie irgendwann wieder in der Geschichte des Fußballs verschwinden – und daran glaube ich nach wie vor.“ Dies liege auch in der Sache der Klubs, die mit Geld aufgebaut wurden, an sich: „Weil niemand Geld in irgendetwas reinsteckt, um ein sportlich gutes Fußballspiel zu sehen. Du steckst das rein, um die Liebe der Menschen und einer Region zu bekommen. Und das kann keiner so leben wie Traditionsvereine, bei denen sich das über Generationen aufgebaut hat. Denn eine Sache ist total entscheidend: Es ist der Misserfolg, der dich Erfolg und die großen Momente spüren lässt. Es ist nicht die Aneinanderreihung von Titeln. Pokal ist nicht gleich Pokal. Bei Bayern München wandert der x-te Pokal in die Vitrine. Bei Eintracht Frankfurt wird er groß gefeiert. Es ist die Leistung, die er von Generation zu Generation verkörpert. Und dafür reichen keine zehn oder zwanzig Jahre.“

Auch gegen Leipzig voller Selbstvertrauen – Pokal für alle

Einer dieser „Vereine“ ist der aktuelle Pokalsieger aus Leipzig, wo in den letzten Jahren Geld wahrlich hineingepumpt wurde. Diese Leipziger hätten auch der Gegner der SGE im Europa League-Finale sein können, denn sie verloren erst im Halbfinale gegen den späteren Gegner Glasgow Rangers. Hellmann betonte, dass für ihn ein Duell gegen die Ostdeutschen auch einen gewissen Reiz gehabt hätte: „Ich hätte RB Leipzig als durchaus interessanten Finalgegner gesehen, denn es hätte ein paar Dinge mit sich gebracht. Fangen wir mal sportlich an: Wenn man die letzten Spiele anschaut, haben die gegen uns nichts gerissen. Da hätten wir gute Chancen gehabt, denn die fürchten uns, die Wissen um die Wucht. Das Zweite: Wir hätten natürlich über 20.000 Menschen im Stadion gehabt. Das wäre unser Finale geworden und dann hätten die das auch nicht gewonnen. Und wir hätten vorher den Konflikt der Systeme ausgerufen. Auf der einen Seite der gute Verein der Tradition und auf der anderen Seite das Unternehmen. Es hätte mich schon auch in den Fingern gejuckt, den Systemkampf auszurufen.“

Aber: Leipzig verlor im Halbfinale, die SGE gewann im Finale den großen silbernen Pokal. Dieser soll den Fans so nahe wie möglich gebracht werden. „Wir werden vor allem bei den öffentlichen Trainings in der Vorbereitung den Pokal so aufstellen, dass jeder, der will, sein Bild mit diesem Pokal bekommen wird. Das kann ich garantieren. Wir werden ganz viele Anlässe schaffen“, versprach Hellmann.

Thema Feldmann – die Fassungslosigkeit war groß

Einer, der dem Pokal näher war, als vielen lieb war, ist Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann. Der Politiker zeigte sich auf der Feier in der unsympathischsten Art und Weise, entriss Oliver Glasner und Sebastian Rode den Pokal und hielt anschließend eine fast schon peinliche Rede. Für Hellmann noch immer ein großes Ärgernis: „Die Fassungslosigkeit war ehrlicherweise groß. Wir haben uns da gedacht, dass wir den Jubel auskosten wollen und die Thematik mit dem Oberbürgermeister nicht zu sehr konkretisieren wollten.“ Trotzdem habe man sich nun bewusst dazu entschieden, dieses Thema noch einmal zu konkretisieren: „Jetzt haben wir das Fass aufgemacht. Ich frage mich ehrlich, was in so jemandem vorgeht, der eigentlich der Hausherr ist und froh sein sollte, dass die Spieler bei ihm auf dem Balkon die Bühne bekommen. Dann will er den Spielern den Pokal entreißen, um sich selbst zu profilieren. Ich finde das beschämend, weil es ein schlechtes Licht auf die Stadt wirft und es deutlich macht, dass es am Ende um die Person Peter Feldmann geht. Und nicht um das Amt, das er auszuführen hat, nämlich andere strahlen zu lassen, die für die Stadt für Ruhm und Ehre gesorgt haben.“ Daher sei man bei der SGE jetzt zu den deutlichen Schritten bereit gewesen und habe ihn von den kommenden Spielen ausgeladen: „Wir haben auch gesagt, dass wir uns nicht vorstellen können, dass wir ihn mit gutem Gewissen bei unseren Spielen willkommen heißen. Wir können ja kein Stadionverbot aussprechen, aber jeder sollte das Fingerspitzengefühl haben. Es sind ja noch andere Dinge vorgefallen. Das macht mich auch etwas emotional, weil das Ganze hat ja noch eine weitere Vorgeschichte mit der Delegation, dem Versuch im Korso mitzufahren. Ich will das gar nicht weiter ausweiten, denn ich finde, da ist Fremdschämen angesagt.“

 

 

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8 Kommentare

  1. Danke Herr Hellmann.
    Ihnen im hr Heimspiel zuzuhören, wie authentisch Sie Ihre Gefühlslage beschreiben, aber auch und gerade das Band zwischen Mannschaft, Trainer, Mitarbeiter und FANs, ist so wohltuend.
    Die Eintracht ist was Besonderes, hat etwas, um das uns viele beneiden und was man nicht kaufen kann. Diese Liebe und Bindung zum Verein, der nicht umsonst EINTRACHT heißt.

    Ihre Position zum hoffentlich zeitnah zukünftigen EX-OB finde ich mehr als passend und ich finde es gut, in diesen Tagen so klar Stellung zu beziehen.

    Ich drücke Ihnen und der Eintracht und uns allen die Daumen für gute Transfers und für gute Spiele in einer tollen Gruppe in der CL.
    Ich habe mir die Hymne besorgt und jedesmal, wenn ich sie höre, bekomme ich schon jetzt Gänsehaut.

    WIR werden sie dieses Jahr in unserem Waldstadion hören…..

    Stell dir vor: https://youtu.be/x3yq4_b4xKc

    We are the Champions. Danke Eintracht Frankfurt.

    Dass ich das noch erleben darf. Danke.

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  2. Axel Hellmann wurde am Anfang nicht so positiv wahrgenommen, ist aber jemand, der sehr gut analysieren kann und die richtigen Worte setzt. Mittlerweile einer der Erfolgsgaranten bei der Eintracht. Klar, als Jurist nicht so eine Temperament-Maschine wir unser Herr Fischer, aber doch mit dem Herz am rechten Fleck und dabei doch wohltuend zurückhaltend.
    Ich bin mittlerweile ein richtiger Fan von ihm geworden und könnte mir ihn als Frankfurter OB gut vorstellen.

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  3. Ich bin einfach nur unendlich glücklich einen Menschen wie Axel Hellmann in unserem Verein auf dieser Position zu haben.

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  4. Wo will man anfangen und wo will man aufhören, Funktionären, Spielern, Trainerteam oder Team neben dem Team, einen unfassbaren und megagroßen Dank für alles, für das alles, auszusprechen?
    Stolz wie Oskar. Glücklich wie Hulle. Selig wie ein Prophet. Das sind die Fans von Eintracht Frankfurt. Kannst Du für kein Geld der Welt kaufen. Aber wenn Du Adler bist, bekommst Du es geschenkt.

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  5. Axel Hellmann, ein Adler durch und durch. Was die Jungs auf dem Platz machen, macht er mit seinem Mund, seinem Auftreten und mit seinen Argumenten. Ich bin begeistert von diesem Mann, eine klasse Sendung auf Hessen 3.
    Und Stephan Reich sensationell, ein toller Abschluss der Saison.
    Alles angesprochen, was wichtig war – ganz entscheidend auch: nur Markus Phillip als Moderator, das hat gereicht, nichts gegen die beiden Kolleginnen, aber Markus ist der Beste.

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  6. Ohne Axel Hellmann irgendwo mal persönlich getroffen zu haben, liebe ich diesen Typ.
    Der Mann ist
    100 % Eintracht
    100 % authentisch
    100 % Emotionen aber kühlen Kopf
    Und hat einen scheinbar klaren Weg und ich hoffe sehr das er für immer bei uns bleibt.
    Er ist eines der Gesichter von Eintracht Frankfurt.
    Weiter so Axel ! Ein Mann der Kurve !

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  7. Axel Hellmann ist hervorragend in seine Rolle reingewachsen. Das, was er sagt, und wie er es sagt, finde ich seit Längerem wirklich klasse. Im Heimspiel hat er nochmals das verdeutlicht, was ihn für mich ausmacht: Schlau, reflektiert, weltmännisch dabei mit klarer, vorbildlicher Haltung und das Ganze mit beiden Beinen auf dem Boden stehend und ohne in irgend einer Weise abgehoben zu sein (obwohl er schon eine gewisse Ausstrahlung in diese Richtung hat), also „volksnah“.
    Und so ist es kein Wunder, dass er mit seinen Kollegen und dem Verein so prächtig harmoniert.
    Weiter so, (in) Eintracht!!

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