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Michael Hector brauchte nicht lange, um sich im Frankfurter Umfeld einzufinden: „Wir sind eher Freunde, die gemeinsam arbeiten.“

Im vergangenen August wagte sich Michael Hector das erste Mal in seiner Karriere abseits der britischen Insel und wechselte vom FC Chelsea auf Leihbasis zu Eintracht Frankfurt. Seitdem durchlebte „Big Hec“ Höhen und Tiefen im Trikot der Hessen (SGE4EVER.de Note 3,21) und lässt in einem Interview mit SGE4EVER.de das vergangene halbe Jahr Revue passieren und gibt einen kleinen Ausblick in seine persönliche Zukunft.

SGE4EVER.de: Hallo Michael, zunächst die Frage. Wie geht es dir und wie gefällt es dir hier in Abu Dhabi?
Michael Hector: Ich liebe das Wetter hier. Gerade im Winter ist es hier sehr schön, da es nicht allzu heiß ist. Es ist perfektes Wetter zum Trainieren und, um hart zu arbeiten. Für mich ist es doppelt gut, da ich die Kälte nicht so sehr mag und es in Frankfurt derzeit ja ziemlich kalt ist. Wenn es kalt und nass ist, ist es echt hart, draußen zu trainieren, man wird schneller krank. Das mag ich einfach nicht. Es bleibt dann kaum Gelegenheit, dass der Trainer während der Einheit mal etwas in Ruhe erklärt, da man sich ständig bewegen muss, um nicht auszukühlen . Das ist hier anders. Hier kann der Coach in Ruhe erklären und wir können so intensiver an taktischen Feinheiten arbeiten.

Du bist jetzt seit einem halben Jahr in Frankfurt. Wie hast du dich eingelebt?
Die Stadt hat alles, was ich brauche. Meine Teamkameraden haben mich sehr gut aufgenommen und wir unternehmen viel gemeinsam. Es macht sehr viel Spaß. Mit Taleb Tawatha teile ich mir ein Zimmer. Ich gehe ab und an mit Lukas Hradecky weg. Generell sind wir alle oft weniger Kollegen, sondern eher eine große Familie. Also gute Freunde, die gemeinsam arbeiten. Das ist schön.

Vielleicht nimmst du  uns ja mal kurz mit auf eine Reise, wenn du in Frankfurt unterwegs bist: Wo zieht es dich dann hin? Und kamst du schon einmal in den Genuss von Äbbelwoi und Handkäs mit Musik?
Mein jamaikanischer Coach hat mir vom Apfelwein erzählt und gesagt, dass ich da lieber die Finger von lassen sollte (lacht). Es gibt aber viele Restaurants, in die ich gern gehe, wenn meine Familie vorbeikommt.

Kommen wir zum Sportlichen: Dein Start in Frankfurt verlief mit zwei Platzverweisen in den ersten beiden Partien denkbar schlecht, seitdem sitzt du häufig auf der Bank. Wie gehst du mit der Situation um?
Das ist Fußball! Das Wichtigste ist, dass der mannschaftliche Erfolg da ist und dem muss sich jeder unterordnen. Die zwei Roten Karten haben mir natürlich nicht geholfen, um mich zu empfehlen beziehungsweise mich in die Mannschaft zu spielen. Manchmal klappt es, dass Leute neu in eine Mannschaft kommen und direkt zum unersetzbaren Stammspieler werden. So, wie das bei Jesus Vallejo funktioniert hat. Für sein Alter spielt er unfassbar gut. Ich muss weiterhin auf meine Zeit warten. Wenn diese gekommen ist, bin ich voll einsatzbereit. Das weiß auch der Coach. Natürlich hoffe ich, dass ich in der Rückrunde mehr Spiele machen und der Mannschaft helfen kann.

Hat der Trainer mit dir darüber gesprochen, wie nah du dran bist? Und was fehlt dir noch?
Er sagt, dass ich sehr nah an der Mannschaft bin. Ich muss weiterhin hart trainieren und wenn ich die Gelegenheit habe zu spielen, dann muss ich gut spielen.

Siehst du dich „nur“ als klassischen Innenverteidiger oder könntest du auch andere Positionen bekleiden?
Ich kann auch im zentralen Mittelfeld spielen. Das habe ich bei anderen Klubs auch schon getan. Ich bin relativ vielfältig einsetzbar. Wenn ich auf einer anderen Position gebraucht werde, kann ich dort spielen. Es kommt drauf an, was das Team braucht. Ich bin bereit dort zu spielen, wo ich gebraucht werde.

Wie sehr hast du dich inzwischen an die Praxis in der Bundesliga gewöhnt? Kommst du jetzt besser klar damit, wie die Schiedsrichter in Deutschland pfeifen?
Die Schiedsrichter sind sehr strikt in ihren Entscheidungen. Aber das ist im europäischen Fußball so. Da ist England noch ein bisschen anders. Die Spiele in Deutschland werden häufiger unterbrochen als in England. Aber natürlich ist es wichtig, sich genau an die Regeln zu halten, wobei auch das in England etwas entspannter zugeht. Ich denke aber, dass die englische und deutsche Liga sehr nah beieinanderliegen. Vor allem was die körperbetonte Spielweise angeht. Die Bundesliga kann man von allen Ligen in Europa am ehesten mit der Premier League vergleichen. Für mich ist der englische Fußball aber nach wie vor das Maß aller Dinge und daher schaue ich ihn auch am liebsten. Seitdem ich hier in Deutschland bin, habe ich vor der Bundesliga einen ganz anderen Respekt. Ich habe ehrlich gesagt, den deutschen Fußball vorher nie so richtig verfolgt. Seit letztem Jahr ist er in England aber ein bisschen mehr in den Fokus gerückt. Aus der Bundesliga kommen viele sehr talentierte Spieler. Wenn wir hier in Deutschland, wie in England zwei Spiele pro Woche hätten, wäre das sehr hart für viele Spieler.

Michael Hector nahm sich die Zeit, um mit SGE4EVER.de über das vergangene halbe Jahr, den Unterschied zum englischen Fußball und seine Zukunft zu sprechen.
Michael Hector nahm sich die Zeit, um mit SGE4EVER.de über das vergangene halbe Jahr, den Unterschied zum englischen Fußball und seine Zukunft zu sprechen.

Im November hattest du so etwas wie einen kleinen Tiefpunkt. Nur Ersatz in der Bundesliga, die Familie vermisst, dazu erstmal keine Nominierung für die Startelf. Hast du diesen Moment für dich überwunden?
Das gehört zum Fußball dazu. Aus solchen Dingen muss man lernen und das Positive für sich herausziehen. Schwere Momente sind auch irgendwie gute Momente, da man etwas für sich mitnimmt. In der letzten Saison hatte ich viele gute Erlebnisse. Ich durfte unter anderem das erste Mal für mein Land spielen und bei Chelsea lief es auch super. Als ich hierher kam, fing ich bei null an und musste meinen Platz erst einmal wieder finden. Das weiß man aber als Fußballspieler, dass es solche Phasen immer wieder geben kann und damit muss man umgehen können.

Bobic sagte uns zuletzt, dass es Gespräche mit Chelsea gab und diese alles in allem zufrieden sind mit dem Leihgeschäft. Dein Ziel ist es ja, irgendwann für die Blues aufzulaufen. Hattest du ein persönliches Gespräch mit einem Verantwortlichen?
Chelsea pflegt generell eine sehr gute Kommunikation mit seinen ausgeliehenen Spielern. Wir halten regelmäßigen telefonischen Kontakt und jede Seite weiß Bescheid, was bei der anderen gerade los ist. Sie sind mit meinen Spielen, die ich bisher gemacht habe, sehr zufrieden. Natürlich gibt es Dinge, an denen ich arbeiten muss. Das wissen auch die Verantwortlichen von Chelsea. Dabei geht es vor allem um positionsbezogene Verbesserungen meinerseits. Ich muss mich besser organisieren und schneller werden. Das kommt aber mit den Spielen, da ich bisher immer nur den Fußball in England gewohnt war.

Betrachtet man deine Vita, dann bist du ja vor allem auf der Insel ganz schön herumgekommen. Was hälst du von der Chelsea-üblichen Praxis, talentierte Spieler zu verpflichten und dann dauerhaft bei anderen Teams zu parken? Fühlt man sich da wertgeschätzt?
Das kommt immer auf den jeweiligen Spieler an. Ich weiß, wo ich herkomme. Wenn ich in London geblieben wäre, hätte ich sicherlich nicht so vielfältige Erfahrungen gesammelt, wie ich es nun getan habe. Für mich war es schon immer wichtig, so viel wie möglich zu spielen. Das ist für alle Kinder und Jugendlichen, die Fußball spielen, am entscheidendsten, finde ich. Ich bin sehr dankbar, dass ich den Weg als Profifußballer einschlagen konnte und schon so viel erleben durfte – sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht. Diese Kombination bringt einen weiter. Als junger Spieler sollte man dankbar sein, dass man die Chance hat, in einem professionellen Umfeld Fußball spielen zu dürfen, dabei aber auch nie vergessen, dass es nach der Karriere noch weitergehen muss und es eine Zeit nach dem Profidasein kommt. Daher sollte man seine Zeit nicht mit Rumsitzen verschwenden, sondern immer versuchen, Einsätze zu bekommen. Das ist das, was ich immer versuche. Daher war ich schon bei so vielen Klubs. Ich habe viele Teams erlebt und viele verschiedene Persönlichkeiten von Managern und Trainern erlebt. So etwas prägt und hat mich persönlich weitergebracht und hilft mir für meine jetzige Arbeit hier in Frankfurt.

Wie sieht es mit der deutschen Sprache aus – traust du dich schon zu kommunizieren? Oder steht das als Leihspieler zunächst hinten an?
Mein Deutsch ist noch nicht so gut. Ich habe zweimal in der Woche Deutschunterricht, aber die deutsche Sprache ist schwer. Natürlich bekomme ich auf dem Fußballplatz einzelne Schnipsel der deutschen Sprache mit, aber für eine Unterhaltung ist es noch zu wenig.

Könntest du dir vorstellen dein Engagement bei der Eintracht zu erweitern?

Ich kann nicht allzu weit in die Zukunft blicken, da einige Dinge die Entscheidung von Chelsea oder der Eintracht beeinflussen können. Der Klub, für den ich momentan spiele, ist ein toller Verein. Ich habe coole Teamkameraden und ein schönes Umfeld. Aber ich möchte mich auf das Hier und Jetzt konzentrieren und keine langfristigen Prognosen stellen.

Zu guter Letzt: Wo landet die Eintracht im Mai 2017?
Die Hauptsache ist, dass wir in der Liga bleiben. Alles darüber hinaus ist ein schöner Bonus.

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