Dank ihrer vielen Last-Minute-Treffer hat die Eintracht acht Punkte mehr geholt. (Bild: IMAGO / Jan Huebner)

Oliver Glasner und seine Mannschaft haben sich endlich gefunden und auch ergebnistechnisch läuft es im Moment für Eintracht Frankfurt. Unsere Gäste im heutigen FPS-Fantalk haben den Kader der Hessen mal genauer unter die Lupe genommen. Dabei haben sie das Spiel gegen Royal Antwerpen analysiert und blicken auf das anstehende Heimspiel gegen Union Berlin. Ob Glasner einen oder zwei Stürmer aufstellen sollte – darüber gingen die Meinungen allerdings etwas auseinander. Fakt ist, dass die Treffer in letzter Minute eindeutig für die Mentalität der Mannschaft spricht!

Der FPS-Fantalk ab sofort auch auf YouTube

Der FPS-Fantalk erscheint während der Saison an jedem Bundesliga-Wochenende, an dem Eintracht Frankfurt ein Heimspiel bestreitet, sonntags zwischen 12 und 13 Uhr auf SGE4EVER.de und im Laufe des Tages auch auf YouTube. Ihr wollt auch einmal mit uns diskutieren? Dann bewerbt euch über das Fantalk-Bewerbungsformular und seid bei einem der nächsten Fantalks, die per Online-Videokonferenz geführt werden, dabei.

An der heutigen Debatte nehmen FPS-Geschäftsführer Paul Taaffe, SGE4EVER.de-Redakteur Marcel Storch und Eintracht-Fan Matthias Selzer teil. Die Moderation übernahm dieses Mal SGE4EVER.de-Chefredakteurin Nadine Peter.

These 1: Die Mannschaft scheint trotz spielerischer Schwächen intakt zu sein, sonst wären so viele Tore in der Nachspielzeit nicht möglich.

Paul: „Wollen wir mal etwas positiver anfangen. Ich bin, genau wie alle anderen Eintracht-Fans auch, so was von erleichtert. Man kann sagen, wir haben die Kurve bekommen. In Freiburg habe ich gar nichts erwartet und wir haben die erste Halbzeit so gut gespielt. Das hat mich sehr gefreut und ich hatte das Gefühl, wir sehen zum ersten mal Glasner-Fußball. Er ist ein Fachmann ohne Zweifel, aber wir haben hier ja bereits spekuliert, ob er und die Mannschaft zusammen passen. Da war ich nicht so sicher. Aber es passt und der Teamgeist funktioniert jetzt endlich auch: So viele Tore in der 93. und 94. und 95. Minute machen einfach Spaß. Oliver Glasner ist in der Mannschaft sehr akzeptiert. Ich bin sehr erleichtert und motiviert.“

Marcel: „Ich hatte nicht so viele Zweifel an Glasner wie vielleicht Paul. Natürlich war die Spielweise der letzten Monate nicht jene, die wir uns vor der Saison erhofft haben. Aber wir kennen alle die Begleitumstände, zum Beispiel fehlt ein Stürmer, der zuverlässig knipst. Spätestens in der Rückrunde sollte sich das eingespielt haben, sodass wir eine gewisse Konstanz auf die Kette bekommen. Dank der Tore in der Nachspielzeit haben wir jetzt acht Punkte mehr auf dem Konto als ohne die Last-Minute-Treffer. Das spricht für die Mentalität der Mannschaft. Die Diskussion, ob es zwischen Mannschaft und Trainer läuft, ist für mich Fehl am Platz. Andererseits fragt man sich, warum es erst in der Nachspielzeit klappt und nicht schon vorher.“

Matthias: „Natürlich ist die Mannschaft intakt und die Spieler sind top fit, deshalb können sie hinten raus nochmal eine Schippe drauf legen und das Ergebnis so spät noch korrigieren. Aber Marcel hat recht: Warum klappt das nicht in den 90 Minuten, sondern erst in den letzten Minuten? Für mein Herz wäre es besser, wenn es schon in der 88. Minute klingeln würde. (lacht) Doch wir haben es Donnerstag gegen Antwerpen gesehen: Die Mannschaft wollte auf das zweite Tor gehen, fängt sich einen Konter und gerät in Rückstand, weil nur ein oder zwei Männer hinten absichern. Tuta will im Stile eines Sechsers den Ball erobern und entblößt die Abwehr komplett. Ein Doppelpass reicht da aus und das ist auf Dauer sicher nicht zielführend. Es zieht sich wie ein roter Faden durch die Saison, dass wir hinten zu einfach ausgespielt werden. Aber die erste Halbzeit und auch das Spiel in Freiburg gibt auch mir Mut.“

Paul: „Klar sind wir noch nicht konstant genug, aber als wir gegen Freiburg und Antwerpen geführt haben, haben beide jeweils ihre Taktik geändert und viel aggressiver gepresst. Wir hatten viel weniger Platz und dadurch kommen wir zu schnell aus unserer Routine und es kommen Unsicherheiten. Das Team ist noch nicht stabil genug, um solch eine Phase zu überstehen. Mit Sebastian Rode kommt mehr Ruhe ins Spiel, habe ich das Gefühl. Wir sind noch zu naiv und müssen schlauer werden.“

These 2: Trotz erkennbarer Fortschritte ist das System von Glasner weiterhin fragil.

Marcel: „Den Eindruck habe ich auch. Paul hat es bereits angesprochen. Wenn man den Eindruck hat, dass sie sich endlich mal gefangen haben, kam wieder ein Rückschlag. Das zieht sich durch die ganze Saison durch. Bis zum 1:1 von Antwerpen hatte ich den Eindruck, dass die SGE das sicher gewinnen würde. In der zweiten Halbzeit fand ein Bruch statt und sie sind wieder in ihr altes Verhaltensmuster zurückgefallen. Es ist schwierig zu verstehen, aber ich hoffe, dass es in der Rückrunde durch harte Arbeit oder ein, zwei gezielte Verstärkungen besser wird.“

Matthias: „Im Freiburg-Spiel habe ich das auch gedacht und die erste Halbzeit gegen Antwerpen sah so aus, als könnten wir daran anknüpfen. Zu dem Bruch kam es erst nach dem Böllerwurf. Jeder, der den Ball hatte, wusste nicht, was er damit machen sollte. Eine Spieleröffnung war kaum noch erkennbar. Kristijan Jakic kämpft viel, aber verliert zu schnell den Überblick, um den freistehenden Mann anzuspielen. Er bleibt zu oft hängen. Makoto Hasebe ist der einzige, der das Auge hat, das Spiel zu lesen. Vorne ist kein Zielspieler, aber die Lücke ist ja bekannt. Gonçalo Paciência sehe ich da noch am ehesten, diese Lücke zu schließen. Mal sehen, ob er heute gegen Union Berlin spielen wird.“

Paul: „Ich habe eine brillante Idee: Wir geben Sam Lammers nach Leipzig und holen André Silva zurück. Wer ist dafür?“ (lacht)

Matthias: „Unterschreibe ich sofort!“

Paul: „Aber lasst uns mal analysieren, woran das liegt, dass so schnell diese Unsicherheit zum Vorschein kommt. Weil dann geht die Hektik los und es entstehen zu viele Fehlpässe. Jesper Lindström hat nicht die Ausdauer, 90 Minuten Power-Fußball zu spielen. Timothy Chandler ist so wie so nicht mehr der jüngste. Ich glaube, das ist mentale Instabilität, vielleicht durch die Unerfahrenheit. Da es die letzten Wochen eher abwärts ging, wurden die alle sehr verunsichert. Mental ist die Mannschaft noch labil und Union Berlin ist knallhart, die Jungs kämpfen bis zum Ende. Aber Glasner weiß genau, was er macht und an Lindström werden wir noch viel Freude haben.“

Marcel: „Vom Potenzial bringt er auch mehr mit als Jens Petter Hauge, glaube ich.“

Paul: „Hauge hat gegen Antwerpen nur verwaltet und gar nicht nach vorne gespielt. Aber wir halten fest: Lammers nach Leipzig. Das ist die Schlagzeile für heute!“

Marcel: „Hauge zeigt ab und zu ganz gute Ansätze, aber ihm fehlt es noch an der Dynamik.“

Paul: „Kurze Frage für die Runde: Wer ist der schnellste Spieler von Eintracht Frankfurt?“

Matthias: „Filip Kostic?“

Marcel: „Ja, würde ich auch sagen.“

Paul: „Ein guter Freund von mir meinte, es wäre Evan N’Dicka. Wenn ihr überlegt, wie schnell er nach vorne marschiert. Gott sei Dank spielt er in der Dreierkette wieder links hinter Kostic! Aber Lindström ist auch sehr schnell, doch Hauge eher nicht.“

These 3: Im Heimspiel gegen Union Berlin muss Glasner offensiv mit zwei Stürmern spielen, um endlich den ersten Heimsieg in der Bundesliga einzufahren. (Nur Bielefeld und Fürth stehen in der Heimtabelle hinter der SGE)

Matthias: „Gerade gegen ein so starkes Team wie Union Berlin, die sehr gut Pressing spielen, ist es vielleicht nicht schlecht wenn wir 3-4-3 spielen. Mit Paciência ganz vorne, Daichi Kamada und Rafael Borré etwas zurückgezogen als Doppelzehn anstatt mit Paciência und Lammers vorne, die sich nur gegenseitig den Platz wegnehmen, weil sie nicht eingespielt sind. Es ist einfach nicht die Zeit da, um das Team sich einspielen zu lassen. Die Laufwege passen noch nicht so, wie sie in der Phase der Saison hätten sein müssen. So sind vielleicht auch die Schwankungen zu erklären. Martin Hinteregger soll ja heute spielen, links N’Dicka, rechts Tuta. Er muss sich mehr konzentrieren und mehr defensiv denken. Und Djibril Sow soll nicht so häufig die Bälle verlieren, dann haben wir gute Chancen mit einem Stürmer gegen Union erfolgreich zu sein.“

Paul: „War das eine Bewerbung für Olis Job? Also ich gehe jede Wette ein, dass wir heute nicht mit zwei Stürmern spielen. Das wird nicht passieren. Zwei Zehner tun uns immer gut. Die Innenverteidigung ist für mich ohne Fragezeichen. Tuta hat Schwächen, aber er hat auch Stärken. Ein gutes Auge und ein Gefühl für den Ball zum Beispiel. N’Dicka ist gesetzt. In der Mitte Hinteregger oder Hasebe. Rechts ist Chandler vorne, links Kostic. Ich finde, die erste Mannschaft hat Oli entdeckt. Paciência statt Borré? Ich mag Gonco (Gonçalo Paciência, Anm. d. Red.) von der Mentalität. Darüber haben wir gar nicht gesprochen. Was für ein Weltklasse-Kopfballtor. Das letzte Mal, dass er so ein wichtiges Tor gemacht hat, war gegen Benfica Lissabon, als wir 1:4 hinten lagen. Das war das 2:4, dann haben wir zuhause 2:0 gewonnen und sind weitergekommen. Das hat das unvergessliche Spiel gegen Chelsea möglich gemacht, wo ich als weinender Fan auch Hinteregger in den Arm genommen habe. Das war ein wahnsinnig schöner Tag, wenn auch nicht ergebnistechnisch. Wir haben die Kernmannschaft entdeckt. Wenn Lindström auf der rechten Seite unterwegs ist, dann sind wir nicht mehr so linkslastig. Gegen Antwerpen hatte Kostic nicht den besten Tag. Wir müssen insgesamt balancierter sein. Uns fehlt ein Stürmer in der Box. Kostic haut die Flanken rein, auch nicht immer ganz präzise. Ich wäre als Mittelstürmer auch etwas überfordert. Du weißt nie genau, wo sie landen. Außer du heißt André Silva, der jetzt bekannterweise zurückkommt, weil Lammers nach Leipzig geht.“ (lacht)

Marcel: „Ich fand es interessant, was Matthias vorgeschlagen hat. Ich sehe prinzipiell Borré als spielenden Stürmer um einen Stoßstürmer herum. Leider haben wir nur Paciência, der dafür in Frage kommt. Ich würde mich wundern, wenn Paciência von Beginn an spielt, weil er aus vier Wochen Verletzungspause kommt und gegen Antwerpen nur wenige Minuten gespielt hat. Prinzipiell finde ich es eine interessante Variante, Paciência und Borré zusammen starten zu lassen. Je nachdem wie man es am Ende nennen mag: ob Borré und Kamada als Zehner und Paciência davor. Oder Borré und Paciência als Stürmer und Kamada dahinter. Dass Lammers und Ragnar Ache momentan für die Startelf kein Thema sind, da sind wir uns, glaube ich, alle einig.“

Paul: „Ich glaube, Glasner hat auch eine gute Bankstrategie gefunden. Er bringt Rode zehn, 15 Minuten. Er hat gelernt, wie man mit dem Kader umgeht. Er wechselt früher als Adi Hütter und bringt zwei, drei Spieler. Das funktioniert ganz gut. Der Oli (Oliver Glasner, Anm. d. Red.) ist ein super, smarter Trainer. Abhängig vom Spielstand wechsele ich den und den ein. Sow und Jakic sind im Mittelfeld gesetzt. Dazu Rode als Ergänzung. Wir hoffen, dass er wieder ganz fit wird. Es ist ein Puntk in unserer Entwicklung, dass Oli eine Strategie entwickelt hat, mit der Bank frische Kräfte zu bringen. Ich bin erleichtert, weil ich uns nicht mehr mit dem Abstieg zu tun sehe. Ich habe 2011 so drin. Einmal abgestiegen, ist der Verein kaputt.“

Matthias: „Das hoffe ich auch. Die Formkurve zeigt klar nach oben. Um nochmal auf Marcel zurückzukommen. Ich würde Paciência von Anfang an spielen lassen, soweit ihn die Kräfte tragen und dann Ache oder Lammers eine Chance geben. Dann steht es ja ohnehin schon 2:0 für uns. Dann können wir das Spiel mit 2:1 locker nach Hause bringen.“

Marcel: „Das klingt nach einem Plan.“

Paul: „Noch ein Punkt: Ich bin nicht überheblich, was den Abstiegskampf angeht. Wir müssen weiterhin punkten. Denn die anderen Teams unten drin punkten jetzt. Ich tippe auf ein 2:1 für die Eintracht heute. Ich kann nicht gegen die Eintracht tippen. Ich schaue das mit meinem Kumpel. Wenn er dabei ist, gewinnen wir immer.“

Matthias: „2:1 ist auch mein Tipp. 2:0 zur Halbzeit, dann kriegen wir leider noch ein Gegentor. Es wird langen für den ersten Heimsieg.“

Marcel: „Ich hätte mich da fast angeschlossen, sag aber mal 3:2. Ein bisschen mehr Torfestival.“

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5 Kommentare

  1. Mit Blick auf die Tabelle sage ich 3:0 😉 ist aber leider nur ein Bauchgefühl von mir, dieses hatte ich gegen Freiburg aber auch 🙂

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  2. @Weltenlenker.
    Hoffe dein Bauchgefühl behält recht. Union hatte am Donnerstag Reisestrapazen die uns erspart blieben. Wie auch immer ein Dreier wäre sehr wichtig, für Selbstvertrauen und Weiterentwicklung. Trotz allem ist Union ein unangehmer Gegner. Ich freue mich auf das Spiel und hoffe auch auf drei Punkte.

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