Fredi Bobic: Kaderplanungen komplett für die Tonne. (Bild: Heiko Rhode)

Die Corona-Pandemie hat unser aller Leben auf den Kopf gestellt. Auch das Fußball-Geschäft ist nicht mehr das, was es einmal war. Die kompletten Auswirkungen sind noch längst nicht abzusehen, genauso wann und in welcher Form wieder der Ball rollt. Wie also als Vorstand eines Fußball-Klubs mit der Situation umgehen? Wie den Kader für die nächste Saison planen, wenn nicht mal feststeht, ob und wann sie startet. Fredi Bobic hat einen Einblick zu diesen Herausforderungen gegeben. „Wir hatten schon vieles von dem vorbereitet, was wir für den Kader der nächsten Saison machen wollten“, sagt Bobic dem SPIEGEL, „aber das alles ist jetzt komplett für die Tonne.“

Bobic: „Das alles ist jetzt komplett für die Tonne“

Viele Fragen gilt es für den Sportvorstand zu klären: mit den Oldies Makoto Hasebe, Gelson Fernandes und Marco Russ verlängern oder lieber frisches Blut in den Kader? André Silva im Tausch gegen Ante Rebic fix an die Eintracht binden? Oder Filip Kostic für gutes Geld im Sommer verkaufen? Doch die Ungewissheit ist derzeit groß. Bobic geht angesichts dessen mit einer Doppel-Strategie zu Werke. Die erste Strategie geht davon aus, dass wenig Geld zum Einkaufen zur Verfügung steht, sobald der Transfermarkt öffnet. Bobics Hoffnung: „Auch die großen Klubs müssen sparen und ihre Ausgaben drosseln. So könnte man vielleicht einen tollen Spieler für wenig Geld bekommen.“ Die zweite Variante nennt Bobic einen „Schattenkader mit Spielern, die man gerne verpflichten würde“ – für den Fall, dass die Krise nicht so hart wie erwartet zu schlägt.

„In dieser Situation sind Managementqualitäten gefragt“, sagt er. Man könnte auch sagen: Fantasie. Dass Bobic mit Sportdirektor Bruno Hübner und Chefscout Ben Manga diese haben, haben sie etwa mit Transfers von Luka Jovic oder Sebastien Haller bewiesen. Doch wann das Transferfenster in diesem Sommer starten wird, steht noch in den Sternen. Die FIFA gab am Dienstagabend bekannt, dass man flexible Lösungen anstrebe, damit das betreffenden Transferfenster zwischen das Ende der alten Saison und den Beginn der neuen Saison verschoben werden kann. So oder so wird es eine nie dagewesene Situation auf dem Fußball-Transfermarkt.

 

„Ich versuche, alles auch als Chance wahrzunehmen“

Bobic schätzt, dass in Folge von Corona vor allem Leihgeschäfte noch populärer werden. Ein Modell, mit dem der Ex-Stürmer gerade zu Frankfurter Anfangszeiten beste Erfahrungen gesammelt hat. Tauschgeschäfte, wie die SGE eines mit André Silva und Ante Rebic mit dem AC Milan ausgehandelt hatte, seien dagegen schwierig, so Bobic. Jeder Transfer brauche einen buchhalterischen Wert, der in diesem Fall fehle, erklärt der Eintracht-Boss im SPIEGEL-Interview. Ein weiteres Corona-Phänomen dürfte die  ad absurdum führen von Ausstiegsklauseln sein. „Sie sind jetzt vielerorts ein Muster ohne Wert“, sagt Bobic. „Die Summen, die dort aufgeführt sind, werden wohl vorerst nicht mehr geboten werden. Vereine werden jetzt bereit sein zu verhandeln.“ Zumal viele Vereine – Berichten zufolge droht 13 von 36 Bundesligisten die Insolvenz bei Saisonabbruch – sparen müssen. Das könnte Konsequenzen auch für manchen Spieler haben. „Es wird wohl auch viele arbeitslose Spieler in der Branche geben“, glaubt Bobic. Denn die Vereine müssten Personalkosten sparen. Auch Mega-Deals mit Ablösesummen von 100 Millionen Euro, wie etwa ein möglicher Wechsel von Kai Havertz von Leverkusen oder Leroy Sané zu den Bayern, dürften laut Bobic erstmal nicht stattfinden. „Entweder die Spieler kommen für einen geringeren Preis, oder die Transfers werden in den Winter vertagt“, glaubt Bobic. Schwierige Aufgaben, aber auch spannende Herausforderungen für den Eintracht-Macher. Er will sie positiv angehen. „Ich versuche, alles auch als Chance wahrzunehmen„, sagt er.

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8 Kommentare

  1. Klingt nach der ein oder anderen Chance auf dem Transfermarkt. Da wir im Gegensatz zu vielen anderen gut gewirtschaftet haben, könnten wir davon profitieren.

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  2. Ich denke auch, dass wir unterm Strich weniger absacken werden als die meisten anderen. Einfach unser Glück. Erstens ist unsere Infrastruktur gut und eine weitere Verbesserung bereits angeschoben. Zweitens haben wir keinen Kader mit zu extremen Gehältern und auch nicht großartig Hoch-Risikostranfers abgeschlossen. Ein Nachteil kann sein, dass wir für Kostic nicht mehr 50 Millionen bekommen werden, sondern nur noch 25 Millionen. Aber auch diese Summen sind geraten. Dafür wird Kostic von anderen Verinen nicht mehr mit Unsummen an Gehalt gelockt werden können, da bleiben wir vielleicht interessanter; vielleicht bleibt er so ne Saison länger. Außerdem kommen Ragnar Ache zu uns und zwar sicher. Ist ja bereits in trockenen Tüchern. Joveljic und andere Leihspieler kommen zurück und können helfen, wenn wir bei der Gehaltsstruktur sparen müssen. Wenn anderen Verinen das in größerem Maße passiert, werden sie Jugendspieler einsetzen müssen. Also ich finde im Gesamtkonstrukt bin ich recht positiv gestimmt. Und ein bisschen Phantasie noch dazu und wir überstehen den Umständen entsprechend gut.

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  3. Da wir erst beim 26. Spieltag sind und nur 6 Punkte entfernt zum Relegationsplatz auf Platz 12 „gastieren“, ist es derzeit ohnehin schwierig großartige Planspiele zu realisieren.
    Es wird spannend bleiben wo uns diese Ausnahmesituation hinbringt…..
    Ich hoffe, nicht ins Tal der Tränen, aber auch dafür sollte man gerüstet sein, denn irgendwann werden auch wieder Entscheidungen generiert.
    Sei es am „grünen Tisch“ oder auf dem grünen Rasen.

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  4. @G Block: Ja, wir haben da ein Restrisiko. Allerdings sehe ich es nicht als große Gefahr ( aber auch dafür haben sie sicher einen Plan in der Schublade).

    Mit Ache, Tuta und Joveljic kommen schon mal drei. Da werden sich die Verantwortlichen ansehen, ob sie uns jetzt schon Weiterhelfen. Bei Kostic könnte die Situation uns helfen und er noch ein Jahr bleiben. Den Rest werden wir sehen.

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  5. @joe:
    Genau in die Sphären sollten wir aber auch blicken und zwar ganz nüchtern und sachlich, denn vor einem „worst case“ sind wir nicht gefeit.
    Mit anderen derartigen aktuellen Auswüchsen hat offensichtlich auch kaum einer gerechnet und jetzt betreibt man Schadensbegrenzung.

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  6. Wie schon geschrieben, werden sie auch das im Blick haben. Keiner will überrascht werden, wenn es eng wird. Ebenso brauchen wir aber auch für andere Situationen einen Plan.

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  7. Das stimmt natürlich und ja, tendenziell sehe ich uns auch 20/21 in der Bundesliga spielen.
    Mein Einwand bezog sich auf den Zeitpunkt (jetzt und hier) den exaktere Planungen zumindest in unserer Situation mit etlichen Fragezeichen behaftet, fast schon utopisch machen lassen.
    Bei RB, Bayern, Bayer und dem BvB beispielsweise, sieht die Situation selbstverständlich deutlich luxeriöser aus.

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