Nicht wenige, die es mit der Frankfurter Eintracht halten, hatten Sorgenfalten im Gesicht, als sich Kapitän Kevin Trapp gegen Ende der ersten Halbzeit gegen den VfL Wolfsburg schmerzverzerrt den Oberschenkel hielt. Spätestens seit dem gestrigen Sonntag ist auch klar, dass die Auswechslung des 34-Jährigen keine reine Vorsichtsmaßnahme war. Trapp hat sich eine Muskelverletzung zugezogen und wird für einige Spiele pausieren müssen.
Das Eintracht-Tor wird in der Zwischenzeit der talentierte Kauã Santos hüten. Wir blicken einmal auf diese Personalie. Was sind Chancen, was Risiken, mit denen die SGE jetzt zwangsläufig konfrontiert ist?
Größter Torwart der Bundesliga
Selbstredend kann Santos nicht die Erfahrung haben, die Trapp in mittlerweile 351 Spielen für die Hessen gesammelt hat. Das ist auch ein nicht zu unterschätzender Faktor, da das Torwartspiel viel mit Antizipation und Einschätzungsvermögen zu tun hat. Was Santos aber hat, ist eine Körpergröße von 196 Zentimetern. In der Bundesliga ist kein Torhüter größer gewachsen. Der junge Brasilianer überragt Trapp sogar um ganze sieben Zentimeter und bringt dabei eine überraschend gute fußballerische Technik mit. Gerade im Aufbauspiel wusste Santos gegen die “Wölfe” zu überzeugen. Kluge und präzise Pässe und Abwürfe des Torwarts überspielten häufig die gegnerischen Angreifer und kamen mit genug Schärfe beim Mitspieler an, um diese direkt weiterleiten zu können. Einige der Zuspiele von Santos waren freilich nicht ohne Risiko, aber der in Vassouras geborene Keeper blieb dabei fehlerfrei und machte das Spiel schnell – ein nicht zu unterschätzender Faktor, wenn man blitzschnelle Stürmer wie Omar Marmoush und Hugo Ekitiké im Spiel hat. Weder Körpergröße noch Technik konnten ihm allerdings gegen den Schuss von Ridle Baku helfen, der zum zwischenzeitlichen 1:1-Ausgleich einnetzte. Hier war Santos tatsächlich vollkommen chancenlos. Neben dieser Aktion verteidigte der Schlussmann aber alles weg, was in seine Nähe kam. Bei hohen Hereingaben pflückte er das Spielgerät gekonnt aus der Luft und auch bei den wenigen Torschüssen der Wolfsburger blieb er souverän.
Cheftrainer Dino Toppmöller zeigte sich nach der Partie sehr angetan von der Leistung seines Ersatztorwarts: “Er ist ein Torwart, der sehr mutig agiert. Er hat der Mannschaft heute sehr geholfen.” Beim Stichwort “Mut” meinte der Trainer neben den guten, aber nicht risikofreien Aufbaupässen sicher auch die Aktion, als er außerhalb des Strafraums den Ball mit der Brust abfing und somit entschärfte. Santos selbst zeigte sich auf seinem “X”-Account nach dem Spiel äußerst erfreut über sein Debüt: “Erster Sieg in meinem Bundesliga-Debüt, ich bin Gott und allen Beteiligten dankbar, dass ich das erleben durfte. Vielen Dank Eintracht!”
Wird den Konkurrenzkampf beleben
Santos bringt alles mit, was ein guter Torhüter braucht. Eingeplant war er sicherlich als langsam heranreifende Nummer 2 hinter Kevin Trapp, der sicherlich noch die eine oder andere Saison in sich hat. Aktuell muss Santos sein Können aber schon unter Beweis stellen und den Routinier im Tor ersetzen. Wie lange diese Situation anhalten wird, ist derzeit noch nicht genau absehbar. Sehr wahrscheinlich wird auch in der Europa League zunächst Santos auflaufen.
Für die Eintracht kann sich diese eigentlich missliche Situation sogar zu etwas Positivem gestalten: Zuletzt hatte Trapp gerade im Spielaufbau immer wieder Schlitzer drin und auch die letzte Saison war für Trapp vergleichsweise eher Eine zum Vergessen. Vielleicht kann Santos ja tatsächlich den Konkurrenzkampf noch einmal richtig anheizen, um die Leistungen im Tor allgemein zu verbessern. Sollte er seine Sache weiterhin gut machen – wer weiß: Leverkusen-Trainer Xabi Alonso ließ in der vergangenen Saison Ersatz-Keeper Matej Kovar in den Turnierwettbewerben auflaufen und Stammtorhüter und Ex-Adler Lukas Hradecky in der Bundesliga. Womöglich könnte das auch ein Modell für die Eintracht werden. Das ist nach 45 Minuten Einsatzzeit aber freilich nicht mehr als Spekulation.
11 Kommentare
Wie habt ihr die Leistung von Santos gesehen? Überwiegen bei euch Sorgenfalten oder Entspannung in der aktuellen Torhüter-Situation?
Schlimme Neuigkeiten zum Tode von Helge Rasche. Laut ****+ war es Selbstmord, dies nach einer Anzeige wegen dem Versand von Nacktbildern an einem Spieler eines anderen Vereins.
Keine Ahnung, ob das stimmt, jedenfalls unschöne Nachrichten.
Freiburg macht es mit Atubolu sehr erfolgreich vor und ich bin sicher, Santos kann in der BuLi bestehen, auch wenn er bestimmt ein paar Fehler aufgrund seines jungen Alters und mangels Erfahrung machen wird (siehe Atubolu). Wichtig wird sein, dass die Defensive weiterhin gut steht und er rasch Selbstvertrauen tanken kann.
Wir sollten ihn alle unterstützen, auch und gerade wenn er vielleicht mal nicht so gut aussieht, aber da habe ich im Waldstadion keine Sorgen bei unseren Fans!
Ich sehe es auch so. Santos wird noch seine Fehler machen. Alles andere wäre nicht normal in diesem Alter. Wichtig wird sein, dass er dadurch nicht unsicher wird. Er hat Talent und ich traue es ihm auf jeden Fall zu, dass er auf Dauer unsere Nummer 1 werden kann. Die kommenden Spiele werden ihm auf seinem Weg gut tun. Aber Trapp sollte man nicht abschreiben, auch wenn sein Körper seit letzter Saison nicht mehr so mitspielt.
Netter Buchstabenfehler:
...hatte Trapp gerade im Spielaufbau immer wieder Schlitzer...
Kevin the ripper :-)
Spaß beiseite: Ich wünsche Kevin eine schnelle Genesung und Kaua gute Leistungen in den nächsten Wochen. Ich bin überzeugt, dass er sich beweisen und perspektivisch ein sehr guter Nachfolger für die Nummer 1 wird.
Erstmal war ich sehr nervös. Aber Kaua strahlt echt ne kraftvolle Ruhe aus. Technik und Strafraumbeherrschung sind schon sehr gut, wirklich gefordert wurde er gegen Wolfsgurg aber eigentlich nicht. Mal schauen wie es weitergeht, die Eintracht wird sich auch was dabei gedacht haben ihn zur Nr. 2 zu machen. Und wenn er das gut hinbekommt, fände ich es angemessen ihm auch Spielzeit zukommen zu lassen, in welcher Form auch immer. Bei Kevin weiss man nicht wirklich wie lange er ausfällt, aus 3-4 Wochen werden auch schon mal 5-6 Wochen...Kevin bleibt trotzdem mein Held für immer.
Ich bin auch optimistisch, dass er gute Leistungen zeigen wird und man mit ihm einen guten Nachfolger für Trapp hat.
Interessant ist in meinen Augen vor allem, ob seine Stärke, die Größe, nicht auch eine Schwäche darstellt. Große Torhüter haben mitunter das Problem, dass sie bei flachen Schüssen nicht schnell genug unten sind.
Hier wird dann entscheidend sein, wie flink er ist und ob er eine gute Fußabwehr hat.
Also Santos, viel Erfolg und Kevin, gute Besserung!
Wie die meisten hier bin ich entspannt, was die Torwartposition angeht. Natürlich ist Kaua Santos jung und hat nicht viel Erfahrung. Aber manche hier wollten ihn schon vor der Saison zur Nr 1 machen oder haben das überlegt. Auf der anderen Seite hat Trapp seinen Zenit ziemlich sicher hinter sich und man sieht, daß er auch nicht mehr der Schnellste ist. Trotzdem weiß man natürlich was man an ihm hat. Und vielleicht kommt er ja sogar stärker zurück. Insofern ist Kaua Sontos, vielleicht eher ein bißchen wie eine Wundertüte. Aber seltsamerweise ist mir vor dieser Wundertüte nicht bange. Warum das so ist, weiß ich selbst nicht.
Ja, interessanter Einwand.
Häufig fehlt einem Torwart eine Handbreit, um noch an einen Ball ranzukommen. Da hat Santos sicherlich große Vorteile. Ich würde aber behaupten, dass mehr Bälle flach aufs Tor kommen (weil sicherer im Abschluss), als unhaltbar und wunderschön ins Eck. Insofern hast du natürlich nicht Unrecht und er wird diese Fähigkeit in den kommenden Wochen unter Beweis stellen müssen!
Ich werfe dazu mal ein:
Courtois 1,99 oder 2,00 je nach Quelle
Casteels 1,97
Donnaruma 1,96
Szczesny 1,96
Neuer 1,93
Alisson 1,93
Da sind wohl ein paar dabei, die jeden überzeugen sollten, dass 1,96 eine prima Körpergröße für einen Torwart ist. Lass mal überlegen, aber ich glaube, die können alle auch flache Schüsse halten.
Natürlich ist das kein Ausschlusskriterium.
Und natürlich gibt es große Torhüter, die herausragend flache Bälle halten können. Die können das eben trotz ihrer Größe weil sie entweder so schnell unten sind (Courtois) oder eine herausragende Beinabwehr haben (Neuer) oder sogar beides.
Gleichzeitig gibt es ja auch "kleine" Torhüter (also 1,80 - 1,85), die jeden Ball aus der Ecke kratzen, wie Casillas, Zoff oder Maier.
Die besten sind eben die besten, weil sie in keinem oder kaum einem Bereich Schwächen haben.
Und bei Santos bin ich eben gespannt, ob er das auch so gut drauf hat. Die Geschwindigkeit und Präzision bei Torschüssen ist ja in der Bundesliga noch mal eine andere als in der Regionalliga, wo er bisher eingesetzt wurde.
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