Die Einführung des Video-Schiedsrichters soll auch Diskussionen auf dem Feld unterbinden.
Die Einführung des Video-Schiedsrichters soll auch Diskussionen auf dem Feld unterbinden.

Die nächste Revolution im Fußball nimmt konkrete Formen an. Am Montag haben die Regelhüter vom Deutschen Fußball-Bund und der Deutschen Fußball Liga die Rahmenbedingungen für den Video-Assistenten in den Katakomben Waldstadions vorgestellt. DFB-Vizepräsident Ronny Zimmermann umriss das Ziel konkret: „Wir wollen klare Fehlentscheidungen aus dem Spiel nehmen!“ Die bisherige Testphase habe bewiesen, dass 33 der insgesamt 44 klaren Fehlentscheidungen „durch den Video-Assistenten hätten aufgeklärt werden können.“ Aktuell wird das System „Offline“ ausprobiert, ab der kommenden Spielzeit soll es dann offiziell eingeführt werden. Die Kosten belaufen sich dabei auf einen siebenstelligen Betrag.

Nach Vorgaben der FIFA-Regelhüter – dem „International Football Association Board“ (kurz: IFAB) – sind ab der Saison 2017/18 vier Situationen durch den Videoschiedsrichter aufklärbar:

1.) Tor
2.) Feldverweis (nicht Gelb-Rot)
3.) Elfmeter
4.) Spielerverwechslungen bei Gelben und Roten Karten

Die Entscheidung darüber, ob die Technologie flächendeckend endgültig eingeführt wird, will das IFAB im März 2018 noch vor Beginn der Weltmeisterschaft in Russland klären. „Über allem steht die Frage, ob die Entscheidung des Schiedsrichters klar falsch ist. Nur dann kann der Video-Assistent eingreifen“, erklärt Projektleiter und Ex-FIFA-Schiedsrichter Hellmut Krug und führte aus: „Wir müssen also größtmögliche Einheitlichkeit erreichen. Derzeit brauchen wir zumeist zwischen zehn und 40 Sekunden, um der Sache auf den Grund zu gehen. Wir sind mit diesem Stand sehr zufrieden.“

Die kommenden Videoschiedsrichter werden seit Beginn der aktuell laufenden Spielzeit in Köln geschult. Das Videozentrum soll dann auch für alle 306 Partien in der Domstadt bleiben. Auch im Stadion wird es mit Blick auf die Abläufe vier Neuerungen geben:

1. Der Vierte Offizielle wird durch eine Bildschirm-Geste zu erkennen geben, dass eine Szene überprüft wird.
2. Am Spielfeldrand wird es einen Bereich geben, in dem sich der Schiedsrichter die strittige Szene im Zweifel auch selbst noch einmal auf einem Bildschirm anschauen kann.
3. Um Protesten der Profis vorzubeugen, wird es sehr schnell Verwarnungen geben, wenn Spieler eine Video-Überprüfung einfordern.
4. Der Schiedsrichter kann auch selbst eine Überprüfung einfordern.

DFL-Boss Christian Seifert forderte die Unparteiischen auf, den Umgang mit der Technik bis Sommer perfekt zu beherrschen. Die Umsetzung des Videobeweises sei ein ganz wichtiger Baustein dafür, dem Anspruch der Bundesliga gerecht zu werden. Und dieser lautet unumwunden: „Wir müssen die besten Schiedsrichter der Welt haben.“

Die Meinung des Autors Christopher Michel: Gut, dass der Video-Schiedsrichter endlich kommt!
Die Meinung des Autors Christopher Michel: Gut, dass der Video-Schiedsrichter endlich kommt!

Kommentar: Endlich…!

Die Einführung des Video-Assistenten kann nur mit einem Wort bewertet werden: Endlich…! 33 von 44 gravierenden Fehlentscheidungen hätten vermieden werden können. Statt im Schnitt 2,6 Fehlentscheidungen pro Spieltag, wären es nur deren 0,6 gewesen – sprich: zwei Fehler weniger, die über Sieg, Niederlage und womöglich zum Schluss auch über Meisterschaft, Europapokalplätze und Abstiege entscheiden können.

Es wird freilich dauern, bis die Technik auch den letzten Zweifler überzeugt hat. Damit dies passiert, sind nun die Schiedsrichter und deren Lehrer gefragt: Sie müssen bestens geschult und auf möglichst viele Szenarien vorbereitet werden. Die Rahmen müssen klar umfasst werden, Kommunikation und Transparenz sind weitere wichtige Stichworte in diesem Zusammenhang. Es wird zu Beginn womöglich noch Fehlentscheidungen und unklare Situationen geben. Wer denkt, dass zukünftig jeder kleine Faller im Mittelfeld zurückgepfiffen wird, der sieht sich getäuscht. Auch bleiben noch Fragen offen, wie die Spielunterbrechungen aussehen oder wann der Hauptschiedsrichter rausgeht, um auf den Bildschirm zu gucken.

Trotz einiger Unklarheiten, die es logischerweise noch gibt, ist der Schritt eindeutig der richtige. Es geht um das große Ganze – darum, den Fußball so fehlerfrei wie möglich zu gestalten und die ewigen Diskussionen rund um die Schiedsrichter verstummen zu lassen. „Verändert mir doch den Sport nicht zu sehr“ ist dabei ein gerne genanntes Argument der Gegner. Aber: Sinnvolle Regeländerungen – wie etwa die Rückpassregel, die Drei-Punkte-Regel, die Genehmigung von drei Auswechselspielern oder die erst zuletzt erfolgte Einführung der Torlinientechnologie – haben sich auf Dauer immer durchgesetzt. Es ist nicht zu erwarten, dass dies in diesem Falle anders wäre.

- Werbung -

12 Kommentare

  1. Ich sehe es ebenfalls positiv und als kleine „Revolution“ in der Geschichte des Fußballs.
    Es sollte jedoch auch mit Einführung dieser Neuerung und Anpassung an die Moderne, immer der Unparteiische noch das letzte Wort haben dürfen und durchaus in bestimmten Situationen nach dem Opportunitätsprinzip entscheiden dürfen.
    Es ist auch insofern gut, dass diese schon seit langem diskutierte Technik nun erst Anwendung findet, denn nun darf man wohl auch getrost davon ausgehen, dass die Technik und das Konzept fehler-und einwandfrei funktioniert.

    0
    0
  2. Erinnert sich noch jemand daran, dass es sich beim Fußball ursprünglich um ein Spiel handelte? Ein Spiel, bei dem es sich vor allem um den Sport, die Spannung und die Emotionen ging? Dieses Spiel lebte von der Ästhetik, von der Ungewissheit und von der Fehlbarkeit der Beteiligten. Mittlerweile hat die Kommerzialisierung des Fußballs alle Bereiche durchdrungen und die eigentlichen Triebkräfte des Fußballs stören dabei nur noch. Bald unterliegt jeder Moment des Spiels der Kameraüberwachung, jede Abseitsstellung wird millimetergenau in digitale Bilder übertragen, Dutzende von Ober-, Über- und Kontrollschiedsrichter werden über strittige Entscheidungen beraten. Vor allem die „Werbepartner“ werden sich freuen, da in den Unterbrechungspausen weitere Spots gesendet werden können. Ich finde diese Entwicklung schrecklich. Im Übrigen gibt es viele unklare Punkte: Was passiert, wenn der Video-Beweis falsch ist? Was ist bei spielentscheidenden Szenen, die nicht unter die genannten Ausnahmen fallen? Was ist mit vorgelagerten Szenen, die möglicherweise ein Tor, einen Platzverweis erst ermöglichten? Wie viele Unterbrechungen verträgt so ein Spiel? Wenn man den Fußball kaputt machen will, dann richtig: kompletter Verzicht auf den Schiedsrichter, Steuerung durch eine Überwachungszentrale. Vielleicht kann man dann auch noch auf die Zuschauer und irgendwann auf die Spieler verzichten. Schöne neue Welt.

    0
    0
  3. @Cola: Der Videobeweis dient zunächst einmal dazu, dass eine Vielzahl an Fehlentscheidungen endlich vermieden werden kann – was voll im Sinne des Sports ist! Ich kann mit Fehlern von Spielern und Trainern leben, nicht aber mit denen von Schiedsrichtern. Dadurch kommen unnötige Emotionen aufs Feld, die eventuell mit einem Schlag weggewischt werden können. Die Referees können sich endlich wieder auf sich und ihre Leistung konzentrieren und haben dahinter noch eine Instanz, die für Klarheit sorgen kann.

    Es wird Grauzonen geben, weshalb ja auch klar gemacht wird, das nicht alle Entscheidungen richtiggestellt werden können. Doch ich bin mir sicher, dass sich hier womöglich einige gefreut hätten, wenn dies im Falle Abraham gegen Hoffenheim hätte passieren können und das Spiel dann mit 10 gegen 11, was regelkonform und richtig gewesen wäre, fortgesetzt hätte werden müssen.

    Wie viele Unterbrechungen verträgt ein Spiel? Nun ja, gegen Hoffenheim hat keiner das Stadion frühzeitig verlassen, obwohl es ab Minute 30 nur noch Unterbrechungen bei einer gefühlten Nettospielzeit von 10 Minuten gab… Wenn da mit dem Videobeweis einmal aufgeräumt worden wäre (Rot für Abraham, möglicherweise Elfmeter für die SGE + den Schiri von außen wieder in die Spur lenken), dann hätte man womöglich ein schöneres Fußballspiel gehabt. Oder bei Werners Schwalbe zwischen Leipzig und Schalke, die locker zwei Minuten Diskussionen nach sich zog.

    Und wenn durch eine millimetergenau Steuerung auch das Abseits optimiert werden kann – wunderbar!! Der Sport bietet so viel Diskussionsstoff (Sky90 beispielsweise hat am Sonntag wunderbar 90 Minuten diskutiert, ohne das auch nur überhaupt einmal ein Name eines Schiedsrichters fiel) – und es wäre toll, wenn wir vielleicht in 3-4 Jahren NIE wieder über Schiedsrichter diskutieren müssten, dadurch eine große Ausrede für Profis und Funktionäre rausfiele und wir uns einfach nur noch wirklich dem Fußball widmen könnten!

    0
    0
  4. Sorry, Christopher: Ich kann auch mit Fehlern von Schiedsrichtern leben und ärgere mich mehr über die Fehler der hochbezahlten Spieler und Trainer als über die der Unparteiischen. Es ist ein Trugschluss zu glauben, es gebe hundertprozentige Sicherheit und man könne Fußball zum sterilen Kommerzprodukt „weiterentwickeln“, ohne dass sich der Charakter nicht ändert. Wenn Du schreibst, es kommen „unnötige Emotionen“ auf, dann hast Du den Nagel auf den Kopf getroffen. Aber: Fußball lebt von Emotionen – es gibt keine guten und richtigen, nötigen und unnötigen Emotionen. Die FIFA und andere Totengräber des Fußballs wollen allerdings die Emotionen aus dem Spiel herausnehmen, auf und außerhalb des Platzes. Im Hinblick auf das Hoffenheim-Spiel bin ich mir auch nicht sicher, ob wir bei einem Videobeweis ein besseres Spiel gesehen hätten. Im Übrigen: Es liegt doch an uns, ob wir ständig über Schiedsrichter diskutieren. Früher waren die Schiedsrichterleistungen eher schlechter als heute, nur haben die Medien nicht ständig diese Hetze betrieben.

    0
    0
  5. Gute Sache und höchste Zeit. Was ich nicht verstehe, ist, warum man so viel Zeit und Geld für die Torlinientechnik verschwendet hat und dies 2 Jahre vor dem Videoschiedsrichter einführt. Das ist ne Stange an Geld die man damit rausgeworfen hat. Gerade die Entscheidung Tor oder nicht Tor ist doch wie gemacht für den Video-Schiedsrichter.

    0
    0
  6. @Cola: Wer redet auch hundertprozentiger Sicherheit? Es wird doch weiterhin die Grauzonen geben, in denen dann die Emotionen überkochen können. Mir ist das Argument mit den Emotionen zu schwach – ich finde – um es mal zugespitzt auszudrücken – das diejenigen, die sich gg den Videobeweis aussprechen, kein Interesse daran haben, einen so fair wie möglich geführten Sport zu erleben. Ich bin daran interessiert, dass Entscheidungen über Titel oder Abstiege – die vielen Menschen die Arbeitsplätze kosten können – so sauber wie möglich gefällt werden und sehe im Videobeweis daher viwl mehr Vor- als Nachteile (hier bin ich noch immer auf der Suche nach einem richtigen…)

    0
    0
  7. Bin da ganz mit Cola@. Für mich gehören Fehlentscheidungen zum emotionalen Teil des Fussballs dazu.
    Und wie oft passiert es wenn man das Video aus 3 Richtungen sieht, dass es 3 Ansichten gibt. Und wenn ich sehe, dass weder Sky noch die öffentlich rechtlichen Fernsehsender Pyro-Verfehlungen der Bayern zeigen, ist es für mich nur eine Frage der Zeit bis sie die Video-Schiedsentscheidungen auch sich auf die Seite der Bayern schlagen (klingt weit hergeholt? Katar hat auch die WM bekommen, wahr auch nicht vorstellbar). Wer entscheidet dann, ob den spektakulären Flugeinlagen eines Robbens eine leichte unbedeutende Berührung vorausgegangen ist, oder ob die Berührung tatsächlich so heftig war, dass sie geahndet werden muss. Wenn es Video Beweise gibt, dann die Macht der Bayern. Ein Video kann dies nämlich auch nicht klären. Da mag ich doch lieber die sofortigen Entscheidungen unserer Referies.

    0
    0
  8. @Charly: Der Unterschied imA bei der Diskussion der Unterschied zwischen den emotionalen Argumenten und den Fakten. Und sollte es möglich sein, 33 von 44 Fehlentscheidungen zu revidieren, dann haben doch fast alle gewonnen, oder? 🙂

    0
    0
  9. Christopher, reib Dich an dem Thema nicht auf. Ich bin in der Argumentation bei Dir. Die Videogeschichte kommt.! Ob es allen passt oder nicht.
    Da nichts von einer Pilotprojektphase geschrieben wurde, wird diese Regelung auch nicht wie eine Eintagsfliege wieder verschwinden…..Auch der Fußball entwickelt sich eben weiter und ist nicht auf dem Stand von 1899 stehen geblieben.

    0
    0
  10. Wenn es bei den oben 4 genannten Punkten bleibt kann ich mit dem Video-Beweis leben. Und es sollte ganz eindeutig sein, das die Entscheidung des Schiedsrichters „voll“ daneben lag. Wie gesagt, oft hab ich schon später im Fernsehen Blickwinkel gezeigt bekommen, die von meinem Platz im Stadion anders aussahen. Und genau dieser Blickwinkel wurde nicht gezeigt und hätte eine andere Interpretation einer Spielszene zugelassen. Den ‚Glauben‘ an einen allselig machenden Videobeweis habe ich nicht. Aber gebe ja zu in 80% der Fälle wird der Videobeweis sicherlich Klarheit bringen.

    0
    0
  11. @G-Block: Die Diskussion hatte zum Glück noch nichts mit aufreiben zu tun :-). Alles im Rahmen.

    @Charly: Das unterschreibe ich so. Den „Glauben“ an eine 100-Prozentige Fehlerfreiheit habe ich auch nicht. Aber 44 Fehlentscheidung an 17 Spieltagen finde ich definitiv zu viel, um mit dem Verweis darauf, dass Fehlentscheidungen doch irgendwie emotional dazugehören, konform gehen zu können. 🙂

    VG

    0
    0
  12. @ColaRienzi: Deine Bemerkung >Es ist ein Trugschluss zu glauben, es gebe hundertprozentige Sicherheit< Da hast du recht. Allerdings steht im Artikel ja auch 33 von 44 Entscheidungen. Ist doch klar wo Menschen agieren wird es nie 100% geben aber die Fehlentscheidungen zu minnimieren kann doch nicht falsch sein.Lassen wirs mal auf uns zukommen. Ändern können wirs warscheinlich eh nicht und wenns gelingt warum nicht.

    0
    0

Keine Kommentare mehr möglich.

- Werbung -