Den Bayern-Gerüchten erteilte Niko Kovac eine Absage. Der Eintracht-Coach wird wohl auch in der kommenden Saison bei den Hessen an der Seitenlinie stehen.

Eintrachts Trainer Niko Kovac ist nicht nur Fußballlehrer. Er ist ein Mensch, der immer wieder über den eigenen Tellerrand hinausschaut und auch gesellschaftliche Themen anspricht. Die aktuellen Entwicklung im und um den Fußball herum sieht er durchaus kritisch und zur Beruhigung vieler SGE-Anhänger äußerte er sich auch zu seiner eigenen Zukunft.

Kovac kritisiert Streik-Profis – Angst vor anarchischen Verhältnissen

Ousmane Dembele, Pierre-Emerick Aubameyang – die zwei prominentesten Beispiele in der deutschen Eliteliga, wenn es darum geht einen Vereinswechsel um jeden Preis durchzusetzen. Die Eintracht erstickte einen solchen Prozess womöglich im Keim, als man Szabolcz Huszti vergangenes Jahr zurück nach China transferierte. Sicher. Der damals 33-Jährige stand nicht so im Fokus wie die Spieler des BVBs, aber im Nachhinein merkte man in Frankfurt, wie wichtig der Ungarn für die Stabilität war. Und sicher ist es auch reine Spekulation, inwieweit der Mittelfeldspieler „Stunk“ gemacht hätte, aber Kovac reagierte damals, wie so oft, menschlich: „Er ist 33 Jahre alt und wird nicht mehr allzu lange spielen. Als Trainer stehen sie vor der Frage: Wollen sie ihn behalten, weil er sportlich sehr wichtig ist? Oder wollen sie als Mensch handeln und ihm sagen, du hast noch ein, maximal zwei Jahre und kannst in China gutes Geld verdienen?“ Man habe letzteres getan und dem Spieler auch Dank und Respekt für die gezeigten Leistungen entgegengebracht und ihm die Chance ermöglicht. Wohlwissend, dass ein „Nein“ auch mögliche Auswirkungen auf die Leistungen gehabt hätte. Huszti allerdings stellte die Verantwortlichen auch nicht vor der Wahl.

Anders verhält es sich derzeit bei anderen Fußballern. Kovac sieht dort im Gespräch mit dem „kicker“ Tendenzen, die ihm sehr aufstoßen: „Es ist ein Unding, dass du als Klub und Trainer inzwischen ausgeliefert bist. Wo endet das denn? In Anarchie.“ Entsprechend richtet der 46-Jährige einen Appell an Gesellschaft und Medien: „Wo ist da das Gerechtigkeitsempfinden?“ In der Folge würden die Profis zum Training kommen und gehen wann sie wollen. Zur Profizeit des Coaches hätte es solch ein Verhalten nicht gegeben, da habe der Verein noch den Respekt der Spieler innegehabt. „Diese Entwicklung ist höchst bedenklich. Wo gibt es denn sowas? Wo ist die Verantwortung geblieben?“ Ein Vertrag sei mittlerweile nichts mehr wert. Er selbst habe zu seiner Hamburger Zeit schon ein Jahr vor dem Wechsel zum FC Bayern, die Möglichkeit eines Wechsels zum Rekordmeister gehabt: „Die HSV-Verantwortlichen sagten aber Nein. Ich habe nicht geschmollt und bin erst eine Saison später hingegangen.“

Gründe für das internationale Abschneiden – Kampfansage gegen Rassismus

Das große Geld lockte auch schon damals. Die Dimensionen, die der kommerzialisierte Fußball mittlerweile aber angenommen hat, sind aber ganz andere. Das wiederum beziehe sich laut Kovac auf die gesamte Gesellschaft: „Das betrifft nicht nur den Fußball. Wir müssen doch bloß an die Börse schauen.“ Die Klubs verlieren so immer mehr auch die Handhabe: „Aber was soll man machen?“ Eine Entwicklung, die in der Bundesliga zwar noch nicht endgültig angekommen ist, aber dennoch Auswirkungen hat. „Alles steht und fällt mit dem Geld. Es liegt auf der Hand, warum die internationalen Top-Stars in England oder Spanien spielen.“ Dort gebe es eben das meiste Geld. Die besten Spieler bekomme man nur nach Deutschland, wenn dort auch entsprechend bezahlt werde: „Da muss man das Kind schon beim Namen nennen.“ Das schlechte Abschneiden der Bundesliga-Klubs insbesondere in der Europa League sieht Kovac nicht allzu kritisch: „In der Bundesliga muss man Woche für Woche hart arbeiten. Unter der Woche bekommt man dann noch einen motivierten Gegner aus dem Ost-Block.“ Für den Kroaten ein schwieriger Spagat, den die dortigen Klubs besser meistern können, weil sie in den eigenen Ligen nicht so stark gefordert werden.

Gefordert wird auch Kovacs Geduld in anderen Themenbereichen. Wenn es um das Thema Rassismus geht, wird es auch beim gebürtigen Berliner emotional: „Diejenigen, die sich so äußern, muss ich fragen: Wurdet ihr schon mal rassistisch beleidigt?“ Diese Menschen könnten eine solche Situation schlichtweg nicht nachvollziehen: „Wenn ich Ihnen eine runterhaue, geht der Schmerz vorüber. Aber Beleidigungen und Diskriminierungen hinterlassen riesige Narben auf dem Herzen, die sie nie wieder loswerden.“ Für seinen Leader Kevin-Prince Boateng hat er nur Lob übrig in dieser Angelegenheit: „Vor all denjenigen, die gegen Rassismus aufstehen, habe ich großen Respekt.“ Nur in Einheit würde man den Kampf gegen die Fremdenfeindlichkeit gewinnen: „Wir alle müssen dagegen vorgehen. Die Verbände, die Klubs, die Staaten. Es geht nur miteinander.“ Im Optimalfall packe man das Übel aber schon bei der Wurzel und beugt vor: „Man muss viel früher ansetzen: im Kindergarten, im Hort, in der Schule, in der Familie. Wir müssen unsere Kinder noch viel mehr aufklären, sensibilisieren und erziehen.“ Der Staat sei gefordert, der Einfluss der Eltern dürfe nicht unterschätzt werden. Das Thema Nationalsozialismus steht in den Lehrplänen der Schulen nicht, wie der „Kicker“ mutmaßte, nur ein paar Wochen auf den Lehrplänen in den Schulen, aber häufig fehlt schlichtweg der Gegenwartsbezug, für den die Schülerinnen und Schüler proaktiv sensibilisiert werden müssen.

Kovac dementiert Bayern-Gerüchte – sportliche Perspektive entscheidend

Keine Zweifel gibt es für Niko Kovac auch, wenn es um die eigene Zukunft geht. Lange nervten ihn die Spekulationen um seine Person. Ein bis dato noch nicht dagewesenes klares Statement setzte nur in dem Interview und lässt sich auch an dem messen, was er über Vertragstreue und Respekt gegenüber dem Arbeitgeber im Vorlauf gesagt hat: „Stand heute bin ich nächstes Jahr Trainer bei Eintracht Frankfurt, weil ich bis 2019 unter Vertrag stehe.“ Kontakt zu den Bayern gebe es sowieso nicht: „Das garantiere ich zu 100 Prozent.“ Wichtig sei für ihn vor allem die sportliche Perspektive und „ich finde, wir mach es ganz gut, es bewegt sich etwas. Ich bin gerne hier und glücklich.“ Kovac wäre aber nicht Kovac, wenn dann nicht noch ein Aber käme: „Wir könnten sicherlich noch ein bisschen mehr erreichen, das würde ich mir wünschen.“ Möglicherweise auch über 2019 hinaus.

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14 Kommentare

  1. Selten das ich mir einen langfristigen Verbleib eines Frankfurter Trainers so sehr gewünscht habe.
    Die Worte von Niko Kovac glaube ich ihm.
    Um seine Worte zu untermauern, wäre es natürlich richtig klasse, Kovac würde seinen Vertrag schon bald um 1 – 2 Jahre (2021 wäre ein Traum) verlängern.
    Was dann tatsächlich passiert weiss keiner, aber die SGE könnte von einer vermeintlichen vorzeitigen Vertragsbeendigung ordentlich partizipieren.

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  2. Die Entwicklung der SGE in den letzten beiden Jahren ist der Wahnsinn. Man stelle sich vor, wir schlagen am Freitag Gladbach. Dann hätten wir für die letzten Tage des Transferfensters eine super Ausgangslage.
    Stellt euch doch mal vor, Trapp und Vallejo kommen zurück.
    Wenn Trapp bei uns tatsächlich im Gespräch wäre, würde das auch die Aussage von Hradecky erklären, wieder offen für eine Vertragsverlängerung zu sein. LH müsste nämlich dann für die Rückrunde Angst um seinen Stammplatz haben, da Trapp Spielpraxis für die WM braucht…

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  3. Q3
    Stimme Dir 100 % zu.
    Noch krasser stellt sich das im Vergleich dar.
    Ich lebe im Hamburger Raum und bekomme beruflich den
    Karneval um den HSV hautnah mit.
    Es ist schon ein Leistungsunterschied zwischen dem Team
    Hellmann, Bobic und Kovac bei uns und Bruchhagen, Todt,
    Gisdol und jetzt Hollerbach.
    Unsere Jungs haben für 20 Mio gute Spieler und einige Kracher
    eingekauft – die „HSV Manager“ für über 30 Mio Ersatzspieler,
    Bankdrücker und Mitläufer und haben ununterbrochen Zirkus
    im Club.
    Ich bin so was von zufrieden.

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  4. Was soll man da als ewig Gestriger noch sagen? Er (und das Management) verkörpert und setzt um, was uns Jupp Heynckes versprach.

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  5. Tolle Aussagen, da kann sicher jeder von uns zustimmen.
    Das Entscheidende ist aber : Nicht Reden sondern TUN !
    Das ist der große Unterschied überall in der Gesellschaft, Wirtschaft oder sonstwo, genauso im Sport, Reden und Bekenntnisse sind unendlich zu haben , das Gute und Richtige TUN.
    Genau dieses Tun, das ist es, was mich z.Zt. sehr Stolz auf unsere Eintracht macht.
    Jetzt noch ein „veredelter“ Freitag Abend …..
    Forza SGE !

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  6. Ich bitte euch:

    So sehr ich mir einen Verbleib von Kovac bzw. eine Vertragsverlängerung wünsche, es sind doch die wachsweichen Aussagen wie eh und je, die sich zu jeder Zeit in die eine oder auch andere Richtung interpretieren lassen. Und damit meine ich nicht, dass Kovac unehrlich ist. Er spricht aber in keinem Satz 100% von einem Verbleib. Das ist PR Sprech und man kann es ihm auch nicht verübeln. Wer weiß schon, was in einem (halben) Jahr alles passiert…

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  7. Hallo an euch alle. Es gibt hier, wie eigentlich überall, zwei Seiten. Das ist einmal unser Trainer und zum anderen unsere SGE. Was wäre wenn, Gott bewahre, die Eintracht in der nächsten Saison gegen den Abstieg spielt? In der Regel geht dann der Trainer, oder? Wenn Nico also vom „Stand jetzt“ redet, so kann es auch eine Aussage in der Richtung „solange es in meiner Macht steht“ sein?

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  8. @8
    „Stand jetzt!“
    Das klingt für mich auch eher so heraus, als daß er damit meint, solange es in seiner Macht steht.

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  9. Warum sollte der Vertrag denn verlängert werden? Für diese Saison und auch die nächste haben wir Planungssicherheit! Sollte es dann noch beiderseitig gut laufen, kann man immer noch verlängern. Dennn man sollte bedenken, dass sich jedes Trainerteam mal abnutzt. Verträge, vor allem langfristige, sind heutzutage eh nicht das Papier wert auf dem sie stehen.

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  10. @10:
    Und doch ist es nun mal so, dass je mehr vertragliche Restlaufzeit noch vorhanden ist, die Geldbörse des Interessenten grundsätzlich weiter geöffnet werden muss, als bei einer deutlich geringeren Vertragsrestlaufzeit. 2019 ist bereits nächstes Jahr im Juni.

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  11. @11
    Das gleiche gilt auch für die Höhe von Abfindungen.
    Aber da kann man ewig drüber lamentieren. Wir werden sehen wie es kommt. Haben wir eh keinen Einfluss drauf.

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  12. Jedes Trainerteam nutzt sich mal ab steht weiter oben. Es gibt ein legendäres Beispiel für das Gegenteil. Ferguson bei Manchester. 25 Jahre, wenn ich mich nicht täusche . Solange wird Nico nicht bleiben , aber wenn es im Verein stimmt kann er noch einiges bei uns erreichen

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  13. Die Ausnahme bestätigt die Regel!
    Viele der „Dekadentrainer“ sind aber im Laufe ihrer Amtszeit gefühlte 20 Mal kurz vorm Rausschmiss gewesen.
    In Bremen hat es auch Jahre gedauert, bis man sich vom immer wieder in der Kritik stehenden TS getrennt hatte. Sollte man bei aller Romantik nicht vergessen!

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