Der Architekt des Erfolgs. Alle blicken auf Niko Kovac.
Der Architekt des Erfolgs. Alle blicken auf Niko Kovac.

Während Fans, Experten und Verantwortliche rund um die Eintracht über das Urteil des DFB diskutieren, muss Niko Kovac seine Mannschaft auf die schwierige Auswärtsbegegnung beim SC Freiburg vorbereiten. Die Breisgauer schwankten in den bisherigen fünf Partien zwischen Genie und Wahnsinn. In fremden Stadien schwimmt die Abwehr bedenklich, weshalb das Team von Trainer Christian Streich empfindliche Nackenschläg einstecken muss. 1:2 bei Hertha BSC (Gegentreffer in der vierten Minute der Nachspielzeit), 0:3 beim 1. FC Köln (innerhalb von 14 Minuten drei Gegentore) und 1:3 bei Borussia Dortmund (kurz vor und nach der Halbzeitpause die Tore kassiert) zeigen, wo noch Nachholbedarf steht. Daheim agieren die Freiburger allerdings wesentlich konzentrierter und konnten beide Partien gegen Borussia Mönchengladbach (3:1) und den Hamburger SV (1:0) siegreich gestalten.

Im Schwarzwald-Stadion haben sich die Hessen traditionell immer schwer getan. Der letzte Sieg im rund 300 Kilometer Freiburg liegt bereits sieben Jahre zurück. Maik Franz und Alex Meier – wer sonst? – schossen die Eintracht am 5. Spieltag der Saison 2009/10 in der Schlussphase zum 2:0. In den vergangenen vier Begegnungen gab es drei Unentschieden und unter Ex-Coach Thomas Schaaf am 18. Spieltag 2014/15 eine krachende 1:4-Niederlage. Insgesamt gesehen konnten die Frankfurter nur vier der 15 Pflichtspiele (samt DFB-Pokal und 2. Liga) im Schwarzwald gewinnen, bei vier Remis und sieben Niederlagen. Kovac wird eine Antwort finden müssen, wie er die Kreise der wendigen Freiburger Offensive eingrenzt. Maximilian Philipp traf bereits dreimal, Nils Petersen zweimal – einzig Florian Niederlechner wartet noch auf sein erstes Saisontor. Er ist dennoch ein bulliger und schwer zu verteidigender Stürmer, der viele Räume für die Kollegen schafft. Dahinter hat vor allem Techniker Vincenzo Grifo die Fäden in der Hand und lenkt das Spiel aus dem Mittelfeld heraus, assistierte bereits viermal.

Den großen Schwachpunkt bildet allerdings die Defensive. Caglar Söyüncü hat zwar einige vielversprechende Aktionen, doch dem jungen Türken, der weder Deutsch, noch Englisch sprechen kann, fehlt es an Erfahrung und in einigen Situationen noch an der nötigen Robustheit. Nebenmann Manuel Gulde, der gegen die Dortmunder frühzeitig verletzungsbedingt vom Feld musste, zahlt nach vielen Jahren in der 2. Liga ebenfalls noch Lehrgeld. Durch die Ausfälle von Marc-Oliver Kempf und Marc Torrejon sind Streich die Hände gebunden, die Leistung von Ersatzmann Georg Niedermeier hat keine Hoffnung gemacht, dass hier demnächst Entspannung eintreten könnte.

David Abraham wird gegen den SC Freiburg wohl nur zuschauen können.
David Abraham wird gegen den SC Freiburg wohl nur zuschauen können.

Die Säulen des Erfolgs – Abraham fällt wohl gegen Freiburg aus

Kovac wird diese Aspekte genau erkannt und bewertet haben. Der Kroate hat in seinen 14 Bundesligapartien als leitender Angestellter der Eintracht-Mannschaft bereits häufig die passende Antwort gefunden. Sieben Siege, sechs Niederlagen und das erste Remis überhaupt in der höchsten Liga zeigen, dass sich die Lage in Frankfurt deutlich verbessert hat. Saisonübergreifend sammelte das Team in den letzten neun Begegnungen ganz starke 19 Punkte und verlor nur zweimal. Kovac hat Schritt für Schritt Säulen gebaut, auf denen das Spiel der Hessen aktuell fußt. Da ist…

… die stabile Defensive: Kompaktheit herstellen war sein erstes Gebot, als er seinen Vertrag im März unterschrieben hat. Das Team trat bis zu diesem Zeitpunkt völlig verunsichert auf und kassierte in der Rückserie in acht Partien zwölf Gegentreffer. Nach einer 0:3-Niederlage am 26. Spieltag gegen Borussia Mönchengladbach traten dann allerdings zügig die ersten Verbesserungen auf. Das Team wirkte gefestigter, die Laufleistung wurde Stück für Stück erhöht und diszipliniertes Verhalten beim Verteidigen eingemahnt. Stehen bleiben nach Ballverlusten und abwinken? Ein Bild, dass es schon lange nicht mehr zu sehen gab bei den Frankfurtern. Allerdings muss Kovac im Spiel gegen die Freiburger wohl auf einen Mann, der für Stabilität pur spricht, verzichten – David Abraham droht wegen seiner im Spiel gegen Berlin erlittenen Knieverletzung auszufallen.

… die neue Heimstärke: Kovac weiß um die Auswärtsprobleme der Hessen. Der Sieg beim FC Ingolstadt war erst der sechste in den vergangenen 39 Bundesligapartien auf fremden Plätzen – eine ganz schwache Quote, weshalb der Coach viel Wert auf die Stärke im Waldstadion legt. Unter seiner Regie gab es inzwischen sieben Duelle vor den eigenen Zuschauern. Die Bilanz kann sich sehen lassen: Fünf Siege, ein Remis und nur eine Niederlage sprechen für sich. Das Team zeigt sich deutlich stabiler und tritt in der Heimat selbstbewusst auf. Selbst gegen die Berliner, als nur noch die wenigsten mit einem Punktgewinn rechneten, schlug die Mannschaft in Form von Michael Hector in letzter Sekunde zurück.

… die neue Flexibilität in der Offensive: Und der Torschütze heißt… eben nicht mehr nur Alex Meier. Freilich sind die Tore des Angreifers immer noch unverzichtbar, weil sie in engen Duellen den Unterschied ausmachen und auch in dieser Saison die Grundlage für Siege sind. Seitdem Marco Fabián dabei ist, zeigt sich eine neue Variabilität in der Offensive. Der Mexikaner bringt eine bestimmte Note ins Spiel, die der Eintracht enorm weiterhilft und bislang verschüttet geglaubte Qualitäten erweckt. Tore nach Ecken und Kontern waren in der Vergangenheit eher selten zu genießen – mit Ausnahme der Saison 2012/13. Dazu gelingt es den Hessen inzwischen auch, sich überhaupt Chancen herauszuspielen. 28mal, im Schnitt fast sechmal pro Partie, kamen sie nach „kicker“-Statistik gefährlich zum Abschluss – nur sechs Mannschaften prüften häufiger den gegnerischen Schlussmann. Das ist aller Ehren wert für ein Team, dass sich vergangene Spielzeit phasenweise schwer dabei tat, überhaupt nur eine Tormöglichkeit herauszuspielen.

… die neue Effektivität vor dem Tor: Gegen den FC Ingolstadt und die Berliner wurden alle Großchancen genutzt. Kovac scheint auch hier die richtigen Ansätze gefunden zu haben. Bei den Schanzern langten zwei starke Ecken für den Sieg, auch gegen Hertha zeigten sich die Hessen in einer schwierigen Partie eiskalt. Rune Jarstein konnte sich nicht einmal auszeichnen, jeder Schuss war ein Treffer. Kovac bezeichnete diesen Aspekt als zentralen Baustein im Spiel der Hessen. Es lange nicht nur, wenn sich Meier effektiv zeige, auch andere Spieler müssen Verantwortung übernehmen. Mit Fabián gibt es einen weiteren gefährlichen Akteur, ferner war der Kopfballtreffer von Hector bereits der dritte eines Defensivakteurs – in den letzten Jahren ging diese Gefahr immer nur von Marco Russ aus. Fredi Bobic stellte nach dem Sieg bei den Schanzern nicht umsonst fest: „Bei den Standards hat man mal wieder gesehen, wie wichtig Tore von Abwehrspielern sind. Diese Tore bringen eigentlich immer Punkte.

Ante Rebic bringt immer wieder eine neue Qualität ins Spiel der Eintracht.
Ante Rebic bringt immer wieder eine neue Qualität ins Spiel der Eintracht.

… die „gefährliche Bank“: Der Treffer von Hector war bereits der dritte in dieser Saison, an dem ein Einwechselspieler mit beteiligt war. Vor allem Ante Rebic brachte in den Schlussphasen gegen Bayer 04 Leverkusen (2:1) und Hertha noch einmal einen neuen Punch in das Spiel der Eintracht und bereitete jeweils entscheidend vor. Kovac hat viele flexibel einsetzbare Akteure und kann so auf Spielstände reagieren. Verletzungsbedingte Ausfälle wie die von Abraham gegen Berlin oder am 2. Spieltag von Guillermo Varela gegen den SV Darmstadt 98 tun dem Kroaten weh – sie nehmen ihm eine wichtige Wechsel-Option und rauben ihm damit die Möglichkeit, noch einmal im Laufe der zweiten Halbzeit zu reagieren. Auf der Bank nehmen vor allem offensive Kräfte Platz, in der Defensive wird nur im allerhöchsten Notfall getauscht. 15 Wechsel waren bisher in dieser Saison möglich – Kovac zog sie alle. Er folgt dem Geschehen auf dem Feld und versucht permanent die Fragen, die sich ihm stellen, zu beantworten.

Freilich sind erst fünf Spieltage vorbei und Platz fünf nur eine Momentaufnahme. Und doch – der Weg stimmt und der Boden für das Ziel, eine ruhige Saison spielen zu wollen, ist bereitet. Die Schwergewichte wie der FC Bayern München und Borussia Dortmund warten noch, auch sind die anstehenden Auswärtsfahrten nach Freiburg, Hamburg und Gladbach alles andere als angenehm. Und doch – auch in diesen Begegnungen wird der Mannschaft zugetraut, wieder Antworten zu finden und sich durchzusetzen. Neun Punkte und zwölf Tore Vorsprung auf den Relegationsplatz 16 sind ein Brett, dass nach dem schwierigen Auftaktprogramm nicht unbedingt erwartet wurde. Von der Unruhe, wie sie vor allem im Norden der Republik beim HSV und dem SV Werder Bremen verbreitet wurde, ist am Main derzeit nichts zu spüren.

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11 Kommentare

  1. Hätte ich nicht gedacht, dass mir eine Auswärtsfahrt ohne Russ, Zambrano und Abraham keine Sorgenfalten auf die Stirn treiben könnten. Der Ausfall von Abraham wäre zwar bedauerlich, aber die Jungs haben es dennoch drauf auch in Freiburg zu bestehen. (Habe Zamrano nur erwähnt, weil dieser Name hoffentlich ganz schnell in Vergessenheit geraten sollte.)

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  2. Ich werde Zambrano nicht vergessen. Und ich finde ihn immer noch gut.

    Wir kriegen das auch ohne Abraham hin, aber mir ist trotzdem mit ihm wohler. Ist in überragender Form. Zumindest im Moment fallen mir wenige Vereine in der Liga ein, die was ähnlich gutes wie Vallejo/Abraham in der IV haben,.

    Mich beruhigt auch, dass immer wieder mal ein anderer in der Anfangself steht. Dadurch können alle mal Kraft tanken. Und ich habe bisher bei keinem ein schlechtes Gefühl ( kein „scheiße , wir wechseln Ayhan ein“-Gefühl ) .

    Freiburg wird spannend. Die können was.

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  3. Abraham ist schon ein Leader hinten. Vallejo und Hector sind beide nicht schlecht, aber dann muss einer hinten die Abwehr organisieren und stellen. Davor hab ich etwas Bammel, das das nicht klappt, das hat man nämlich bei dem zweiten Tor von Ibesevic gesehen, dass da die Zuteilung nicht gepasst hat.

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  4. Gut das wir gegen Freiburg 2 Wochen pause haben. So können wir nochmal intensiver trainieren und die Fehler als den 6 Spielen davor aufarbeiten und beseitigen. Auch David kann sich erholen und wir müssen ggf nicht noch mehr Spiele auf ihn verzichten. Endlich mal etwas gutes so eine Pause 🙂

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  5. Interesant finde ich auch , das es ein Geheimtraining gibt. Es sollen taktische Varianten und Standards geübt werden. Kling gut für mich.

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  6. @alpi: Sehe das ganz genauso. Die Pause tut gut – vielleicht hat die SGE auch Glück, dass Tarashi nicht nominiert wird und er somit noch weiter integriert werden kann. Die englische Woche hat viel Kraft gekostet und da können 14 Tage lang auch mal die Wehwehchen auskuriert werden. Vielleicht geht ja dann nach der Länderspielpause mal was gegen die Bayern, die ja doch etwas wackeln und derzeit nicht ganz so stabil wirken.

    Gut finde ich bei Kovac, dass ich tatsächlich das Gefühl habe, das genau das passiert alpi – das die Fehler analysiert und aufgearbeitet werden. Wir haben noch viel zu tun und vor uns, damit es wirklich die gewünscht ruhige Saison gibt 🙂

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  7. @Joe: Das wäre es, denn das Team wäre bei einer Niederlage meiner Meinung nach „nur“ im Soll. Mit 10 Punkten habe ich vor der Saison kalkuliert – Auswärtssiege in Darmstadt, Freiburg, Ingolstadt (muss man leider so hart kalkulieren, wenn man die Klasse halten will) und zuhause einen Punkt gegen Berlin waren so meine Rechnung. Daher – mit mindestens einem Zähler würde man mit einem echt dicken Brett in die Länderspielpause gehen – und mit einem Sieg wäre der Traumstart natürlich endgültig perfekt.

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  8. Meine Rechnung war 4-12 Punkte. Für mich war der Sieg in Darmstadt Pflicht und 1 Punkt gegen Freiburg oder Ingolstadt ( weil wir ja auswärts nicht so dolle sind ) . Bei einem ( realistisch möglichen ) Sieg in Freiburg wären wir bei 13 Punkten. Das wäre für mich das Optimum in den ersten 6 Spielen. Bei 10 Punkten sehe ich es wie Du. Ist gut aber im Rahmen des normalen.

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  9. Wer nicht absteigen will, muss in Freiburg mind. 1, wenn nicht sogar 3 Punkte holen. Klingt hart, ist aber so!

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  10. Alpi, da gebe ich dir recht. Also stehen mit Gladbach und Hamburg die ersten Absteiger fest, richtig?

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