Axel Hellmann wirft dem DFB vor, eine große Chance verpasst zu haben.
Axel Hellmann wirft dem DFB vor, eine große Chance verpasst zu haben.

Hat Eintracht Frankfurt eine erneute Strafe wegen vermeintlichen Fehlverhaltens seiner Anhänger zu befürchten? Die Möglichkeit besteht, dass der DFB die Aktion von rund 250 Fans – die beim DFB-Pokal-Spiel gegen den FC Ingolstadt ins Stadion gekommen waren, obwohl sie eigentlich nicht durften – sanktioniert. Offensichtlich hatte sich die Gruppe die gültigen Tickets über andere Dauerkartenbesitzer oder aus dem Gäste-Kontingent besorgt. Die Eintracht selbst beteuerte, die Vorgaben des Verbandes „eins zu eins“ umgesetzt zu haben. Ein sogenanntes „Eindringen“ der sich völlig friedlichen verhaltenden Anhänger zu verhindern, wäre aus Sicht der Hessen unverhältnismäßig gewesen. Der Verein ist der Bitte, den DFB zu informieren, zunächst einmal nachgekommen. Ob ein weiteres Verfahren eröffnet wird, ist nach aktuellem Stand der Dinge noch völlig offen.

Axel Hellmann zeigt sich nicht erfreut darüber, dass die Diskussionen rund um die Fans die Frankfurter Eintracht seit Sommer unentwegt begleitet. Die Pflichtspielsaison wurde im August beim FC Magdeburg eingeläutet und war erst wenige Stunden alt, als das Vorstandsmitglied vom „Tiefpunkt der Fankultur“ sprach. Bei der Erstrundenpartie im Pokal zündeten einige Fans im Eintracht-Block kurz nach dem Wiederanpfiff Pyro und zwei Raketen schossen in den benachbarten Block. Der Schock war groß und die Strafe gewaltig: Teilausschluss der Anhänger gegen den FC Bayern München, Sperrung der gesamten Nord-West-Kurve gegen den FC Ingolstadt im Pokal (hier wurde bezüglich der Einnahmenteilung eine Einigung mit der Gastmannschaft erzielt, die Eintracht wird das Ganze rund 150.000 Euro kosten) und die Einführung von personalisierten Auswärtskarten in der Rückrunde.

Hellman gibt im Gesräch mit der „Frankfurter Rundschau“ zu, dass alle Überlegungen, wie die Auflage für personalisierte Tickets umgesetzt werden soll, „in Sackgassen“ verliefen. Es werde nach schnellen Lösungen gerufen, die es so aber nicht gäbe. Sein bitteres Urteil: „Die Personalisierung von Auswärtstickets wird – nicht nur nach unserer Einschätzung – im Ergebnis völlig wirkungslos bleiben und einmal mehr nicht diejenigen treffen, auf deren Verhalten man meint, Einfluss nehmen zu können.“ Der 45-Jährige macht mehr als einmal deutlich, welche Haltung er zu Kollektivstrafen hat: „Wir glauben nicht, dass es einen Beitrag leisten wird, um die Probleme in der Sache zu lösen. Schließen wir einzelne Gruppen aus dem Stadion aus, wie es von einigen meist hinter vorgehaltener Hand geäußert wird, verlagern wir – abgesehen von der rechtlichen Fragwürdigkeit – das Problem in den öffentlichen Raum, dorthin, wo sie viel weniger kontrollierbar sind.“

Umso mehr ärgert sich Hellmann, dass die Identifizierung des Einzeltäters von Magdeburg nicht zu einer Aufhebung einer Sanktion geführt hat, die „heftig ist und alle unterschiedslos trifft.“ Die Folge war, dass sich die Anhänger erneut solidarisiert und gegen den DFB gewettert haben. Er wirft dem Verband vor, dass „uns diese entgangene Chance in der internen Debatte ebenfalls wieder zurückgeworfen hat. Da würde ich mir mehr Praxisnähe wünschen.“ Der Fan, der das Videomaterial zur Verfügung gestellt hat, werde in Zukunft mit Sicherheit zweimal überlegen, „ob er nochmal so handelt, wenn wir als Verein nichts davon haben, sondern trotzdem hart bestraft werden.“ Der DFB, so die Ansicht des Juristen, hat eine große Chance verpasst den Fans zu zeigen, dass sie tatsächlich mithelfen und Kollektivstrafen abwenden können.

So blieb alles wie gehabt: Der zum allergrößten Teil unschuldige Anhang blieb ausgeschlossen, die Wut stieg somit weiter an und die Sportgerichtsbarkeit versteckte sich hinter althergebrachten Sanktionsmustern. Das Problem: „Die Sportgerichtsbarkeit behandelt ein eigentlich fachfremdes Thema mit Sanktionsmechanismen, die uns Vereine immer mehr unter Druck setzen, aber einer Lösung nicht näher bringen.“ Hellmann schlägt deshalb vor, über „eine darauf spezialisierte Spruchkammer“ nachzudenken. Die Klubs sollten ganz aus der Verantwortung genommen werden, wenn Täter gefasst sind: „Das wäre auch ein klares Signal an all jene Fans, die uns bei der Aufklärungsarbeit unterstützen wollen.“

Den latenten Vorwurf, die Eintracht tue zu wenig, um der schwierigen Situation Herr zu werden, will Hellmann nicht stehen lassen, dies sei „ein Witz!“ Die Hessen hätten in den letzten Jahren ein ausgeklügeltes Konzept von der Fanbetreuung bis hin zur Sicherheit entwickelt. Der Jurist ist überzeugt davon, dass die Sicherheitsarbeit des Klubs, die auch im DFL-Lizenzierungsverfahren bewertet wird, im bundesweiten Vergleich gut abschneiden werde.

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3 Kommentare

  1. Wie kann es eigentlich sein, dass ein Fußballverband strafrechtliche Urteile fällen darf? Abfeuern von Pyrotechnik ohne gültige Berechtigung ist laut StGB eine Straftat und müsste eigentlich von der Justiz verfolgt und bestraft werden. Wie soll ein Fußballverein, vor allem wenn er nicht mal der Veranstalter ist (wie in Magdeburg), das verhindern?
    Aber da sieht man wieder wie weltfremd die hohen Herren mittlerweile sind. Es ist natürlich auch einfacher den Verein und die unschuldigen Fans zu bestrafen, als die wahren Täter zu überführen. Geschweige denn, wenn man den Täter nach dem Urteilsspruch überführt, nochmal die Berufung aufnimmt.

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  2. @Adler0811. Sehe ich genauso. Eintracht Frankfurt sollte mal Eier haben, und das ganze vor ein ordentliches Gericht ziehen. Und ich würde meinen Arsch verwetten, das das Urteil anders ausfallen wird.

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  3. Vor allem hat Hellmann mal sowas von Recht. Ich bin ja bekennender Pyrogegner aber was sich der DFB hier leistet ist unter aller Kanone. Da wird endlich mal so ein Idiot überführt und der DFB tut nichts um das weiter zu fördern, was für Vollpfosten. Selbst die FAZ bläst hier ins gleiche Horn -Kommentar gestern- über die völlige Sinnlosigkeit der Publikumsaussperrung und den vom DFB abgebrochen Gesprächen mit den Fanvertretern.

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