Neuzugang Sébastien Haller macht Schritt für Schritt.

Er ist so etwas wie der Königstransfer in der sommerlichen Transferperiode und wird vorerst mit einer Rekordablöse in den Geschichtsbüchern der Frankfurter Eintracht geführt. Rund Sieben Millionen Euro soll Sportvorstand Fredi Bobic dem Vernehmen nach für Stürmer Sébastien Haller hingeblättert haben. Dementsprechend groß sind die Erwartungen an den Franzosen seitens der Fans. Gekommen ist er vom FC Utrecht aus der niederländischen Eredivisie. Bei der Eintracht möchte Haller jetzt seinen nächsten Schritt in seiner noch jungen Karriere gehen.

Beworben hat sich der 23-Jährige mit 41 Toren aus 82 Spielen für seinen alten Verein. Seine ersten Gehversuche im Fußball machte er für FCO Vigneux (2003-2005) und CS Brétigny Football (2005-2007) bevor AJ Auxerre auf Haller aufmerksam wurde und ihn unter die Fittiche nahm. Kurz vor seinem 17. Geburtstag bekam er seinen ersten Profivertrag angeboten. Parallel dazu durchlief Haller von der U16 bis zur U21 alle Jugendnationalmannschaften Frankreichs. In insgesamt 51 Spielen durfte er sich über 25 Tore freuen, davon machte er alleine 13 in seinen 20 U21-Länderspielen. „Schritt für Schritt“ möchte Haller vorankommen. So lautet sein Kredo. Dass es nicht anders geht, habe er schon im Nachwuchsleitungszentrum in Auxerre erkannt, wie er in einem Gespräch mit der „FAZ“ verraten hat. Schon in jungen Jahren lernte er, sich nicht auf das zu verlassen, was er bis dahin schon erreicht hat, erzählt er und fügt an: „Es geht immer mehr.“ Das möchte Haller jetzt in der Bundesliga beweisen.

„Die Ablösesumme liegt aber außerhalb meines Einflussbereichs…“

Damals, als die Verantwortlichen ihr Interesse zeigten, konnte er sich mit einem „guten Gefühl“ für die Eintracht entscheiden, erinnert sich der Spieler an die Vertragsgespräche: „Der Verein hat sich sehr bemüht, und der Kontakt mit Niko Kovac war intensiv. Er hat mir aufgezeigt, welche Aufgaben er für mich sieht, das klang von Anfang an sehr überzeugend.“ Durch die hohe Ablösesumme, die der Verein für ihn bezahlt hat, möchte sich der Rechtsfuß nicht unter Druck setzen lassen. „Es ehrt mich natürlich, weil es das Interesse von Seiten des Vereins spiegelt. Die Ablösesumme liegt aber außerhalb meines Einflussbereichs…“, sagt er dazu.

Den Erwartungen möchte Haller natürlich trotzdem gerecht werden, er freue sich aber auch auf neue Erfahrungen und möchte die Saison daher langfristig planen. Es ging zunächst darum den Verein und das Umfeld kennenzulernen. Dass alles auf einem höheren Niveau ist als bei seinen vorherigen Stationen, hat er schon erkannt. So zählen neuerdings Spiele gegen Bayern München oder Borussia Dortmund für ihn zu den Höhepunkten, aber: „Ich bin gespannt auf jede einzelne der kommenden Partien, weil ich sicherlich Dinge lernen werde, die mir bisher noch unbekannt sind, die mich aber als Spieler reifen lassen.“

Das Kollektiv an erster Stelle

Er habe schon Unterschiede zu den anderen Ligen feststellen können, die er bis jetzt kennenlernen durfte. Die Idee Fußball zu spielen sei sowieso überall anders. „Auch deswegen dauert es ja, bis man sich darauf eingestellt hat“, erklärt Haller. Die Frankfurter Philosophie bezeichnet er dabei als eine „globale Fußball-Vision“ und spricht damit die vielen Einflüsse verschiedener Kulturen im Eintracht-Kader an. Das sei ein Glücksfall, betont der Franzose, zumal „jeder integrationswillig ist, sich alle von ganzem Herzen einbringen und keiner denkt, er sei wichtiger als der andere.“ Den Kollektivgedanken, der in Frankfurt über allem zu stehen schein, hat Haller somit schon verinnerlicht.

Weiß, wo er hin will: Sébastien Haller (re.).

Das gilt auch auf dem Platz. „Wir kommen in erster Linie über das Kollektiv“, weiß der Neuzugang. Es brauche zwar Zeit, bis alles zusammenwächst, „das Vertrauen ist aber da, wir als Mannschaft fühlen uns stark, und wir gehen mit der Zuversicht in die neue Saison.“ Er ist sich sicher, dass in der Vorbereitung „sehr gut“ sowie mit der „nötigen Cleverness“ gearbeitet wurde und findet gleichzeitig lobende Worte für seinem neuen Coach: „Trainer Niko Kovac bringt uns viel bei: Der Kader passt, wir sind auch charakterlich eine gute Truppe. Aber was für Ergebnisse dabei herausspringen, muss sich jetzt erst noch zeigen.“ Was sein Vorgesetzter von seiner Mannschaft verlangt, ist Haller jedoch schon bewusst: „Wir spielen in der Bundesliga sicher einen deutschen Stil, in dem Laufbereitschaft und Kampfgeist wichtig sind und in dem sich Kovacs taktische Ideen und sein Wunsch nach Disziplin wiederfinden.“

Welche Rolle der Torjäger dabei einnimmt, wird sich noch zeigen. Die Konkurrenz im Frankfurter Sturm ist groß. Neben den Jugendspielern Nelson Mandela Mbouhom und Renat Dadashov, die beide an den Profi-Fußball herangeführt werden sollen, streiten sich in nächster Zeit hauptsächlich Branimir Hrgota und Neuzugang Luka Jovic mit Haller um die von Trainer Kovac zu vergebenen Plätze im Sturmzentrum. Nicht zu vergessen ist natürlich Kapitän Alexander Meier, der sich aber erst noch von einer Sprunggelenksverletzung und einer Borreliose erholen muss.

Robuster Teamplayer will angreifen

Haller möchte mit seiner Spielweise punkten, die er wie folgt beschreibt: „Ich bringe eine gewisse Physis mit. Ich bin stark und robust und kann im Spiel entsprechend Bälle gegen die Verteidiger halten und festmachen.“ Er sei zwar geholt worden, um Tore zu schießen und möchte gerne an seiner Quote in den Niederlanden anknüpfen, er sagt aber auch: „Ich würde mich als Teamplayer bezeichnen, der die ganze Gruppe weiterbringen möchte und sich in den Dienst der Mannschaft stellt: Für einen Stürmer bin ich eher altruistisch eingestellt, ich lege gerne auch Mitspielern Bälle auf, wenn ich denke, dass sie mehr aus der Situation machen können als ich.“

In den Testspielen konnte er all das noch nicht sonderlich zeigen. Zwar gelangen ihm insgesamt fünf Tore, die er aber allesamt im ersten Test gegen den Kreisoberligisten SV Heftrich markiert hat. Haller kann das Ganze jedoch gut einschätzen: „So läuft es im Fußball: Es geht nicht immer nur so, wie man es sich wünscht.“ Mit ein Grund dafür ist sicherlich die harte Vorbereitung unter Kovac, die während der Testspiele in den Knochen steckte. Zuletzt habe die Mannschaft aber an der nötigen Spritzigkeit gearbeitet, nun fühle er sich bereit, „um richtig anzugreifen.“

Nach den durchwachsenen Testspielen möchte der Stürmer sein Können nun umso mehr in den Pflichtspielen beweisen, so sagt Haller lachend: „Ich würde ja gerne behaupten, dass ich dafür an diesem Samstag zuschlagen werde“, wenn es für ihn und seine Mannschaft ins Siegener Leimbachstadion geht, wo Eintracht Frankfurt um 15:30 in der ersten Runde des DFB-Pokals auf den TuS Erndtebrück trifft. Von seinen Auftritten in den Testpartien lässt sich der Spieler die Laune jedoch nicht verderben, so blickt Haller nicht nur der kommenden Partie, sondern auch dem Start der Bundesliga voller Vorfreude entgegen: „Ich kann es kaum abwarten und liebe den Wettbewerb über alles. Jetzt zählt es. Erst Pokal, danach der Bundesligastart in Freiburg, dann die Heimpremiere gegen Wolfsburg – ich habe große Lust und brenne darauf, dass es endlich losgeht.“

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