Peter Fischer ist seit August 2000 Präsident von Eintracht Frankfurt.
Peter Fischer ist seit fast 17 Jahren Präsident der Eintracht.

Peter Fischer steht seit August 2000 an der Spitze der Eintracht und beschreibt den Verein mittlerweile als seine „Familie“. In all den Jahren bei der SGE hat der zweifache Familienvater quasi alles durchgemacht: Auf- und Abstiege, Existenzängste, bittere Niederlagen, aber auch Europapokalspiele und euphorisierende Siege. Oft rutscht ihm ein Satz heraus, bei dem andere Verantwortliche zusammenzucken – aber genau das ist das, wofür ihn ein Großteil der Fans schätzt: Der 60-Jährige trägt sein Herz auf der Zunge und lebt Eintracht Frankfurt mit jeder Faser. In einem Interview nahm sich der Präsident der Eintracht Zeit, um mit SGE4EVER.de-Redakteur Florian auf das „Eintracht-Jahr 2016“ zurückzublicken.

SGE4EVER.de: Herr Fischer, das Eintracht-Jahr 2016 lässt sich in zwei Teile aufteilen – den Zeitraum vor Kovac und den mit Kovac. Wir wollen mit Ihnen auf das gesamte Jahr zurückblicken und fangen im Januar an. Sie waren auch in Abu Dhabi – dachten Sie damals noch voller Überzeugung daran, dass Armin Veh die Wende schafft?
„Ja, absolut. Auch weil wir nochmal sehr wohl überdachte Transfers getätigt haben, die dann aber leider nicht direkt, sondern erst jetzt, nach einiger Zeit zum Tragen gekommen sind. Ich war zum Beispiel sehr begeistert von dem, was ich über Marco Fabián gehört habe. Ich spreche die Sprache ganz gut und habe da eigentlich nur gutes Feedback erhalten. Sowohl aus Spanien als auch aus Mexiko wurde mir gesagt, dass er ein sehr guter, bodenständiger und aufgeräumter Mensch sei, dazu noch ein sehr guter Fußballer. Über Kontakte habe ich sehr viel Gutes über Szabolcs Huszti erfahren. Ich war vorher sehr skeptisch bei Huszti. Natürlich kannte man ihn aus seiner Zeit bei Hannover 96, dort zeigte er gute Leistungen. Ich dachte wirklich, dass wir mit diesen Verstärkungen den „Tournaround“ schaffen.“

Es ging dann sehr gut los, Alex Meier schoss die SGE zum 3:2-Sieg über den VfL Wolfsburg und am Spieltag danach war man beim 0:0 in Augsburg die spielbestimmende Mannschaft. Nach diesen vier Punkten aus den ersten beiden Spielen ging es dann aber stetig bergab. Haben Sie immer noch daran geglaubt oder gab es die ersten Überlegungen und Gedanken, dass es vielleicht nicht klappen könnte?
„Überlegungen gab es natürlich schon und wir mussten Entscheidungen treffen. In dieser Zeit haben wir natürlich öfters zusammengesessen und haben abgewogen, welcher Weg der Richtige ist. Im Nachhinein betrachtet, hätten wir sicherlich drei oder vier Wochen eher reagieren müssen. Bei dieser Entscheidung hat aber auch die Mannschaft, deren Funktionalität und deren Meinung eine große Rolle gespielt. Wir haben schon sehr viel abgewogen.“

Armin Veh wurde nach dem 1:1-Unentschieden gegen den FC Ingolstadt im März freigestellt.
Armin Veh wurde nach dem 1:1-Unentschieden gegen den FC Ingolstadt im März freigestellt.

Man hört, dass der Impuls zum Ende der Zeit von Armin Veh in Frankfurt auch von ihm selbst kam. Waren Sie darüber auch ein wenig erleichtert?
„Es spricht für ihn. Er war vollkommen motiviert, das konnte man auch im Januar in Abu Dhabi im Trainingslager sehen. Es wurde viel trainiert, viel untereinander ausgetauscht und wir haben uns Gedanken gemacht. Es ging zum Beispiel um Verkäufe von Spielern, um neue Vorstandsbesetzungen und um Sportdirektoren. Hier gab es schon einige Ideen. Wir haben ebenso Vorkehrungen getroffen für den Fall, wenn es in der Rückrunde nicht so gut laufen sollte. Wir sind sehr offen miteinander umgegangen. Ich habe Respekt vor Armin Vehs Einsicht, dass seine Energien und Möglichkeiten nicht dazu reichen, dass wir in der Liga bleiben. Am Ende haben Vorstand und Aufsichtsrat die Entscheidung einstimmig gefällt.“

Nach einem 1:1 gegen Ingolstadt war die Zeit von Rückkehrer Veh dann endgültig abgelaufen und es kam am 8. März mit Niko Kovac ein bis dato in der Bundesliga als Trainer völlig unbeschriebenes Blatt. Wie haben Sie die Trainersuche empfunden? War er von Anfang ihr Topkandidat oder hätten Sie am Anfang lieber jemanden anderes geholt?
„Wir hatten mit Niko Kovac schon Kontakt, als es darum ging, ob wir Armin Veh oder einen anderen Trainer holen. Niko hatten wir somit schon eine Zeit lang bei uns auf der Liste. Es gab auch mal Überlegungen, Armin Veh im Anschluss an seine Trainerlaufbahn an anderer Stelle im Verein zu installieren. In diesem Fall bin ich mir relativ sicher, dass Niko Kovac schon vorher als Trainer zu uns gekommen wäre.“

Das heißt Niko Kovac war auch schon vor seiner Verpflichtung länger auf dem Schirm von Ihnen und der anderen Vorstände?
„Ja, es gab viele Informationen und es gab auch viel Austausch, auch schon in Abu Dhabi und Dubai. Dort haben wir ihn getroffen, als er eine Hospitation bei Dortmund gemacht hatte. Wir kannten das „Konzept Kovac“. Auch er wusste, dass er bei uns – wann auch immer – eine Rolle spielen könnte und dadurch konnte er sich schon mit der Mannschaft und dem Umfeld befassen. Er hatte die Möglichkeit, Spiele anzuschauen, Stärken und Schwächen von Spielern und Team zu analysieren. Nach der Entlassung von Armin Veh war die Entscheidung für Niko Kovac auch eine Entscheidung für seine Idee, wie er den Fußball sieht. Er steht für bestimmte Intensitäten, harte Arbeit, den Konkurrenzgedanken. Das heißt, er hat nicht nur 12, 13 Spieler, sondern mehr als zwanzig und viele Alternativen. Außerdem steht er für die Einbeziehung der Nachwuchsarbeit. Zudem kannte er die Situation, vor allem die finanzielle, vor der Saison. Man darf nicht vergessen, dass wir den 18. Platz bei den Ausgaben belegt haben.“

Was hat Ihnen vor allem an Niko Kovac imponiert?
„Er war sich all diesen Dingen und Problemen bewusst, aber vor allem hatte er Lösungen. Das hat uns imponiert. Bei ihm ging es nicht darum, wie viele Probleme man hat, sondern bei ihm geht es darum, das Problem zu erkennen und dann Lösungen zu finden. Ich denke wir ernten die Früchte jetzt und auch Stück für Stück in der Zukunft. Der Prozess von Kovac ist noch lange nicht zu Ende. Er hat noch viele Visionen, auch im Gesamtmanagement für den ganzen Verein.“

Vor allem die Einstellung Niko Kovacs imponiert Peter Fischer.
Vor allem die Einstellung Niko Kovacs imponiert Peter Fischer.

Wie ist ihr Draht zum neuen Trainer? Er ist nach unseren Kenntnissen ja auch oft hier am Riederwald und schaut bei der Jugend vorbei.
„Niko Kovac, sein Bruder Robert, aber auch Fredi Bobic, haben eine ganz starke Verbindung zum Leistungszentrum. Dort wird sich ausgetauscht, unter anderem auch über die Jugendspieler, die mit ins Trainingslager fahren sollen. Wir haben eine ganz enge und ausgesprochen professionelle Zusammenarbeit zwischen dem Leistungszentrum und dem Team der Profis.“

Herr Kovac nahm dann die Arbeit auf. Es gab zwar einige kleine Erfolgserlebnisse, unter anderem der Heimsieg gegen Hannover 96, aber dann war da dieser 30. Spieltag, als die Eintracht trotz guter Leistung bei Bayer 04 Leverkusen mit 0:3 verlor und die gesamte Konkurrenz gewann. Herr Fischer – nehmen Sie uns mit auf die Reise, was in dem Moment in ihnen vorging? Haben Sie noch an einen erfolgreichen Klassenerhalt der Eintracht geglaubt?
„Natürlich war das extrem deprimierend, vor allem wenn man sich dann noch das Restprogramm angeschaut hat, welches äußerst schwierig war. Wir mussten uns dann natürlich auch mit dem Thema Abstieg befassen und einen Plan B ausarbeiten. Das gehörte zu unserer Pflicht. Ein Abstieg bedeutet klare Einschnitte im Personal und im Budget, große Veränderungen. Wir mussten uns darüber bewusst sein, dass wir im Falle des Falles handeln müssen. Ich bin natürlich froh, dass wir diesen Plan B nicht nutzen mussten und erinnere mich gerne daran, wie wir diesen in den Reißwolf werfen durften.“

Sie haben damals gar den Gang vor die Haustür vermieden, aus Angst beschimpft zu werden und sagten etwas salopp: „Wenigstens der Zigarettenautomat kann nicht mehr mit mir reden!“ Um kurz auf heute zu gucken – wurden diese Anfeindungen weniger, als der Klassenerhalt geschafft war?
„Das war schon eine schwierige Zeit. Ich konnte aber schon differenzieren, dass das nicht mit mir als Person, sondern mit meinem Amt zu tun hatte. Ich bin jemand, der über viele Jahre sichtbar in der Stadt ist. Ich gehe seit Jahren ganz normal in den Supermarkt, zur Tankstelle oder in die Kneipe um die Ecke. Ich nehme auch viele Termine wahr, die nicht nur mit der Eintracht zu tun haben, zum Beispiel wenn es um soziales Engagement oder die Stadt geht. Durch diese Präsenz war ich natürlich auch der, den man dann anspricht oder dem Vorwürfe hinsichtlich Aufstellungen, Fehlpässen etc. macht.“

Es hat ja dann doch noch geklappt mit dem Klassenerhalt. Vorher gab es aber noch herzinfarktgefährdende Spiele gegen Mainz, Darmstadt und Dortmund und das Last-Minute-Gegentor in Bremen als Stimmungskiller. Und dann die Relegation gegen Nürnberg. Wie war ihre Gefühlslage, als Seferovic den Ball über die Linie drückte und Christian Dingert das Spiel in Nürnberg abpfiff?
„Um mich herum saßen viele Eintrachtler – seien es Vorstände, Aufsichtsräte, Sponsoren und sehr lange Wegbegleiter. Das war eine komische Situation. Es gab viele nasse Augen und mehr Erleichterung als Euphorie. Jeder dachte „Was wäre, wenn das schief gegangen wäre?“ Es war ein Stück weit eine bedrückende Atmosphäre für mich. Aus dieser wollte ich schnellstmöglich fliehen und mehr in die Euphorie eintauchen. Ich wollte die Monate zuvor und die, wie sie so schön sagten, „herzinfarktgefährdenten“ Spiele vergessen. Deshalb bin ich dann schnell raus und in die Katakomben. Dann war es bei mir, wie glaube ich bei allen Adlern, an diesem Tag: diese Emotionen kann man ganz schwer beschreiben. Ich weiß aber noch, dass ich danach nicht schlafen konnte. Da konnte ich nachts überhaupt nicht abschalten. Ich hoffe, dass ich diese Situation so nicht mehr erleben muss.“

Auf Seite 2: Fischers Blick auf die aktuelle Entwicklung

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5 Kommentare

  1. Ich glaube Nürnberg war noch spannender als die Spiele gegen Lautern oder Reutlingen.
    Wenn wir es nicht geschafft hätten habe ich das Gefühl dass es ganz schlimm gekommen wäre.Das Tor von Bremen war für mich ganz schlimm.
    Und man braucht nur in der 2BL zu schauen wie schwer es ist für viele Traditionsvereine wieder hoch zu kommen.Da sind viele WEIT davon entfernt.
    Also Lob and dich Peter und deine Kollegen.
    Es gibt nirgendwo ein Trianer der über Wasser laufen kann.
    HAPPY XMAS an alle SGEler.
    Ich wünsche Euch Frieden und Gesundheit

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  2. Dito, mein Lieber. Und allen SGE`lern aus der famosen Eintrachtfamilie.
    Was die Sache für uns so schwierig macht: Ob Kreisklassen- oder Rastellifußball… den Adler kannst du nicht mehr aus dem Herzen schnitzen. Daher ist unser Vorstand immer dazu verdonnert, uns unbeschwerte, nicht geundheitsgefährdende und selige Zeiten zu bescheren. Und das nicht nur zu Weihnachten 😉

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  3. Danke Peter für dein wirken als Präsident bei uns, es tut gut zu sehen wie Du Eintracht lebst.
    Ein Orginal eben mit Herz und Verstand, und mal auch n Frankfurter Schlappmaul 😉
    Wir hoffen das Du uns noch lange als Spitze unseres Club erhalten bleibst.
    Auf ein erfolgreiches Jahr 2016 für alle SGEler

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  4. Bin ich froh, dass sein Filius wieder Worscht vom Metzger für umme bekommt.

    Der Peter hat dem Armin sei Jack an. Hat der die auf der „Flucht“ vergessen, oder wurden die aufm Rotweinabend vertauscht?

    Ansonsten schließe ich mich den guten Wünschen an. Gesundheit, Frieden für Euch alle … und 21 Punkte (Das sind gerade mal 7 Siege) für Reinhold Fanz, die Mannschaft und für mich! 🙂

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  5. Hi Eintrachtler,

    wollte einfach mal Danke sagen für ein tolles Jahr mit Höhen und Tiefen. Es macht einen riesen Spaß, mit diesen positiv durchgeknallten Jungs im Stadion zu stehen und unsere SGE live zu verfolgen. Aber auch die immer fundierten News hier auf dieser Webside (vielen Dank an dieser Stelle an SGE4ever) sind jedesmal absolut lesenswert, nachhaltig und informativ, so wie es eben sein soll…!

    Ich bin diese Jahr rundum zufrieden und freue mich derzeit jedesmal, wenn ich auf die aktuelle Tabelle schaue. Hoffentlich gehen diese Glücksgefühle noch ein paaar Monate weiter, aber es wäre ja nicht unsere SGE, wenn das so wäre 😉 !

    In diesem Sinne allen ein frohes Fest, schön das es die SGE und ihre Fans gibt !

    Forza SGE

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