Heidel“Elektrisiert Ingolstadt gegen Hoffenheim das Land?” Diese Frage stellte Christian Heidel, der Manager des 1. FSV Mainz 05, im Kicker. Der 51-Jährige sorgt sich um die Attraktivität der Bundesliga und befürchtet, dass sie irgendwann nicht mehr so funktionieren werde wie heute. “Wenn Leipzig in die Bundesliga kommt und eventuell Ingolstadt, dann muss irgendwo in Deutschland ein Verein raus. Vielleicht ist das Augsburg, vielleicht Mainz. Und warum? Weil wir unsere Ausgaben durch unsere Einnahmen aus dem Fußballgeschäft decken müssen. Eine Region verliert dann ihren Klub, weil plötzlich Klubs erfunden werden, wo die Ausgabenseite nur Papier ist, das keiner lesen muss”, kritisiert Heidel das Finanzgebaren der sogenannten “Retortenklubs”, wie etwa dem VfL Wolfsburg, Bayer Leverkusen oder ganz aktuell RB Leipzig.

Die große Frage, die sich nicht erst seit dem heutigen Tag stellt, ist die, wie man diese Ungerechtigkeit ausgleichen kann. Im Mittelpunkt der Diskussion steht neben der Öffnung für neue Investoren auch immer wieder die Verteilung der TV-Gelder. Heribert Bruchhagen kritisierte nicht nur einmal, dass an dieser Stellschraube gedreht werden müsse. “Aus 420 Millionen Euro an TV-Geldern werden 628 Millionen Euro. Alle kriegen mehr, aber die, die oben stehen, kriegen mehr vom Mehr”, warnte der Vorstandsvorsitzende schon vor über einem Jahr in einem Interview bei “op-online”. Auch Hans-Joachim Watzke, Boss bei Borussia Dortmund und ein glühender Verfechter der “50+1-Regel”, holte sich schon oft eine blutige Nase ab, wenn er neue Ideen zur gerechteren Fernsehgeldverteilung einbrachte. Er wünschte sich, dass nicht nur die nackten Ergebnisse am Ende der Saison zusammengerechnet würden, sondern auch die Attraktivität eines Vereines mit in die Wertung einfließen sollte. “Wollen wir irgendwann eine Werksmeisterschaft unter DAX-Konzernen?” lautet die provokante These Watzkes.Watzke

Blickt man derzeit auf die Tabelle der Bundesliga, ist man von dieser Konstellation nicht allzu weit entfernt. Die TSG Hoffenheim steht auf Rang 2, Bayer 04 Leverkusen belegt den 4. Platz, der VfL Wolfsburg den 7. Trotzdem werden die Partien, die diese Teams untereinander austragen, zumeist auf einen Freitagabend oder Samstag 15.30 Uhr gelegt, weil kaum jemand einschaltet. Partien mit der Beteiligung dieser Teams erreichen oft nicht mal 10.000 Abonnenten – sie schließen also mit einer Quote von 0 % ab! Einzig ein attraktiver Gegner – der FC Bayern München, Borussia Dortmund oder der FC Schalke 04 – sorgen für erhöhtes Interesse. Eintracht Frankfurt erreicht derzeit den 8. Rang in der Sky-Quoten-Tabelle – dies ist aber nicht verwunderlich, weil die Hessen viermal gegen Teams antraten, die in diesem Tableau weiter unten anzusiedeln sind. Die Partien gegen den Rekordmeister, die Dortmunder oder Borussia Mönchengladbach werden dann die Quote höchstwahrscheinlich etwas nach oben treiben, die derzeit bei 380.000 Zuschauern liegt.

Sollte der Aspekt der Attraktivität eines Vereins nicht auch mit einfließen in die Bewertung der TV-Gelder? 2016 möchte die DFL die Rechte an der Bundesliga für die Spielzeit 2017/18 verkaufen. Dabei wird – nach Informationen der Sport-Bild – auch darüber diskutiert, ob die Fan-Komponente eine Rolle spielen sollte. Profitieren würden vor allem auch Traditionsklubs, die im vergangenen Jahrzehnt des Öfteren zwischen Liga 1 und 2 pendelten und nur mühsam wieder Anschluss finden – etwa die Eintracht oder der 1. FC Köln. Wie aber bewertet man die Fan-Zahlen objektiv? Die Anstoß-Zeit spielt dabei eine wichtige Rolle – die Konferenz um 15.30 Uhr ist der “Quoten-Renner”, der Anziehpunkt schlechthin. Auch beim Topspiel am Samstag sind die Einschaltquoten höher, die Stadien voller, als an einem fanunfreundlichen Freitag- oder Sonntagabend. Darüber hinaus müssten auch die verschiedenen Stadiongrößen berücksichtigt werden.

Das Ziel wäre also eine Mischung zu finden aus Zuschauerzahlen (Wie viele Fans fahren auswärts mit? Stadionauslastung?), Einschaltquoten und Abonnenten, die über den Verein geworben wurden. Wie viele Fans haben sich Sky erst zugelegt, nachdem sie von ihrem Club darauf aufmerksam gemacht wurden? Es müsste höhere Prämien geben, wenn dies einem Verein gelingt. In den letzten vier Jahren schüttete Sky insgesamt nur 1,5 Millionen Euro an Prämien aus, davon alleine 600.000 Euro an Borussia Dortmund, gefolgt vom Quintett Schalke, Gladbach, Köln, dem HSV und den Hessen. Die “Retortenklubs” belegen hier Ränge im roten Bereich, spielen permanent um den Abstieg.

Leider – so die Meinung vieler Fans – nur im Bereich der TV-Tabelle.

Des Weiteren muss das Verhältnis von 1. zu 2. Bundesliga berücksichtigt werden. Bisher war der Verteilerschlüssel 80/20 und dann innerhalb der Liga nach Tabellenplatzierung. Allerdings bringen viele Traditionsclubs, zum Beispiel Fortuna Düsseldorf, der 1. FC Nürnberg oder der 1. FC Kaiserslautern, deutlich mehr Fans auswärts mit als so mancher Erstligist. Ganz zu schweigen von den Sky-Abos. Für den Ligavorstand wird es also darauf ankommen, nachvollziehbare Kriterien zu entwickeln mit denen man die Popularität von Vereinen objektiv beurteilen zu können und damit eine bessere Verteilung der TV-Gelder zu bewirken.

BruchhagenSollte also tatsächlich der Stein  ins Rollen gebracht werden, den Heribert Bruchhagen bisher über Jahre hinweg vergeblich versucht hat anzustoßen? Bereits vor 15 Jahren klagte der Vorstandsvorsitzende darüber, dass die TV-Gelder zu einem Ungleichgewicht führen und damit auch die Spreizung der Lizenzspieleretats gravierend auseinander geht. Viele Ideen und Konzepte hat er in seiner Amtszeit vorgeschlagen und auch wenn dabei durchaus abstruse Gebilde entwickelt wurden, für die er ein ums andere Mal harsch kritisiert wurde, war der gebürtige Ostwestfale immer einer der wenigen, die vor einer Ungleichverteilung gemahnt haben. Jedoch stand er mit dieser Erkenntnis meistens allein auf weiter Flur: „Die Tatsache, dass es für alle mehr Geld gibt, stellt viele meiner Kollegen sehr zufrieden und sie merken gar nicht, dass der Wettbewerb dadurch mehr als gefährdet wird. Die haben doch alle die gleichen Probleme. Aber sportpolitisch sind sie nicht so engagiert„,so der 66-jährige im September 2013 in einem Interview der BILD. Inzwischen scheinen die mahnenden Worte des knorrigen Vorstandschefs aber auch bei anderen Managern angekommen zu sein. Und auch in der DFL..

Autor Julian Jendrossek

Julian Jendrossek lebt im über 300 Kilometer entfernten Osnabrück. Seit 2014 schreibt er nicht nur Artikel für SG4EVER.de, sondern ist nun auch Technischer Administrator für das Onlinemagazin. Aufgrund seines beruflichen Werdegangs ist das dienstälteste Teammitglied (nach Gründer André Eichhorn) nicht selten auch an technischen und innovativen Weiterentwicklungen des Onlinemagazins beteiligt.

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11 Kommentare

  1. Quark, Ol´dirty Herry ist doch von vorgestern und hat sowieso keine Ahnung von nichts. Was ein Glück ist der bald in Rente, dann bekommen wir endlich nen Macher auf dieser Position….

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  2. Ol’dirty Harry war,- ist es momentan,- und wird es immer sein = „Der Robin Hood der Bundesliga“ – der Retter von Armen; Witwen & Waisen. Er nimmt’s den Reichen und verteilt’s unter den Armen. 😉 😛

    Lang lebe Schnäppchen Herry, schade daß er in zwei Jahren aufhört und in Rente geht !

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  3. Gute Zusammenfassung Julian!

    Ich finde das Interview mit Heidel sehr gut, gerade den letzten Abschnitt dieses Thema betreffend.
    Es sollte doch keine Frage sein, dass Sky ein großes Interesse daran haben muss eine 1. Liga mit Teams zu haben, die eine große Fanbasis haben, die Zuschauer anlocken und dadurch eben Abos kaufen und in die SKY – Kneipe gehen! Nur dann verdient Sky irgendwann mal richtig Geld mit dem Fußball. Heidel hat recht, ich würde für Hoffenheim-Ingolstadt nicht in die Kneipe… und wenn noch mehr Clubs hochkommen ohne nennenswerte Fanstruktur, dann gehen auch die Abozahlen wieder zurück.
    Und auch die Großen wie die Bayern sollten ein Interesse daran haben, das die Verteilung gerechter wird… sonst sitzt der Bayern-Fan bald alleine in der Sky-Kneipe und dann verdient auch am Ende der FC Bayern weniger.

    Auch ein gerechtes Finanzmodell muss her, damit dieses pushen und damit rasante aufsteigen von beliebigen Clubs aufhört!

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  4. Der gute Heidel soll mal aufpassen, was er da sagt. Mainz-Augsburg dürfte auch nicht grade ein Renner im TV sein und die ach so tollen Fans schaffen es wiederholt nicht, den Auswärtsbereich bei einem Spiel zu füllen, wo man mit der SBahn hinfahren kann. Im Endeffekt sind die TV-Gelder wohl auch nicht allentscheidend. Wie groß wird der Unterschied sein vielleicht 5 Millionen, vielleicht knapp 10, obwohl mir das zu hoch vorkommt. Das ist zwar absolut gesehen für einen Verein wie uns viel Geld, aber es wird maximal den Aufstieg eines Brausevereins verzögern, niemals aber aufhalten. Da müssten schon andere Summen fließen…Ich denke ein solches Verteilersystem wird nicht kommen. Könnte mir auch keinen fairen Schlüssel überlegen, der bis ins kleinste Detail auf Papier zu bringen ist.

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  5. Also das wäre für uns wirklich positiv ! Da könnten wir im Ranking gute 3-4 Plätze gut machen. Sollten wir uns dann mittel/langfristig auf den Plätzen 7-10 festsetzen mit Blick Richtung Europa haben wir doch gute Chancen mehr Geld zu bekommen

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  6. KISS. Keep it simple stupid.

    Angenommen während der Saison werden 1 Mio Spiele in der Einzelspieloption geschaut. Ja, schon klar, es sind mehr. Wenn die Eintracht von diesen 1 Mio. Spielen 180.000 mal dabei ist, bekommt sie 9% der Fernseheinnahmen. Fertig. Einfach nachzuvollziehen und fair.

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  7. Und die Wirte in den Kneipen geben jedes mal ne Zahl durch, wieviel Leute bei dem und dem EInzelspiel anwesend sind? Wieviele sich für genau dieses Fußballspiel interessieren und nicht auf das Topspiel am Abend warten? Freitags und Sonntagsspiele werden genauso berechnet wie Samstagsspiele?

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  8. Kneipenlizenz zählt von mir aus wie 25 Einzellizenzen, und Freitags-, Sonntagsspiele werden gleich bewertet. Wie bei Schiedsrichterfehlentscheidungen: alles gleicht sich irgendwann aus 🙂
    Wenn das Modell nach Erfahrungswerten noch nachjustiert werden muss, kann man das immer noch tun.

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