Eintracht-Trainer Niko Kovac: Sein Plan, um gegen den HSV zu bestehen, ging voll auf. (Foto:imago/Michael Schwarz)
Eintracht-Trainer Niko Kovac: Sein Plan, um gegen den HSV zu bestehen, ging voll auf. (Foto:imago/Michael Schwarz)

Eintracht Frankfurt gelingt gegen den Hamburger SV der zweite Auswärtssieg der Saison und grüßt nun zumindest bis heute Nachmittag vorübergehend von Platz 4 der Tabelle. Bei einem nie gefährdeten 3:0-Sieg hätte die SGE sogar noch das ein oder andere Tor mehr machen können. Das ändert aber nichts daran, dass die Eintracht ein starkes Spiel machte, in dem sie konzentriert und mit der richtigen Einstellung zu Werke ging, sodass der Plan von Trainer Niko Kovac voll aufging. SGE4EVER.de analysiert noch einmal die taktischen Kniffe, mit denen die Hessen an der Elbe zum Erfolg kamen.

1. Taktische Variabilität
Während in der 1. Halbzeit Makoto Hasebe ausschließlich als Manndecker von Alen Halilovic diente, um so das kreative Zentrum der Hamburger aus dem Spiel zu nehmen, rückte der Japaner in der zweiten Halbzeit mit der Auswechslung des Kroaten und der Umstellung des Gegners auf zwei Stürmer ins Abwehrzentrum, sodass sich in der Defensive zeitweise eine Fünferkette ergab. Im Angriff wurde aus dieser dann eine Dreierkette. Nach dem Platzverweis des HSV griff Kovac, wie schon in der ersten Halbzeit, wieder zur klassischen Viererkette zurück. Gegen den Ball spielte die Eintracht meistens im 4-2-3-1 oder 4-3-3-System und attackierte den Gegner früh sehr aggressiv. So konnte der verunsicherte HSV nie wirklich ins Spiel finden. Kovac fand innerhalb der Partie auf diese Weise immer die richtige taktische Antwort auf die Geschehnisse auf dem Spielfeld. So viele Formationen in einem Spiel, eine nahezu perfekte Umsetzung der Mannschaft auf dem Platz – eine derart variables Team hat man in Frankfurt selten gesehen.

2. Anfangsphase als entscheidender Baustein
Vor 52.500 Zuschauern wussten die Frankfurter, dass die Hamburger sich gerade zu Beginn sehr viel vorgenommen haben. Es war wichtig, dass man in dieser ersten Viertelstunde kompakt steht, den Kampf annimmt und den Gegner aggressiv stört und so gar nicht erst ins Spiel kommen lässt, so der Plan von Kovac, den die Mannschaft gut umsetzte. Mit zunehmender Spielzeit konnte die SGE so das Heft des Handelns an sich reißen und die zunehmende Verunsicherung des Gegners ausnutzen. Nachdem die Eintracht insbesondere auswärts in den Partien gegen Freiburg und Ingolstadt die Anfangsminuten verschlafen hatte, war man gegen den HSV sofort hellwach und hat dem Gegner gleich signalisiert, dass heute nicht viel zu holen sein wird.

Prominent besetzte Eintracht-Bank: Haris Serferovic (li.) und Alexander Meier (mi.) nehmen neben Ersatztorwart Heinz Lindner Platz. (Foto: imago/Jan Huebner)
Prominent besetzte Eintracht-Bank: Haris Serferovic (li.) und Alexander Meier (mi.) nehmen neben Ersatztorwart Heinz Lindner Platz. (Foto: imago/Jan Huebner)

3. Einzelne Spieler ordnen sich dem Erfolg unter
Es war eine große Überraschung beim Blick auf die Aufstellungen, dass der Kapitän Alexander Meier nur auf der Bank Platz nehmen durfte. Der Torjäger, der in den letzten Auswärtsspielen meistens eher blass blieb, sollte einerseits im Hinblick auf die englische Woche geschont werden, aber auch aufgrund der taktischen Ausrichtung pausieren. Der Eintracht-Coach wollte auf Schnelligkeit und Tiefengang setzen. Branimir Hrgota, der schon bei der Einwechslung gegen den FC Bayern München zu gefallen wusste, bekam also die Chance, sich in der Spitze zu zeigen. Mit dem wiedererstarkten Mijat Gacinovic und Shani Tarashaj auf den Außen und Marco Fabián als Spielmacher, waren Kovac Mannen in der Offensive flink, dribbelstark und kreativ aufgestellt. Die neu zusammengestellte Viererkette des HSV hatte große Probleme die individuelle Klasse der Spieler in den Griff zu bekommen und wusste sich oftmals nur mit Fouls zu helfen. Fabián, der einmal mehr die Bälle forderte, klug halten konnte und auch mit einer großen Übersicht verteilte, musste zwischenzeitlich auf dem rechten Flügel agieren und dem jungen Serben Gacinovic das Zentrum überlassen.  Dieser sollte dort mit seiner aggressiven Art den Ball zu erobern, das Spielgerät wieder in die eigenen Reihen bringen, was vor dem 1:0 wunderbar in die Tat umgesetzt wurde. Fabián forderte auch auf dem Flügel weiterhin die Bälle und zeigte sich nahezu in jeder Situation als Anspielstation. Auch die besondere Aufgabe von Hasebe in der ersten Halbzeit unterstreicht, dass sich in dieser Mannschaft jeder Einzelne dem Kollektiv und somit dem Erfolg der Mannschaft unterordnet. Noch vor einiger Zeit wäre aus der Nichtnominierung des Kapitäns Meier eine große Schlagzeile gemacht worden, heute vertraut die Mannschaft und das Umfeld auf Kovac, der es schafft, jedem in der Mannschaft das Gefühl zu geben, ein wichtiger Teil des großen Ganzen zu sein.

4. Ein breiter Kader
Es ist erstaunlich, welche Möglichkeiten in dem aktuellen Kader der SGE stecken. Kaum zu glauben, dass Spieler wie Danny Blum, Szabolcs Huszti, Ante Rebic und Marc Stendera gestern gar nicht zur Verfügung standen. Kovac kann die Truppe durchwechseln und hat auf den einzelnen Positionen kaum einen Leistungsunterschied. Gestern wechselte er beispielsweise den Schweizer Nationalstürmer Haris Seferovic ein, der sich mit einem sehenswerten Treffer zurück aus seiner Torkrise meldete. Gacinovic und Tarashaj machten das Fehlen von dem zuletzt so starken Rebic vergessen. Auch im Sturm hat man mit Meier, Hrgota und Seferovic viele Optionen. Hasebe konnte zudem Huszti adäquat ersetzen und ein Innenverteidiger der Klasse von Michael Hector wurde gestern gar nicht gebraucht. Diese neue Flexibilität macht die SGE schwerer auszurechnen und gibt dem Trainer die Möglichkeit, die Mannschaft für das jeweilige Spiel perfekt auf- und einzustellen.

5. Die Einstellung
Endlich ist es gelungen, die Leidenschaft und Einstellung aus den Heimspielen auch auswärts zu präsentieren. Von der ersten Minute an sah man eine Mannschaft, die den Kampf annahm und sich auch von der Hamburger Kulisse nicht einschüchtern ließ. Es war von an Anfang an klar, dass man hier um jeden Ball kämpfen würde und sich diesmal den Schneid nicht abkaufen lassen würde. Das war in Freiburg noch anders, dort ging nach dem frühen Gegentreffer nicht mehr viel und die Mannschaft fand keine Mittel, um gegen die kämpferischen Breisgauer noch etwas Zählbares mitzunehmen. Im Gegensatz dazu hat sich die Einstellung in Hamburg auch nach dem Platzverweis nicht geändert. Anstatt locker zu lassen, hat die SGE kurz nach der Ampelkarte von Dennis Diekmeier das 2:0 nachgelegt und ließ auch im weiteren Verlauf der Partie nicht mehr viel anbrennen. Stattdessen wurde der Ball in den eigenen Reihen gehalten und konzentriert weitergespielt. Zu bemängeln wären einzig die teilweise fahrig zu Ende gespielten Konter. Doch da der HSV in den letzten 20 Minuten nicht mehr viel entgegenzusetzen hatte, fiel das nicht weiter ins Gewicht.

Der wiedergenesene Marco Russ war in Hamburg als Zuschauer und Talisman dabei. (Foto: imago/Jan Huebner)
Der wiedergenesene Marco Russ war in Hamburg als Zuschauer und Talisman dabei. (Foto: imago/Jan Huebner)

6. Marco Russ als Glücksbringer und als Zeichen der Geschlossenheit
Schon in der vergangenen Woche gegen den FC Bayern saß Marco Russ wieder auf der Bank und war ganz nah an der Mannschaft dran. Gestern reiste er zum erstmal Mal auch wieder mit zu einem Auswärtsspiel und führte vor der Partie viele Gespräche mit den Spielern. Bei jeder Aktion auf dem Spielfeld sah man ihn auf der Bank mitfiebern. Es scheint der Mannschaft gut zu tun, einen echten Kämpfer wie ihn wieder um sich zu wissen. Seine Anwesenheit bei den Spielen, seine Freude nach den Toren und seine Art die Mitspieler von außen zu motivieren – das alles unterstreicht die mannschaftliche Geschlossenheit, die das Team in dieser Phase der Saison zu besitzen scheint. Nicht nur auf dem Platz, sondern auch daneben.

7. Auch ein Quäntchen Glück und das Unvermögen des Gegners gehört dazu
Gestern ging die Taktik von Trainer Kovac voll auf. Jeder Schachzug erwies sich als der Richtige. Doch spielte der Mannschaft – wie so oft im Sport – auch das Spielglück und die Verfassung des Gegners in die Karten. Die verunsicherten Hanseaten wurden nach solidem Beginn von Minute zu Minute nervöser und schafften es nicht, ihren Plan durchzusetzen. Nach dem katastrophalen Ballverlust im Mittelfeld, fiel das 1:0 der Hessen durch ein Eigentor. Danach ging nichts mehr in der Gisdol-Elf, was sich auch in den unzufriedenen Gesichtern der HSV-Fans zeigte, die wie ihre Mannschaft immer unruhiger wurden, je länger das Spiel dauerte. Diekmeiers Gelb-Rote Karte hat die Sache für den HSV natürlich nicht einfacher gemacht. Die Eintracht wusste die Überzahl kurz darauf eiskalt zu nutzen und konnte gleich mit der nächsten Chance die Führung ausbauen. Das war das endgültige Knock-Out-Kriterium für die „Rothosen“, die sich daraufhin ihrem Schicksal ergaben und Auflösungserscheinungen zeigten. Man kann aber auch sagen: Die Eintracht hat sich das nötige Glück an der Elbe erarbeitet und die Schwächen des Gegners perfekt ausgenutzt.

Bitte denkt daran, dass Ihr die Leistung der Spieler auch an diesem Wochenende wieder bewerten könnt: Hier habt Ihr die Möglichkeit dazu.

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12 Kommentare

  1. Klasse Artikel, Klasse Taktik gestern und Klasse auf’m Platz umgesetzt.
    Also, alles eitel Sonnenschein, oder was?
    Mitnichten, im Moment denke ich eher mit Schrecken an das Saisonende, wenn unsere derzeitigen Leistungsträger, neben und auf’m Platz, wieder verlassen sollten.
    Ich befürchte, das unser Trainer, und das leider mit Recht, bei 04, Bayer, Wolfsburg usw., schon längst im Fokus steht.
    Ich hoffe, das unser Trainer mit seiner Äußerung über die Infrastruktur, nicht seinen Abschied angekündigt hat.
    Also, Verantwortliche bei der Eintracht, gebt alles, das die derzeitige Konstellation, Trainer, Betreuer, Mannschaft, noch einige Zeit erhalten bleibt.

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  2. Und das Schöne ist, dass wir (nicht ganz) oben dran bleiben. Bei einem Unentschieden oder gar einer Niederlage hätten wir den Anschluß nach unten hergestellt und die Begeisterung nach der tollen Leistung gegen Bayern wäre verflogen gewesen.

    Noch ins Achtelfinale einziehen (das wird schwerer als gestern!) und ein Pünktchen aus Gladbach und der FC kann kommen.

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  3. Es wird Fussball gearbeitet bei der sge .Wann hat man das das letzte mal gesehen. Bissig positiv aggressiv sehr gute Grundordnung. Den Chandler erkennt man nicht wieder. Rotieren sehr gut und nicht nur 3neue Spieler ab der 89 min

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  4. Ich hatte es schon mal geschrieben, diese Saison erinnert mich immer mehr an die der Gladbacher Borussen nach ihren Relegationsspielen vor ein paar Jahren;-)!

    Bin gespannt, wie es weitergeht! Denke auch, einen vallejo kannst du besser halten, wenn international auf der Eintracht steht:-)

    Niko ist bis dato ein Volltreffer, besser geht nicht! Hoffentlich gelingt es fredi und Bruno diesen top Trainer zum längeren bleiben zu bewegen! Meinen Segen hätte er ;-))

    Forza SGE, ich freu mich auf Dienstag!

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  5. Tjoooooooo da lag ich wohl mal gaaaaaaaanz knapp daneben mit meiner Vorhersage 🙂
    Aber wenigstens hab ich die Eier hier mal eine Vorhersage zu schreiben. Nicht wie viele hier die erst nach dem Spiel das Maul aufreißen. Je nach dem wie es ausging das Spiel. Aber ich bin schon so lange hier.. das kennt man ja. Von daher können sich einige gerne das Maul über mich zerreißen. Es tangiert mich peripher 😉

    Was der HSV da abgeliefert hat grenzte teilweise echt an Arbeitsverweigerung. Aber so ist es nun einmal wenn man da unten drinsteckt. Da gelingen einem die einfachsten Pässe nicht. Das kennen wir ja nur zu gut.

    Dieser Vallejo macht richtig Spaß. Schade, dass er nur kurz bei uns sein wird. Aber er bringt uns einen gewissen Glamourfaktor an den Main.

    Nun entspannt die anderen Spiele verfolgen und gespannt sein wie wir uns am Dienstag schlagen.

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  6. sind das vom Farbton her noch die gleichen gelben Trikots wie letzte Saison?
    Die sind noch hässlicher als damals die hell-blauen

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  7. @alpi
    Ich war genauso vom Diva-Gen unserer Eintracht überzeugt, um so überraschter bin ich von der Leistung. Top.

    Zu Kovac
    Ich denke, wenn wir unter den ersten 8 Landen bleibt er. Aber nur wenn er erste Erfolge beim Aufbau der Infrastruktur sieht.

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  8. Ich fand den Auftritt auch gut, grad nach der Halbzeit sind sie bissig rausgekommen und ich denke, wir hätten auch 11 vs 11 gewonnen.

    Zu Kovac und dem Team, ich seh die zukunft net so pessimistisch weil:
    – ich an das wundertüten experiment glaube, es gibt genug junge billige Spieler die Millionen-Stars Konkurrenz machen können und BH und vor allem FB werden die auch zukünftig scouten. Die Strategie stimmt schon, dazu brauch man den richtigen Trainer wie Kovac und der
    – bleibt. Er ist noch immer Trainer-Novize und muss noch ein paar Level bestehen, bevor er sich Leverkusen & co an den Arsch bindet. Das wird er tun, ich denke aber erst in ein paar Jahren denn es ist erstmal auch genug potential da bei uns, auch wenn wie gesagt Spieler wieder gehen werden

    Ansonsten Freude aufn Pokal und die Auswärtspartie in Gladbeck

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  9. Passend zum Gegner: MoinMoin!

    Also erstmal kurz meinen Senf zum Spiel: Von Anfang an gutes und vor allem sicheres Spiel der Eintracht, ich denke die Zurückhaltung in der ersten Halbzeit ist der Erwartung eines aggressiv auftretenden und angreifenden HSV geschuldet….das blieb aber aus….

    Das gleiche gilt für die Aufstellung, die auf ein schnelleres Umschaltspiel nach vor abzielte….

    Was mich gestört hat war der ziemlich rutschige Acker in Hamburg…viele Situationen und Ballverluste (auf beiden Seiten) sind einfach durch Wegrutscher zustande gekommen, oder wie seht Ihr das? Sah mitunter sehr böse aus.

    Bei aller guten und recht objektiven Berichterstattung seitens SKY fand ich nur ein wenig blass, nach dem Spiel nur die Krise und das schlechte Spiel des HSV zu bewerten. Es hat mir zumindest mal eine Randnotiz zum guten Auftreten der SGE gefehlt.

    Nichts desto trotz 3 wichtige Punkte und (nicht wie in der näheren Vergangenheit) wir haben nicht schon wieder für ein vermeintliches Krisenteam als Aufbaugegner gedient.

    FAZIT: Bleibt also zu hoffen, dass das Management weiterhin so gut harmoniert und das man den Trainer und Teile der Mannschafft in Frankfurt binden kann. Weiterhin bleibt zu hoffen, dass bei allen „EUROPACUP“ Phantastereien, die manch einer nach unserem Saisonstart hegt alle auf dem Boden bleiben und auch bei den (mit Sicherheit) noch vor uns liegenden Siegen und Niederlagen auf dem Teppich bleiben. Bei allem Optimismus, das Spiel am Dienstag (Pokal) ist bei weitem kein Selbstläufer…

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