29.07.2014, Fussball, 1. BL, Training Eintracht FrankfurtSucht man nach einer Definition für den Begriff „Vereinstreue“, würde ein Name alles abdecken – Karl-Heinz „Charly“ Körbel. Der gebürtige Dossenheimer, der am 1. Dezember seinen sechzigsten Geburtstag feiert, schnürte ausschließlich für Eintracht Frankfurt die Schuhe in der 1. Bundesliga. Körbel lief 602mal auf, erzielte dabei 45 Treffer und kam nur einmal wirklich in Versuchung, die Hessen zu verlassen. Nach der Saison 1982/83 dümpelten die Adler im Mittelfeld umher, verloren ihr letztes Saisonspiel mit 5:1 bei Fortuna Düsseldorf und danach auch wichtige Spieler, wie Bruno Pezzey (inzwischen verstorben, wechselte zum SV Werder Bremen) und Bum-Kun Cha (zu Bayer Leverkusen). Auch der „ewige Charly“ hatte Angebote, etwa von Galatasaray Istanbul und dachte in seinem Amerika-Urlaub über einen möglichen Wechsel nach, entschloss sich dann aber doch, der Eintracht weiterhin die Treue zu schwören und einen Neuanfang zu unterstützen.

Genau diese Einstellung vermisst der noch 59-Jährige bei der aktuellen Spielergeneration. „Vereinstreue ist vorbei„, sagte die lebende Frankfurt-Legende dem „Mannheimer Morgen“. „Die Zeiten haben sich geändert. Erst küssen sie beim Torjubel das Wappen des BVB, ein paar Monate später spielen sie für die Bayern. Das hat sich leider eingebürgert„, kritisiert der Leiter der Eintracht-Fußballschule, die 2001 ins Leben gerufen wurde, den damals so vieldiskutierten Transfer von Mario Götze. Auch im Jugendbereich sei hierbei ein Sittenverfall zu beobachten, es gebe kaum noch Grenzen bei der Suche nach neuen Ballkünstlern. „Bei der Talentsichtung sprechen Berater schon die Eltern von Neunjährigen an. Das ist erschreckend und schlimm„, ist der noch immer sehr fit wirkende Körbel schockiert über die Machenschaften schon in den unteren Bereichen.

Aber hatten die Spieler in den 70er, 80er oder 90er Jahren wirklich die Wechselmöglichkeiten, wie es sie heute gibt? Können die Zeiten überhaupt verglichen werden? Wagen wir einen Rückblick ins Jahr 1995. Vor fast genau 19 Jahren sorgte das sogenannte Bosman-Urteil für ein Erdbeben in der Geschichte des Fußballs. Bis zu diesem Zeitpunkt bekamen die Vereine auch noch für Spieler, deren Verträge ausliefen, eine Entschädigung. Der Europäische Gerichtshof brachte diese Regelung zum kippen – jetzt durften die Akteure, sobald die Laufzeit des Kontrakts beendet war, ablösefrei wechseln. Dazu wurde auch die Ausländerbeschränkung aufgehoben (bis dahin durften nur 3 Nicht-Inländische Akteure auflaufen – ab diesem Urteil konnten die Vereine auch mit 11 EU-Ausländern spielen – so wie es Energie Cottbus dann im Jahr 2001 auch tat). „Die Spieler haben vom Urteil profitiert„, sagte nicht nur Fredi Bobic vor einigen Jahren. „Vereinstreue“ wurde nun noch kleiner geschrieben, Vereine waren viel leichter erpressbar, die Spieler entschieden nun, wie lange sie bei einem Club bleiben.

Trotzdem zeigt gerade der Blick auf die Eintracht während der Ära Heribert Bruchhagen, dass viele Adler langfristig gebunden wurden. Ob Alex Meier, Benjamin Köhler, Aleksandar Vasoski, Pirmin Schwegler, Christoph Spycher oder der „Ewige Oka“ – sie alle blieben länger als fünf Jahre bei den Hessen, verließen den Club nicht gleich bei der ersten großen Krise, sondern hielten auch in schwierigen Zeiten die Stange. Natürlich – vergleichbar mit der ewigen Vereinstreue eines Charly Körbels ist dies nicht – aber in Zeiten wie diesen, wo Vereine leicht erpressbar geworden sind und dadurch selbst mittelmäßigere Spieler überproportional verdienen können, ein bemerkenswerter Schnitt. Und weitere Spieler, wie Stefan Aigner und bei Vertragsverlängerung auch Bamba Anderson oder Bastian Oczipka könnten demnächst schon folgen. Einzig bei Kevin Trapp und Carlos Zambrano gehen schon einige von einem Abschied in diesem Sommer aus. Trapp hat eine Ausstiegsklausel von 4 Millionen Euro, ansonsten verlässt der Schlussmann die Hessen im Sommer 2016 ablösefrei. Zambrano hingegen lehnte schon einige Angebote der Hessen ab, wurde aber jetzt von der Wunschliste von Borussia Mönchengladbach, die angeblich als der heißeste Kandidat galten, gestrichen: „Er ist unbestritten ein guter Spieler. Aber wenn man sieht, wie häufig er Foul spielt und was wir uns auf dieser Position für einen Spielertyp wünschen, passt das nicht zusammen„, sagte Manager Max Eberl in der heutigen Ausgabe der Sport-Bild.

Ist Charly Körbel also überkritisch, wenn er mit Sorge auf den aktuellen Kader blickt und die Frage stellt, wer die Tradition von Eintracht Frankfurt fortführen solle? Und hat der sechsfache deutsche Nationalspieler recht, wenn er der gesamten Spielergeneration die „Vereinstreue“ abspricht?

 

 

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13 Kommentare

  1. Liegt vielleicht daran dass wir nicht mehr Achtzehnhundertblumenkohl haben…

    Off Topic: Trapp ist gerade bei Sky im CL-Studio.

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  2. @1
    ….und was erzählt Trapp denn so.
    Gibt er den Wechsel zu Dortmund bekannt?!?! Einen Nachwuchs suchen wir ja schon, und das ist auch richtig.

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  3. @4
    Was soll er schon erzählen? Beantwortet eben ein paar Fragen zu anderen Torhütern und so weiter.
    Zu Dortmund wechseln er eher nicht, da die schon bekannt gegeben haben, dass sie auf Langerak bauen. Denke er geht nach Wolfsburg oder ins Ausland.

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  4. er gibt oft zu verstehen wie begeistert er von den Fans ist.
    das hat er in Leipzig nicht.
    international würde er frühstens in 2 Jahren dort spielen.
    Wenn er dahin wechselt, dann vorallem dem Geld wegen und mit dem entfernten Blick auf internationale spiele.
    zudem hat er vor nicht all zu langer zeit gesagt, dass er den verein nicht kennt.
    Ich halte nix von dem Verein.
    Falls mehrere verein die ablösesumme zahlen wollen, darf die Eintracht dann bestimmen zu wen trapp geht?

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  5. Natürlich nicht 😀 Wo kämen wir denn dann hin? Das entscheidet natürlich der Spieler 😀

    Bei Leipzig bekommt er jede Menge Geld und die Aussicht auf internationalen Wettbewerb in absehbarer Zeit. Genau darum gehts doch im Leistungssport: Geld und Erfolge.

    Auf dieses ganze Gelaber bezüglich Fans und wie wohl sich Spieler beim aktuellen Verein fühlen, sollte man nichts geben. Das ist einfach gar nichts wert. Das sind typische nichtssagende Fußballerfloskeln.

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  6. @EintrachtKafka

    Für ein bestimmtes Gehalt erzählst du so etwas auch über die Zuschauer „Fans“ in Leipzig.

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  7. naja, also der Zuschauerschnitt in Leipzig kann sich durchaus sehen lassen. Ob man diese Individuen als Fans bezeichnen kann/soll lass ich mal dahingestellt aber stimmungstechnisch gibt’s da viel schlimmere Verein. Aus sportlicher Sicht macht es aber aktuell keinen Sinn. Ja Leipzig wird aufsteigen und wenn die Rote Brausegrütze nicht aussteigt werden sie auch eine bedeutende Rolle in der Buli einnehmen aber nicht von heute auf morgen. Bei Hoppenheim dachte auch jeder die spielen jetzt jedes Jahr oben mit aufgrund der Hoppschen Mios. Naja. War nicht ganz so.

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  8. @12
    Warum sollte RedBull aussteigen nach dem Leipzig aufsteigt? Dann wären ja die ganzen Millionen umsonst gewesen. Im Gegenteil, wenn Leipzig aufsteigt, wird erst so richtig Geld rein geblasen um den Kader für die internationalen Wettbewerbe zurück, denn sobald sie international spielen greift das financial „fairplay“. Hoffenheim und Leipzig sind nicht mit einander zu vergleichen. Da macht man es sich zu einfach, wenn man alle über einen Kamm schert. Hopp wollte in erster Linie seinen Verein hochbringen und hat nach dem Aufstieg in die 1. Liga verhältnismäßig wenig investiert. Bei Leipzig geht es ausschließlich darum RedBull als Marke in der Öffentlichkeit zu platzieren und das um jeden Preis…

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