Bruchhagen muss heute noch einmal mit seiner Eintracht schwitzen.
Bruchhagen muss heute noch einmal mit seiner Eintracht schwitzen.

Frank Schulz war der große Eintracht-Held am 25. Juni 1989 vor 35.000 Zuschauern im Saarbrücker Ludwigspark. Die Hessen waren nach dem 2:0-Hinspielsieg im Rückspiel bereits frühzeitig durch einen Gegentreffer von Anthony Yeboah in Rückstand geraten und deutlich unterlegen. Doch dann kam nach 51 Minuten die große Stunde vom zentralen Mittelfeldmann Schulz. Aus rund 22 Metern Entfernung versenkte der gebürtige Remscheider einen indirekt ausgeführten Freistoß unhaltbar für den gegnerischen Keeper Alfred Wahlen und entschied somit die Relegationsspiele gegen den starken Zweitligisten. „Wir waren sehr nervös im Spiel. Gott sei Dank habe ich dann den Ausgleich gemacht und es wurde dann im Stadion auch immer ruhiger. Von Minute zu Minute wurde der Glaube daran, dass wir das auch packen, immer größer“, fasste der heute 55-Jährige seine Gedanken von damals im Gespräch mit Eintracht TV zusammen. Der zweite Treffer von Yeboah änderte nichts mehr an der Tatsache daran, dass die Hessen den drohenden ersten Abstieg der Vereinsgeschichte abwenden konnten.

17 Jahre später hofft Heribert Bruchhagen vor seinem „letzten Hurra“ ebenfalls auf einen positiven Ausgang der Relegationsspiele. Der Gang in die 2. Bundesliga würde den Hessen mächtig weh tun – finanziell, bei der Suche nach einem Hauptsponsoren, im Kampf um die TV-Geld-Millionen. Der in wenigen Wochen ausscheidende Vorstandsvorsitzende unterhielt sich mit der FNP am Rande des DFB-Pokal-Endspiels zwischen dem FC Bayern München und Borussia Dortmund (4:3 n.E.). Genießen konnte der Ostwestfale das Finale allerdings nicht: „Sonst schon, in diesem Jahr nicht. Es war eine Pflichtveranstaltung, die ich wahrgenommen habe, aber die Gedanken sind natürlich bei der Eintracht.“

Die Frankfurter stehen vor den letzten 90 Minuten in dieser Saison. Im Grundig-Stadion muss die Mannschaft von Trainer Niko Kovac mindestens einen Treffer erzielen, um das 1:1-Hinspielergebnis zumindest auszugleichen und in die Verlängerung zu kommen. Sollte es dennoch schief gehen, wird Bruchhagen – wie er betont – einen gesunden Verein hinterlassen: „Ja, wir sind absolut schuldenfrei. Und genauso wichtig: Wir haben nicht einen Cent vorweggenommen beim Abschluss von Verträgen wie mit Nike oder anderen. Niemals hätte ich so etwas gemacht. Immer ist alles aus dem laufenden Geschäft bezahlt worden.“

Der 67-Jährige verteidigt den Weg, dass das finanzielle Risiko nicht gesucht wurde. Die Erfahrung habe ihn gelehrt, sich kein trojanisches Pferd in den Garten zu holen: „Ich komme aus einer Familie, in der mein Bruder und ich am 27. des Monats beim Kaufmann anschreiben lassen mussten, weil mein Vater das Gehalt erst am 30. bekommen hat. Es war bei uns undenkbar, Geld auszugeben, das nicht da ist. Das hat mich geprägt, dazu stehe ich. Und deshalb wollte ich, dass die möglichen Finanzkonstrukte nach meiner Zeit kommen. Eines steht fest: Irgendeiner muss es zurückzahlen. Die generierten Gelder fließen in die Mannschaft und irgendwann kommt der Zeitpunkt X.“

Und dennoch kamen auch bei Bruchhagen Zweifel auf. Wäre es nicht sogar besser gewesen, nach dem Motto ’nach mir die Sintflut‘ zu verfahren? Das ehemalige DFL-Vorstandsmitglied kann nun keinen neuen Weg mehr einschlagen. Wird er weiterhin als Tippgeber für die Eintracht fungieren? Ex-Präsident und Vorgänger Matthias Ohms sei da ein Vorbild, da er sich nie in die Belange eingemischt habe. Nach diesem Muster möchte auch Bruchhagen verfahren: „Das gilt für die Eintracht und beim DFB. Wer kein Amt mehr hat, sollte sich zurückhalten. Mal sehen, wie es mir gelingt.“

Heribert Bruchhagen lobt Bruno Hübner dafür, dass er ihn entlastet hat.
Heribert Bruchhagen lobt Bruno Hübner dafür, dass er ihn entlastet hat.

Den bislang häufig vermuteten abrupten Abschied aus der Bundesliga werde es allerdings nicht geben. Im operativen Bereich werde er nicht mehr tätig sein, aber möglicherweise aber in anderer Funktion. Welche, ließ er jedoch offen. Der Abgang von Bruchhagen hinterlässt allerdings nicht nur weinende Gesichter. Im Umfeld der Hessen kam in den letzten Jahren immer stärkere Kritik an ihm auf. Der Schatten des Abstieg 2011, der an ihm festgemacht wurde, konnte seitdem nie wieder ganz abgelegt werden – son ging auch die sportliche Situation in dieser Saison nicht spurlos an ihm vorüber. Die Rückholaktion von Armin Veh, das Gefühl, dass die Macht im Verein inzwischen andere Leute – namentlich sei hier vor allem Aufsichtsratschef Wolfgang Steubing genannt – übernommen haben, die immer offensivere Rolle von Axel Hellmann, der auch die Ämter Bruchhagens übernommen hat – zumindest in der Öffentlichkeit kam die Botschaft an, dass inzwischen andere im Klub die Zügel in der Hand haben.

Bruchhagen fühlte sich dennoch nicht als ‚lame duck‘! „Mir war immer klar, dass mir die Gesamtverantwortung zufällt, wenn es schlecht läuft. Wäre es gut gelaufen, wäre es einfacher gewesen. Das Tagesgeschäft hat mich in diesem Jahr genauso in Anspruch genommen wie vorher.“ Immerhin konnte ihn Bruno Hübner entlasten. Es lief wahrlich nicht so, wie es sich der Vorstandschef im Sommer erträumt hatte. Bei Sonnenschein, warmen Temperaturen und guter Stimmung rund um den Verein ließ sich der Mahner und Warner von der Euphorie tragen und blinzelte bei der Saisoneröffnungsfeier ganz vorsichtig in Richtung Europa.

Die Realität spricht eine andere Sprache. Gegen die Nürnberger geht es in wenigen Stunden um das nackte Überleben. Einer der Gründe, der häufig schon angeführt wurde, ist die Transferpolitik der Hessen. Der Sommer 2014 hinterlässt noch immer seine Wirkung: „Schwegler, Rode und Jung waren für uns bahnbrechende Verluste. Und wenn man dann sieht, wie unbedeutend ihre Rolle bei den anderen Vereinen ist, tut das umso mehr weh.“ Die Eintracht bekam für das Trio nur rund 3,6 Millionen Euro auf das Konto überwiesen – viel zu wenig für die Achse, die hier weggebrochen ist. Zum Vergleich: Der 1. FC Köln verliert mit Yannick Gerhardt zwar auch einen wichtigen Akteur in Richtung VfL Wolfsburg, bekommt jedoch rund 13 Millionen Euro. Ein angemessenes Schmerzensgeld, welches sofort in die Qualität weiterinvestiert werden kann.

Die Fans konnte auch Bruchhagen nicht immer zähmen...
Die Fans konnte auch Bruchhagen nicht immer zähmen…

Das alles zählt am heutigen Abend, wenn die Partie der Hessen am Valznerweiher um 20.30 Uhr von Schiedsrichter Christian Dingert angepfiffen wird, nicht mehr. Bruchhagen steht vor seinen letzten Pflichtspielminuten in Verantwortung für den Traditionsverein, den er fast 13 Jahre lang mit ruhiger Hand geführt hat. Auch wenn sein Abschied in der Republik nicht nur weinende Gesichter hinterlässt – eine große Lücke reißt sein Abgang allemal. Eine Baustelle hinterlasse er dennoch, wie er selbst zugibt – die Fans: „Die Ultra-Jugendbewegung verstehe ich zwar. Aber ich habe in meiner Zeit keinen Lösungsansatz gefunden, konstruktiv zum Wohle von Eintracht Frankfurt zu kommunizieren.“ Doch auch hier gilt: „Wenn einer geht, kommt ein anderer.“ Wer auch immer Person X sein mag – es sind große Fußstapfen, in die Bruchhagens Nachfolger treten muss.

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12 Kommentare

  1. Zu große Fußstapfen für einen gewissen Herrn Bobic..
    Also möge der Kelch an uns vorüber gehen 🙂

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  2. Einer der Gründe, der häufig schon angeführt wurde, ist die Transferpolitik der Hessen. Der Sommer 2014 hinterlässt noch immer seine Wirkung: „Schwegler, Rode und Jung waren für uns bahnbrechende Verluste. Und wenn man dann sieht, wie unbedeutend ihre Rolle bei den anderen Vereinen ist, tut das umso mehr weh.“ Die Eintracht bekam für das Trio nur rund 3,6 Millionen Euro auf das Konto überwiesen – viel zu wenig für die Achse, die hier weggebrochen ist.

    Bis heute kein Ersatz.HÜBNER RAUS !!!

    16.00 Uhr gen Nürnberg. Der Arsch geht auf Grundeis !!!

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  3. Rode ist wohl bei Dortmund im Gespräch, da Gündogan wohl den BVB verlässt.
    Sehe für uns keine Möglichkeit Rode zurück zuholen. Anders siehts bei Jung und Schwegler aus…
    aber erst einmal die Klasse halten.

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  4. @2: Ist natürlich schade, dass die 3 damals gegangen sind aber wenn man in der zweiten Liga ist, auf dem Weg dorthin oder gerade aus dieser kommt, dann ist es halt schwierig mega Verträge auszuhandeln. Die Vereine waren sportlich und finanziell alle attraktiver. Das gerade Rode fast schon der ist, der es nach seinem Wechsel noch am weitesten gebracht hat ist schon komisch. Übrigens haben wir mit Hasebe und Stendera eigentlich ein sehr ordentliches DMF – ich bin mir, wenn ich mir die Saison von Schwegler so anschaue, nicht sicher ob er das bei uns besser gemacht hätte. Rode wird wie beschrieben wohl zu Dortmund gehen und Jung wird erst zum Saisonstart wieder mit dem Training beginnen können. Ob man sich darauf einlassen würde ist ebenso fraglich, wie die Frage ob Wolfsburg einem Wechsel (jetzt) zustimmen würde.

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  5. Die drei wären auf Dauer schwer zu bezahlen gewesen. Schwegler hat in Hoffe auch eine durchwachsene Bilanz , das sah nicht besser aus als bei Hasebe/Stendera. Daher sehe ich das nur bedingt als Schwächung an. Die beiden Seb´s hätten wir natürlich gebrauchen können ( guter RB und schneller 6er ) aber mit den „Zweitliga-Verträgen“ kaum machbar.

    Sehen wir nach vorne. Roder und ( ich glaube auch ) Jung werden wir nicht zurückbekommen. Wir müssen neue Leute finden und die bestehenden Guten halten. Machen wir es wie die Bayern und verlängern immer frühzeitig ( bei den Top-Leuten auch mit einer Ausstiegsklausel die hoch genug ist, wenn es sein muss) , dann sehe ich uns DA gut aufgestellt.

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  6. Gute Aufstellung? Mit Meier und Aigner auf der Bank? Wer soll jetzt Tore schießen? – Seferovic? aje….

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